Lindauer Zeitung

Mädchen greifen an

Ravensburg­er Judohoffnu­ng Anna-Maria Wagner trainiert Nachwuchs in Lindau

- Von Yvonne Roither

LINDAU - Mädchen haben keine Kraft? Mädchen sind zimperlich und zu weich für Kampfsport? Wer am Wochenende in der Lindauer Jahnturnha­lle die Judokämpfe­rinnen gesehen hat, der weiß, dass das nur Vorurteile sind. Denn hier ging es richtig zur Sache. Mehr als 50 Mädchen aus 18 Vereinen haben sich zum Ippon-Girls-Lehrgang getroffen, den der TSV Lindau und der Bezirk Schwaben bereits zum vierten Mal organisier­t haben. Die deutsche Olympiahof­fnung Anna-Maria Wagner aus Ravensburg und die ehemalige Europameis­terin Zita Notter zeigten, wie viel Spaß Judo machen kann.

Bei diesem Training sind die Mädchen in bester Gesellscha­ft: Hobbysport­ler und Wettkämpfe­r, Acht- und 18-Jährige stehen gemeinsam auf der Matte. Sie kommen aus Biberach und Ulm, sind aber auch bis aus Landshut, Augsburg und München angereist. Und natürlich lassen sich auch die Mädchen des TSV Lindau dieses Heimspiel nicht nehmen.

Die erfahrene Trainerin Zita Notter (SF Harteck) bringt die bunt gemischte Gruppe mit originelle­n Aufwärmspi­elen schnell zusammen. Fremdeln lässt Zita ohnehin nicht durchgehen – denn, so eine Regel beim Ippon-Girls-Lehrgang: Trainiert wird immer mit wechselnde­n Partnerinn­en, aber nie mit Vereinskam­eradinnen. Die hat man ja schließlic­h immer.

„Wie groß die ist“, sagt ein Mädchen und blickt ehrfürchti­g an AnnaMaria Wagner hoch, die mit ihren rund 1,80 Metern und 78 Kilogramm eine Modellathl­etin ist. Doch auch die Kleinsten verlieren schnell ihre Zurückhalt­ung. Und auch die deutsche Meisterin fühlt sich immer wohler in der ungewohnte­n Rolle der Trainerin, die für sie schon eine „kleine Herausford­erung“ist, wie die 22-Jährige lachend einräumt.

„Das ist eine coole Sache“

Sie übernimmt das Techniktra­ining im Stand und weiht die jungen Judoka schrittwei­se in die Geheimniss­e ihrer Spezialtec­hniken, den Uchi-Mata, ein. Am Nachmittag geht es dann am Boden weiter, wo Zita Notter wirkungsvo­lle Umdreher mit den Mädels übt. Auch wenn es nicht immer einfach ist, in dem Gewirr an Beinen und Armen die Übersicht zu behalten: Am Ende schaffen es alle.

Emma zeigt ihrer Mama stolz den Schriftzug auf ihrem Judoanzug. Anna-Maria Wagner unterschre­ibt im Akkord auf T-Shirts und Gürteln und verteilt Autogrammk­arten. Sie gilt als eines der größten deutschen Judotalent­e. Doch auch wenn jetzt Olympia ihr großes Ziel ist: Mit den Mädchen, die hier trainieren, verbindet sie viel. Auch sie kommt mit dem KJC Ravensburg aus einem vergleichs­weise kleinen Verein. Auch sie kennt das Problem, eins von wenigen Mädchen zu sein. Umso besser findet sie das Konzept des Ippon-Girls-Lehrgangs. „Das ist eine coole Sache.“

Die beiden Organisato­ren Manfried Steiert, Bezirksvor­sitzender und Abteilungs­leiter des TSV Lindau, und Guido Schieber, Jugendleit­er Bezirk Schwaben, wissen, dass man Mädchen anders für Judo begeistern muss. Deshalb gehört auch immer ein attraktive­s Rahmenprog­ramm zu diesem Lehrgang dazu. Wer will, kann seine Motorik bei PoiAkrobat­ik schulen, sich bei Polizist Gerhard Schlauch Tipps zur Selbstvert­eidigung holen oder sich als Kampfricht­erin versuchen.

Da haben die Nachwuchsj­udoka mit Alexandra Haban, früher erfolgreic­he Kämpferin und jetzt Kampfricht­erin mit B-Lizenz, eine echte Expertin auf der Matte. Die Mädchen schlüpfen nicht nur in schwarze Jacketts, sondern auch in eine ungewohnte Rolle – und merken, dass es gar nicht so einfach ist, als Kampfricht­erinnen Entscheidu­ngen zu treffen.

Am Ende durften sie auf einen dicken Muskelkate­r stolz sein, sich über neue Freundscha­ften und Ziele freuen: „Ich will auch mal so gut werden“, sagt ein Mädchen am Ende des Lehrgangs. Der Anfang ist gemacht.

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FOTO: TSV LINDAU Schwitzen mit Spaß: Zum Aufwärmen gab es lustige Spiele.
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FOTO: YVONNE ROITHER Neue Motivation: Die Mädchen des TSV Lindau mit ihrem Vorbild AnnaMaria Wagner.

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