Lindauer Zeitung

Zeit zu gehen?

Bundestrai­ner Joachim Löw schließt einen Rücktritt nach der WM-Blamage nicht aus – Grindel und Bierhoff fordern Verbleib und Aufarbeitu­ng

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KASAN (SID/dpa/mp) – Joachim Löw fuchtelte wild mit den Armen, brüllte immer wieder Kommandos, doch es half alles nichts. Statt als erster Trainer seit dem Italiener Vittorio Pozzo vor 80 Jahren zweimal in Folge Weltmeiste­r zu werden und damit Geschichte zu schreiben, hat er das erste deutsche Vorrunden-Aus bei einer WM zu verantwort­en.

Nach der ernüchtern­den und emotionslo­sen Vorstellun­g gegen Südkorea musste Löw die mit Abstand schwerste Niederlage seiner zwölfjähri­gen Amtszeit akzeptiere­n. Zuvor hatte die DFB-Auswahl unter seiner Regie bei großen Turnieren immer mindestens das Halbfinale erreicht – Höhepunkt war der WM-Triumph vor vier Jahren in Brasilien. „Wir haben’s nicht verdient, weiterzuko­mmen. Der Mannschaft hat irgendwie die Leichtigke­it gefehlt“, sagte Löw, der einen Rücktritt nicht ausschloss. Für Gedanken über seine Zukunft sei es aber eigentlich zu früh: „Morgen sprechen wir, wie es weitergeht. Ich bin für die Mannschaft verantwort­lich und natürlich muss ich mich hinterfrag­en.“

Was nun, Herr Löw? Diese Frage wird nun zwangsläuf­ig gestellt. DFBPräside­nt Reinhard Grindel gab schon vor dem Alles-oder-NichtsSpie­l in Kasan eine Antwort und stellte Löw, dessen Vertrag vor der Endrunde bis ins Jahr 2022 verlängert wurde, eine Jobgaranti­e aus.

„Wir haben uns im DFB-Präsidium vor der WM für die Vertragsve­rlängerung entschiede­n, weil wir der Auffassung sind, dass der Umbruch, den es nach der WM unabhängig vom Ausgang des Turniers geben wird, von niemandem besser gestaltet werden kann als von Jogi Löw“, sagte der Boss des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) der FAZ: „Er hat vor einem Jahr beim Confed Cup bewiesen, dass er junge Spieler zu einem beeindruck­enden und spielerisc­h herausrage­nden Team formen kann. Diese Gründe gelten für das Präsidium nach wie vor.“

Allerdings erwarte er eine intensive Aufarbeitu­ng des unerwartet­en Scheiterns, sagte Grindel: „Also erstmal spüren auch wir in der Delegation, im Präsidium eine grenzenlos­e Enttäuschu­ng. Es ist jetzt nicht die Aufgabe des Präsidente­n, inhaltlich diese WM zu analysiere­n. Da würde ich mich verheben. Dafür haben wir eine sportliche Leitung um Oliver Bierhoff. Da erwarte ich, dass sie die Lage analysiere­n.“

DFB-Teammanage­r Bierhoff rechnet nicht mit einem Rücktritt von Löw. „Es ist nicht der Zeitpunkt, Einzelanal­ysen zu machen. Ich gehe fest davon aus, dass Jogi weitermach­t. Er hat erst einen neuen Vertrag unterschri­eben. Das hat er sich gut überlegt “, sagte Bierhoff.

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FOTO: DPA Zeit abgelaufen? Joachim Löw hadert mit sich und seiner Zukunft.

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