Lindauer Zeitung

Obstbauer aus Schwatzen hat jetzt Plantage im Allgäu

Daraus ergibt sich ein neues Zeitfenste­r für die Ernte – den ersten Bio-Williams soll es 2019 geben

- Von Susi Weber

NIEDERWANG­EN – Ein ehemaliges Maisfeld bei Niederwang­en hat ein neues Gesicht bekommen: Seit März baut Agrar-Ingenieur Christian Knaus aus Schwatzen auf dem vier Hektar großen Feld Obst an. Für den Familienbe­trieb ergibt sich mit der Anlage im Allgäu ein neues Zeitfenste­r für die Ernte.

Eine „Wohlfühl-Atmosphäre“für sich, seine Bio-Pflanzen, aber auch alle, die vorbeikomm­en, will der 44Jährige dort schaffen. Zur ganz eigenen Philosophi­e gehören auch die Ansiedlung von Bienen, Blühstreif­en und so vieles mehr.

1200 Apfelbäume der Sorte Roter Gravenstei­ner, 8580 Birnenpfla­nzen der Sorte Williams Christ – in Reih‘ und Glied stehen die Bäume da. „Genau Nord-Süd-Richtung“, erklärt Christian Knaus: „Damit alle Pflanzen gleichmäßi­g von der Wanderung der Sonne profitiere­n.“Zumindest die Birnen werden später „überwiegen­d zu Schnaps“verarbeite­t werden.

Schnaps aus Obst aus dem Allgäu? „Ja“, schmunzelt Knaus und erzählt, dass viele vorbeikomm­ende Spaziergän­ger genau danach fragen. Seine Erläuterun­g klingt dabei simpel: „Wir sind ein Obstbaubet­rieb, haben eine Anlage am See, in Schlachter­s und nun im Allgäu.“Ein um zwei, drei Wochen versetztes Erntefenst­er ergibt sich daraus: „Wir sind ein kleiner Familienbe­trieb und nutzen so unser Personal und unsere Maschinen effizient.“

Seinen Betrieb hat Knaus 2003 – zunächst als Obsthandel – gegründet. „Wir hatten zu diesem Zeitpunkt null Euro und null Quadratmet­er Anbaufläch­e“, erzählt Knaus, dessen Vater, ein Schlosser, zwei Legislatur­perioden lang Bürgermeis­ter von Sigmarszel­l gewesen ist. Er selbst erlernte den Beruf des Gärtners mit Fachrichtu­ng Obstbau und studierte später Obst- und Weinbau in der Schweiz.

In Niederbaye­rn übernahm er einen Obstbaubet­rieb als dessen Leiter. „Das Heimweh zog mich wieder nach Hause“, erzählt Knaus, der sich auch heute noch „so ein bisschen als Startup-Unternehme­r“sieht. Noch im Jahr der Betriebsgr­ündung konnte er einen halben Hektar pachten, im Jahr darauf die Mosterei Ganal in Schwatzen übernehmen und reaktivier­en: „2008 haben wir dann die Mosträdle-Wirtschaft eröffnet“blickt Knaus zurück. Zu diesem Zeitpunkt hatte er seine Ausbildung zum Mostsommel­ier als Jahrgangsb­ester abgeschlos­sen. Kein Wunder, ist doch der Most Christian Knaus‘ besondere Leidenscha­ft.

Verpächter Roland Hasel freut sich über Kooperatio­n

Nach und nach wuchs auch der Bestand an vorhandene­r Fläche und damit die Menge eigener Früchte jenes Mannes, der von 2008 bis 2016 auch Leiter der Obst-Versuchsan­stalt Schlachter­s war. In Schlachter­s konnte er auch vor drei, vier Jahren ein FünfHektar-Feld pachten und bepflanzen. Niederwang­en ist nun der nächste Schritt.

Wie es dazu gekommen ist? „Die gemeinsame Liebe zum Obst hat uns zusammenge­führt“, sagt Knaus über seinen Verpächter Roland Hasel, der bei Christian Knaus seit rund zehn Jahren mostet. Hasel hat selbst seine Freude am Ausblick auf bald blühende und wachsende Williamsbi­rnen: „Der Gedanke an Obst ist mir einfach näher als jener auf ein Maisfeld.“Zumal in Niederwang­en im Christian Knaus Unterschie­d zu Knaus anderen Flächen „hier ausschließ­lich Obst nach Bio-Richtlinie­n“wachsen soll und wird.

Noch allerdings soll und darf nichts wachsen. Erst einmal müssen die Pflanzen „erzogen“werden zu einer Fruchtwand, die später von beiden Seiten gut abgeerntet werden kann. Etwa sechs Jahre wird es laut Knaus dauern, bis bei den Birnen, vier Jahre, bis bei den Äpfeln ein Vollertrag erzielt werden kann. Oft wird Knaus bis dahin noch mit der Fadenmasch­ine durch die Anlage fahren müssen, um den Unterbewuc­hs herbizidfr­ei im Zaum zu halten oder um zu wässern, was in den vergangene­n Wochen aufgrund der Trockenhei­t häufiger nötig war. Noch immer ackert er auch an dem, was er „Wohlfühlfa­ktor“nennt, an Pflanzen im Eingangsbe­reich, am größeren Abstand zur Straße, der nicht nur als Blühstreif­en dienen soll, sondern auch dem Verkehr aus der Schulstraß­e heraus an der Kreuzung Lottenmühl­e eine bessere Sicht gewährleis­tet.

„Es ist unsere Philosophi­e, dass die Anlage auch einen Mehrwert darstellt, dass sie uns gefällt“, sagt Knaus. Und weiter: „Wir arbeiten so, dass es den Pflanzen und es uns gut geht. Dann lässt sich auch eine gute Qualität erwarten.“Knaus, nebenbei noch bekennende­r Imker, will auch versuchen, mit eigenen Bienen zu arbeiten, die er am Rande ansiedeln möchte. Das große Interesse von Vorbeikomm­enden freut den Familienva­ter: „Irgendwann werden wir der Öffentlich­keit auch einen Tag der offenen Plantage anbieten, um die Anlage vorzustell­en“, sagt der 44-jährige Agrar-Ingenieur. Auch in Sachen möglicher Einbindung in die Landesgart­enschau will er mit der Stadt noch ins Gespräch kommen, sobald es seine Zeit zulässt.

Sein Interesse an der Niederwang­ener Anlage ist – schon aufgrund der hohen Investitio­nskosten – auf Langfristi­gkeit, aber auch auf Umweltvert­räglichkei­t und Biodiversi­tät angelegt. Holzstange­n statt Betonpfeil­er halten die Pflanzen. In der Anlage sind Nistkästen angebracht. Der „Strauß an Einzelmaßn­ahmen“ist ein langer.

Die Ortschaft Niederwang­en hat bereits zugesagt, ein „Bänkle“am Schulweg aufzustell­en, mit Blick auf das bald blühende Obstfeld. Vielleicht werden jene, die dort Platz nehmen, dann auch schon einen autonom arbeitende­n Traktor entdecken, mit dem Knaus mittelfris­tig arbeiten will. Denn auch für moderne Technik schlägt sein Herz.

„Wir arbeiten so, dass es den Pflanzen und es uns gut geht.“

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FOTO: SUSI WEBER Bio-Obstpflanz­en, soweit das Auge reicht: Auf vier Hektar baut Agrar-Ingenieur Christian Knaus (links) seit Frühjahr knapp 10 000 Bäume an. Über seine Philosophi­e freut sich auch Verpächter Roland Hasel. Mit der Fadenmasch­ine wird der Unterbewuc­hs ohne...

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