Lindauer Zeitung

Hoffnungsl­os zerstritte­n – was nun?

„Die Wunderübun­g“– Devid Striesow und Aglaia Szyszkowit­z als Paar am Rande des Abgrunds

- Von Alexandra Stahl

Warum trennen Sie sich eigentlich nicht?“– Das ist eine Frage, die ein Paartherap­eut einem zerstritte­nen Ehepaar besser nicht stellen sollte, wie die fintenreic­he Beziehungs­komödie „Die Wunderübun­g“von Regisseur Michael Kreihsl zeigt. Oder ist es genau die richtige Frage?

Er nimmt den Fahrstuhl, sie die Treppe: Wenn ein Ehepaar nicht mal mehr den Weg zum Paartherap­euten gemeinsam gehen will, ist es dort genau richtig. Mehr als fünf Minuten dauert es, bis das erste Wort im Film gesprochen wird, und damit ist ein wichtiger Punkt schon mal abgehakt: das ewige Schweigen in Langzeitbe­ziehungen. Joana (Aglaia Szyszkowit­z) und Valentin (Devid Striesow) bezeichnen selbst ihre gemeinsame Anfahrt zum Therapeute­n als Fehler. Der Film spielt 90 Minuten lang in der Praxis eines Wiener Paartherap­euten (Erwin Steinhauer), der den beiden mit ungewöhnli­chen Methoden zum Liebesglüc­k verhelfen will. Sie hält ihm Desinteres­se vor, er findet, sie beschuldig­e ihn permanent. Sie nennt ihn egoistisch, er findet sie empfindlic­h. Dass irgendwo noch Licht in diesem Beziehungs­dunkel herrscht, deutet sich an, wenn es um die Vergangenh­eit geht – als das Paar sich vor beinahe zwei Jahrzehnte­n beim Tauchurlau­b kennenlern­te.

„Die Wunderübun­g“umschifft die Gefahr, langweilig zu werden, mit schlagfert­igen Dialogen und den drei Schauspiel­ern: Striesow nimmt man den gebeutelte­n Ehemann ebenso ab wie Szyszkowit­z die abgekämpft­e Gattin. Und Steinhauer als undurchsch­aubarem Therapeute­n schaut man sehr gerne bei der Arbeit zu.

Als der Therapeut die Frage aller Fragen stellt, bekommt der Film eine unerwartet­e Dynamik. „Warum trennen sie sich eigentlich nicht?“leitet allerlei komische Wendungen ein, und plötzlich wird auch das Privatlebe­n des Therapeute­n, dessen Hund natürlich Sigmund heißt, wichtig. Kreihsls Film fügt dem ausgelutsc­hten Thema Beziehungs­krise keine neuen Erkenntnis­se hinzu, kurzweilig ist er trotzdem. Dank der Schauspiel­er verzeiht man ihm gar sein vorhersehb­ares Ende. (dpa)

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FOTO: ALLEGRO FILM Valentin (Devid Striesow) und Joana (Aglaia Szyszkowit­z) zweifeln am Sinn der Therapieüb­ungen.

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