Beim Get-together bricht das Eis
Nachwuchswissenschaftler und Nobelpreisträger kommen beim gesellschaftlichen Event der Tagung zusammen
LINDAU - Der Austausch von Wissen über die nationalen, kulturellen, fachlichen und Generationsgrenzen hinweg, darin liegt der Geist der Lindauer Nobelpreisträgertagung, bei der in diesem Jahr 39 Nobelpreisträger unterschiedlicher Disziplinen und 600 Nachwuchswissenschaftler aus aller Welt zusammenkommen. Beim Get-together hatte die junge wissenschaftliche Elite der Zukunft am Montag zum ersten Mal die Gelegenheit, in lockerer Atmosphäre mit den Nobelpreisträgern zu sprechen.
Ein „Eisbrecher-Abend“also, an dem viele von ihnen die Chance nutzen und mit den Laureaten plaudern oder sich mit ebensolcher Begeisterung dem gegenseitigen Kennenlernen widmen.
Der Montagabend ist bei der Nobelpreisträgertagung immer ein ganz besonderer Tag. Es ist ein internationaler Abend, der stets von einem anderen Land ausgerichtet wird. In diesem Jahr war China der Gastgeber. Und so kam es, dass nicht Gräfin Bettina Bernadotte den Abend eröffnete, sondern Ying und Ling. Zwei Damen in Hotpants, die auf Chinesisch und Englisch die Gäste begrüßen und mit ihren akrobatischen Showeinlagen geschickt blau-weiße Schirme auf ihren Zehenspitzen jonglieren und wahre Begeisterungsstürme auslösen. „You did a wonderful icebreaker for our icebreaker-party“, freut sich Gräfin Bettina über die landestypische Performance, die selbst nicht lange reden mag, weil der Abend schließlich als „Eisbrecher“zwischen Nobelpreisträgern und Nachwuchswissenschaftler dienen soll. Aber bevor er das werden kann, kommt noch Xincheng Xie, Vizepräsident der chinesischen Naturwissenschaftsfoundation, zu Wort und Nobelpreisträger Aaron Ciechanover und Michael Levitt überraschen im Gespräch mit Marc Pachter mit erstaunlich kritischen Worten zur Volksrepublik und der Wissenschaftssituation dort.
Derweil sitzen die jungen Wissenschaftler an festlich gedeckten Tafeln, auf denen lilafarbene Orchideenblüten in Wassergläsern schwimmen und hübsch verpackte Essstäbchen neben Messer und Gabeln liegen.
Draußen, im Foyer, wo das Anstehen am Büfett für den Hauptgang in geregelten Bahnen gelenkt ist, ist es ruhiger und Yunjie Lu, junger Wissenschaftler aus China, erzählt von seinem ersten Erfolgserlebnis des Abends. Er habe mit Louis J. Ignarro gesprochen und erfahren, dass, wer einen Nobelpreis bekommen will, gut daran tue, sich ein völlig neues wissenschaftliches Gebiet zu schaffen. Wichtig sei ihm gewesen, Ignarro seinen Dank für dessen bahnbrechende Forschungen auszusprechen, betont er und erzählt, dass es für ihn gar kein Problem gewesen sei, aus China nach Lindau zu kommen. „China is very open“, versichert er.
Im Saal hat inzwischen die Polonäse begonnen, die als weiterer Eisbrecher fungiert. Eine Reihe männlicher Wissenschaftler samt Nobelpreisträger trifft auf der Bühne auf eine zweite Reihe weiblicher Teilnehmer, die dann Arm in Arm, samt roter Nelke in der Hand, wieder in den Saal zurückkehren. Da geht die chinesische Schönheit im roten Seidenkleid am Arm des amerikanischen Kollegen, der afrikanische Wissenschaftler an dem der deutschen Studentin, die arabische Forscherin mit dem indischen Kollegen und Nobelpreisträger Thomas A. Seitz hat sich bei einer hübschen Wissenschaftlerin mit Dutt eingehängt. Und alle sind sie ins Gespräch vertieft. Am Ende werden es nur wenige sein, die an ihre Plätze zurückkehren. Denn eine vierköpfige Band hat aufgespielt und die Sängerin fordert nicht umsonst auf: „It’s a nice day to dance.“
Auch draußen im Foyer ist es einsam geworden. Nur eine Gruppe deutscher Nachwuchswissenschaftler steht mit Nobelpreisträger Stefan W. Hell beisammen und schießt ein Handyfoto. „Wir saßen den ganzen Abend zusammen und machen jetzt noch ein Erinnerungsbild“, erzählen sie gut gelaunt, bevor auch sie sich in die Party stürzen.