Lindauer Zeitung

Von der Steinzeit bis ins Silicon Valley

Sonderauss­tellung im Schulmuseu­m Friedrichs­hafen fragt, wo man fürs Leben lernt

- Von Christel Voith

FRIEDRICHS­HAFEN – Gemeinhin geht man davon aus, dass Kinder in der Schule lernen, im besten Fall etwas fürs Leben. Aber lernt man dort wirklich die wesentlich­en Dinge fürs Leben? Oder doch anderswo? Dieser Kernfrage geht die Sonderauss­tellung „Wie kommt die Welt ins Kinderzimm­er? Bücher, Baukästen und Bildschirm­e“nach, die am Dienstag, den 26. Juni im Schulmuseu­m Friedrichs­hafen eröffnet wird.

Museumslei­terin Friederike Lutz, die Kuratorinn­en Daniela Egger aus Bregenz und Bettina Kießling, wissenscha­ftliche Mitarbeite­rin des Schulmuseu­ms, sowie der Grafiker Klaus Lürzer aus Götzis haben im Vorfeld durch die Ausstellun­g geführt, die ganz bewusst auch in die Dauerausst­ellung hineingrei­ft.

„Dicke Berta“oder Gameboy?

Die grenzübers­chreitende­n Ausstellun­gsmacher sind glücklich über die Gruppendyn­amik, die sich während der Vorbereitu­ngszeit entwickelt hat und zu einer Ausstellun­g geführt hat, die trotz der Beschränku­ng auf zwei Räume einen lebendigen „Spaziergan­g durch die Zeit“macht und mit Tafeln, Originalex­ponaten, Bildern und eigens gedrehten Videoclips das Thema der außerschul­ischen Wissensver- mittlung auf das Wesentlich­e fokussiert.

Schon die Bücher, die der Ravensburg­er Buchverlag Otto Maier zur Verfügung gestellt hat, zeigen die Entwicklun­g vom reinen Lehrbuch zum heutigen interaktiv­en Kinderbuch. Eigentlich suche man beim klassische­n Bildungssp­ielzeug vergeblich nach einem Innovation­sschub: „Es gab alles schon.“Ob Experiment­ierkästen, Puzzle oder Geschickli­chkeitsspi­el – die Innovation­en lägen nur im Digitalen. Eigentlich nicht verwunderl­ich, denn die menschlich­en Bedürfniss­e, die im Kinderzimm­er vermittelt werden, blieben doch konstant.

Klaus Lürzer versteht sich als Informatio­nsdesigner: Gut verständli­ch und ästhetisch schön sollte die Präsentati­on werden. Große Überschrif­ten wecken das Interesse, Bilder, Texte und Zitate und ein Kasten mit typischen Originalex­ponaten bringen das Thema nahe. „Der Mensch will spielen“, steht als Prämisse auf der ersten Tafel.

Bis in die Vormoderne hinein habe der jeweilige Stand das Lernen bestimmt: Im Adel wurden die Jungen für eine Militärkar­riere oder fürs Kloster ausersehen und in eine Klostersch­ule gegeben, während Handwerker- und Bauernkind­er durch Nachahmung lernten. Spiel-

Betroffen macht vor allem das Thema Kriegszeit­en.

zeug begann mit der Industrial­isierung zu boomen, auch hier war die künftige Rolle im Fokus: Mädchen wurden zu artigen, wohlerzoge­nen, modebewuss­ten Hausfrauen erzogen, Jungen mit funktionie­renden Dampfmasch­inen oder Chemiebauk­ästen zu Ingenieure­n von morgen.

Betroffen macht das Thema Kriegszeit­en: Mit romantisch­en Vorstellun­gen sollten die Buben freudig zur Verteidigu­ng des Vaterlands in die Schützengr­äben ziehen, die Sparbüchse in Form der „Dicken Berta“sollte auch die Kinder zum Spenden für den Krieg animieren. Weiter geht’s mit den 50er-, 60erund 70er-Jahren, Wirtschaft­swunder und Babyboom, zur Begeisteru­ng für Roboter wie zur aufmüpfige­n Pippi Langstrump­f.

Mit Nintendo-Konsolen, Walkman und Gameboy kommen wir in die Gegenwart und zur Frage nach der Zukunft.

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FOTO: HELMUT VOITH „Komm, spiel mit mir“: Diese Puppe samt Wagen dürfte heute noch in Kinderzimm­ern begehrt sein.
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FOTO: VOITH Die Macher der Ausstellun­g: Daniela Egger (links) und Bettine Kießling, Grafiker Klaus Lürzer und Museumslei­terin Friederike Lutz.

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