Kanuclub feiert seinen 90. Geburtstag
Beim Sommerfest wird gepaddelt, geredet und gefeiert – langjährige Mitglieder geehrt
LINDAU - Die Liebe und Leidenschaft für diesen Wassersport und ein starker Zusammenhalt innerhalb der Vereinsgemeinschaft – das ist es, was den Lindauer Kanuclub ausmacht und ihn auch 90 Jahre nach seiner Gründung beliebt sein lässt. Und weil das so ist, ist es auch kein Wunder, dass gut 200 Mitglieder den Geburtstag ihres Vereins mit einem lockeren Sommerfest gefeiert haben, bei dem viel gepaddelt, ein bisschen geredet und kräftig gefeiert wurde.
„90 Jahre Lindauer Kanuclub, das ist Wahnsinn.“Mit diesen Worten eröffnete Vorsitzender José Vidal Delgado Neva den offiziellen Teil jenes Sommerfestes. Und eigentlich feierten die 200 Mitglieder den ganzen Tag bis in die Nacht hinein nicht ihren Club, sondern sich selbst. Denn schließlich, und auch dies sollte Delgado Neva sagen, „der Verein, das seid ihr alle. Wir feiern uns gemeinsam.“
Bereits am Vormittag hatte die Jubiläumsfeier mit einem SponsorenRennen begonnen, bei dem die Paddler mehr als 180 Mal die Lindauer Insel umrundet haben. Fast doppelt so viel wie angenommen, wie Delgado Neva sagte. Er erklärte, dass für jede Inselrunde Sponsoren 2,50 Euro spenden, die der Club dem Kinderhospiz und den Klinik-Clowns in Bad Grönenbach zugute kommen lassen will. „Wir hoffen auf eine stattliche Summe“, sagte er und ehrte Simone Junker als „Rundenkönigin“sowie die Pasternak-Brüder, die jeder für sich die meisten Inselrunden geschafft haben. Nicht nur der Einsatz der Paddler, auch der jedes einzelnen Helfers bei der Organisation des Festes beweise: „Gemeinsam kann man ganz viel machen.“
Ein Grundsatz, den die Mitglieder des Kanuclubs all die vielen Jahre seit seiner Gründung beherzigt haben. In seiner Rede benannte Delgado Neva die Gründe für den 90-jäh- rigen Bestand des Vereins mit der Leidenschaft und Liebe der Kanuten für ihren Sport. Gleichermaßen machte er jedoch auch den Zusammenhalt und die Gemeinschaft dafür verantwortlich und damit zusammenhängend die Verbundenheit und das Vertrauen der Mitglieder untereinander. „All das führt zu einer Mischung, die wir hier haben“, betonte er. Er sei der Überzeugung, dass dies der Grund sei, weshalb der Verein entgegen aller Trends wachse. „Wegen mir kann es die nächsten Jahre so bleiben“, schloss der Vorsitzende seine Rede, in der er auf die detaillierte Rekapitulation der Vereinsgeschichte verzichtet hatte.
Zeitzeugen kennen die besten Geschichten
Stattdessen hatte Delgado Neva lediglich einige historische Eckdaten genannt. Wie etwa das Gründungsjahr 1928, den Zusammenschluss des Kanu Clubs mit der Reichsbahnsportgemeinschaft 1938, die erzwungene Auflösung des Vereins 1945 und den Neubeginn 1948. Auch über die sportlichen Erfolge des Vereins gab Delgado Neva nur einen Überblick, indem er stellvertretend für all diejenigen, die Großes geleistet haben, auf die Weltmeistertitel von Deborah Wyss und Marc Juhrl hinwies.
Diejenigen, die sich für die detaillierte Geschichte des Vereins interessierten, verwies er an die Zeitzeugen, „die haben Geschichten zu erzählen, die in keiner Chronik stehen.“Wer sich tatsächlich an Delgado Nevas Ratschlag hielt, sollte nicht enttäuscht werden. So erzählte Erna Fink, die seit 70 Jahren Mitglied im Kanu Club ist, dass die französische Besatzungsmacht nach dem Krieg den Kanuten verboten hatte, auf dem See zu paddeln. Allein auf dem kleinen See war es ihnen erlaubt ihren Sport auszuüben. Auch kann sie sich bestens an die sonntäglichen Ausfahrten, etwa nach Friedrichshafen oder Langenargen erinnern, bei denen die Kanuten gemeinsam auf den See hinaus paddelten und dabei einen Riesenspaß hatten. „Ja, wir waren halt eine große Familie“, sagte sie – und Wewi Thomann pflichtete ihr bei.
Auch sie ist seit 70 Jahren im Club und hat einiges miterlebt. Etwa den Zustand des Bootshauses, auf das alle Vereinsmitglieder einst so stolz gewesen waren. „Das war in der Nachkriegszeit eine Baracke.“Weil unter französischer Besatzung Vereine verboten waren, war das Boots- haus zur Gemeinschaftsküche für Alleinstehende, die Zuhause keine Kochgelegenheit hatten, umfunktioniert worden. „Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen. Aber da standen große Kessel drin und in denen wurden Pferdeköpfe gekocht. Was anderes hat man ja damals nicht gekriegt.“Doch als dann die Besatzungszeit vorbei war blühte der Verein wieder auf und Wewi Thomann fuhr dann sogar Rennen. „Große Streitereien hat’s bei uns im Verein nie gegeben. Und das ist auch die Grundlage unseres Vereins.“