Wo der reiche Mann den Tod trifft
Probenendspurt bei der Theatergruppe des Fischertagsvereins Memmingen
MEMMINGEN - Das Geländer der Orgelempore abmontieren? In der frisch sanierten Martinskirche? Klaus Gropper traute seinen Ohren nicht, als er bei einem ersten Rundgang durch das Gotteshaus diese Idee hörte. Nun wird sie laut dem Bühnenverantwortlichen der Fischertagsverein-Theatergruppe umgesetzt – und noch so einiges andere: In dieser Woche werkeln die Bühnenbauer, machen das Memminger Wahrzeichen zum Spielort für Hugo von Hofmannsthals „Jedermann“in der schwäbischen Fassung von Hermann Pfeifer.
„Es ist schon eine große Sache, dass wir das alles dürfen“, betont Gropper. Mit entsprechendem Respekt seien er und sein Team bei der Arbeit: In den vorausgegangenen Wochen haben sie Verschiedenstes angepackt – bei der Bearbeitung des Holzes für den Bühnenbau angefangen. Doch der Abbau des Geländers „ist eine Nummer zu groß für uns“und Sache einer Fachfirma, sagt Gropper. Freilich entfaltet sich „Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes“nicht nur auf der Empore: „Der hintere Bankbereich vor der Orgel wird komplett mit Bühne überbaut.“Die Abmessungen: elf mal 13 Meter. Eine Treppe verbindet beide Ebenen, auch mehrere Bühnenaufgänge sowie vier Meter lange, schräge Rampen geben den Auftritten der Schauspieler Raum. Ein Teil der Bühne ist übrigens üblicherweise auf dem Marktplatz statt in der Martinskirche im Einsatz: beim Kinderfest.
„Idealer Ort“
Das imposante Gotteshaus selbst ist aus Sicht von Regisseur Ralf Weikinger ein „für dieses Stück geradezu idealer Ort, der viele Möglichkeiten bietet“. Die Szenerie voll Schönheit und Pracht bei der Tischgesellschaft lasse sich dort ebenso gut einbetten wie die Erzählung von Umkehr und Läuterung, denn der „Jedermann“ist für Weikinger im Kern eine „Meditation über den Tod und damit einen mystisch unbekannten Bereich, der uns alle verbindet“.
Personifiziert wird er im Stück durch Klaus Gropper. Daher ist er nicht nur gefordert, was den Feinschliff für das Bühnenbild betrifft – am Detail gefeilt wird auch beim ProbenEndspurt. Sich im Austausch mit Weikinger in seine Rolle hineinzufinden, etwas von ihr in sich selbst zu entdecken, beschreibt der 57-Jährige als intensiven und faszinierenden Prozess der vergangenen Monate. Die Frage „Was hab’ ich mir da zugemutet?“tauchte manches Mal in seinem Kopf auf und am Satz „Ich bin der Tod“hatte er anfangs schwer zu schlucken – umso mehr, da es vor Kurzem einem Menschen in seinem engen Umfeld sehr schlecht ging. Durch die Rolle sei ihm das überaus persönliche Thema sehr nahe gekommen, erzählt Gropper: „Da wird man äußerlich einfach ruhiger und von innen wird’s lauter.“
Spannende Dialektfragen
Spannend war Groppers Worten nach – speziell für ihn als „württembergischen Schwaben“– auch die Frage, was denn nun als das richtige Schwäbisch zu gelten hat. Nicht selten trug sich so beim Proben folgender Wortwechsel zu: „Was? Du sagsch’ des so?! I kenn’s ganz andersch!“Mancher Akteur ist gar kein Dialektsprecher. In solchen Fällen half laut Weikinger der Originaltext von Hugo von Hofmannsthal weiter – und führte wegen der Versform des Stücks zur nächsten Herausforderung: „Wie reimt sich das noch, wenn Hofmannsthal und Pfeifer aufeinandertreffen“, schildert Weikinger.
Übrigens: Kleine Wiedererkennungseffekte zur Aufführung vor 20 Jahren sind gewünscht. So ertönen die Fanfarenklänge, die eigens für das Stück komponiert worden waren, manche Kostümteile aus dem Bestand von damals kommen zu neuen Ehren und einige Darsteller sind wieder dabei – in anderer Rolle. Der „Jedermann“von 2018 sei etwas Eigenständiges, macht Regisseur Ralf Weikinger klar: „Wir wollen das Stück rüberführen in eine andere Zeit. Es war uns aber auch wichtig, in Detailverweisen die Inszenierung von 1998 aufzugreifen.“