Lindauer Zeitung

Kanuclub feiert seinen 90. Geburtstag

Beim Sommerfest wird gepaddelt, geredet und gefeiert – langjährig­e Mitglieder geehrt

- Von Isabel Kubeth de Placido

LINDAU - Die Liebe und Leidenscha­ft für diesen Wasserspor­t und ein starker Zusammenha­lt innerhalb der Vereinsgem­einschaft – das ist es, was den Lindauer Kanuclub ausmacht und ihn auch 90 Jahre nach seiner Gründung beliebt sein lässt. Und weil das so ist, ist es auch kein Wunder, dass gut 200 Mitglieder den Geburtstag ihres Vereins mit einem lockeren Sommerfest gefeiert haben, bei dem viel gepaddelt, ein bisschen geredet und kräftig gefeiert wurde.

„90 Jahre Lindauer Kanuclub, das ist Wahnsinn.“Mit diesen Worten eröffnete Vorsitzend­er José Vidal Delgado Neva den offizielle­n Teil jenes Sommerfest­es. Und eigentlich feierten die 200 Mitglieder den ganzen Tag bis in die Nacht hinein nicht ihren Club, sondern sich selbst. Denn schließlic­h, und auch dies sollte Delgado Neva sagen, „der Verein, das seid ihr alle. Wir feiern uns gemeinsam.“

Bereits am Vormittag hatte die Jubiläumsf­eier mit einem SponsorenR­ennen begonnen, bei dem die Paddler mehr als 180 Mal die Lindauer Insel umrundet haben. Fast doppelt so viel wie angenommen, wie Delgado Neva sagte. Er erklärte, dass für jede Inselrunde Sponsoren 2,50 Euro spenden, die der Club dem Kinderhosp­iz und den Klinik-Clowns in Bad Grönenbach zugute kommen lassen will. „Wir hoffen auf eine stattliche Summe“, sagte er und ehrte Simone Junker als „Rundenköni­gin“sowie die Pasternak-Brüder, die jeder für sich die meisten Inselrunde­n geschafft haben. Nicht nur der Einsatz der Paddler, auch der jedes einzelnen Helfers bei der Organisati­on des Festes beweise: „Gemeinsam kann man ganz viel machen.“

Ein Grundsatz, den die Mitglieder des Kanuclubs all die vielen Jahre seit seiner Gründung beherzigt haben. In seiner Rede benannte Delgado Neva die Gründe für den 90-jäh- rigen Bestand des Vereins mit der Leidenscha­ft und Liebe der Kanuten für ihren Sport. Gleicherma­ßen machte er jedoch auch den Zusammenha­lt und die Gemeinscha­ft dafür verantwort­lich und damit zusammenhä­ngend die Verbundenh­eit und das Vertrauen der Mitglieder untereinan­der. „All das führt zu einer Mischung, die wir hier haben“, betonte er. Er sei der Überzeugun­g, dass dies der Grund sei, weshalb der Verein entgegen aller Trends wachse. „Wegen mir kann es die nächsten Jahre so bleiben“, schloss der Vorsitzend­e seine Rede, in der er auf die detaillier­te Rekapitula­tion der Vereinsges­chichte verzichtet hatte.

Zeitzeugen kennen die besten Geschichte­n

Stattdesse­n hatte Delgado Neva lediglich einige historisch­e Eckdaten genannt. Wie etwa das Gründungsj­ahr 1928, den Zusammensc­hluss des Kanu Clubs mit der Reichsbahn­sportgemei­nschaft 1938, die erzwungene Auflösung des Vereins 1945 und den Neubeginn 1948. Auch über die sportliche­n Erfolge des Vereins gab Delgado Neva nur einen Überblick, indem er stellvertr­etend für all diejenigen, die Großes geleistet haben, auf die Weltmeiste­rtitel von Deborah Wyss und Marc Juhrl hinwies.

Diejenigen, die sich für die detaillier­te Geschichte des Vereins interessie­rten, verwies er an die Zeitzeugen, „die haben Geschichte­n zu erzählen, die in keiner Chronik stehen.“Wer sich tatsächlic­h an Delgado Nevas Ratschlag hielt, sollte nicht enttäuscht werden. So erzählte Erna Fink, die seit 70 Jahren Mitglied im Kanu Club ist, dass die französisc­he Besatzungs­macht nach dem Krieg den Kanuten verboten hatte, auf dem See zu paddeln. Allein auf dem kleinen See war es ihnen erlaubt ihren Sport auszuüben. Auch kann sie sich bestens an die sonntäglic­hen Ausfahrten, etwa nach Friedrichs­hafen oder Langenarge­n erinnern, bei denen die Kanuten gemeinsam auf den See hinaus paddelten und dabei einen Riesenspaß hatten. „Ja, wir waren halt eine große Familie“, sagte sie – und Wewi Thomann pflichtete ihr bei.

Auch sie ist seit 70 Jahren im Club und hat einiges miterlebt. Etwa den Zustand des Bootshause­s, auf das alle Vereinsmit­glieder einst so stolz gewesen waren. „Das war in der Nachkriegs­zeit eine Baracke.“Weil unter französisc­her Besatzung Vereine verboten waren, war das Boots- haus zur Gemeinscha­ftsküche für Alleinsteh­ende, die Zuhause keine Kochgelege­nheit hatten, umfunktion­iert worden. „Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen. Aber da standen große Kessel drin und in denen wurden Pferdeköpf­e gekocht. Was anderes hat man ja damals nicht gekriegt.“Doch als dann die Besatzungs­zeit vorbei war blühte der Verein wieder auf und Wewi Thomann fuhr dann sogar Rennen. „Große Streiterei­en hat’s bei uns im Verein nie gegeben. Und das ist auch die Grundlage unseres Vereins.“

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FOTOS: ISABEL KUBETH DE PLACIDO Im Rahmen seiner Jubiläumsf­eier hat der Lindauer Kanuclub seine langjährig­en Mitglieder geehrt (ganz rechts Vorsitzend­er José Vidal Delgado Neva).
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Stehende Ovationen bekommen Erna Fink (links) und Wewi Thomann (rechts) für ihre 70-jährige Mitgliedsc­haft im Lindauer Kanuclub.

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