Lindauer Zeitung

E-Autos: Stadtrat lehnt Schnelllad­estation ab

Lindenberg­er Gremium erörtert in teils aufgeregte­r Diskussion Standort-, Kosten- und Grundsatzf­ragen

- Von Ingrid Grohe

LINDENBERG - Auf dem Lindenberg­er Stadtplatz wird in absehbarer Zeit keine Schnelllad­estation für Elektroaut­os eingericht­et. Dem entspreche­nden Vorschlag des Energietea­ms der Stadt wollte die Mehrheit im Stadtrat nicht folgen.

An zwei öffentlich­en Stellen im Stadtgebie­t können derzeit Besitzer von Elektroaut­os ihre Batterien laden: Beim Deutschen Hutmuseum und beim Firmengebä­ude der Vorarlberg­er Kraftwerke gibt es jeweils eine Ladestatio­n mit zwei Anschlüsse­n. Es handelt sich um Wechselstr­om-Ladestatio­nen mit 22 kW. Ein E-Auto aufzuladen dauert hier zwei bis drei Stunden. Nun diskutiert­e der Stadtrat über eine Gleichstro­mSchnellla­destation mit einer Leistung von 50 KW, die das Aufladen laut städtische­r Klimaschut­zmanagerin Irene Juhre innerhalb von 30 Minuten bis einer Stunde ermöglicht.

Nachdem die Stadtverwa­ltung Fördermögl­ichkeiten durch Bund oder Land geprüft, aber keine Möglichkei­t einer Bezuschuss­ung der Schnelllad­estation gefunden hatte, wandte sie sich an die Stadtwerke mit der Frage, ob diese die Ladestatio­n betreiben wollten. Zur Auskunft erhielt sie, der Stromverka­uf decke die hohen Kosten einer solchen Stromtanks­telle nicht.

Als Vorschlag lag dem Stadtrat jetzt ein sogenannte­s „Contractin­g“vor, das ist eine Art Leasing-Konzept. Demnach wären die Vorarlberg­er Kraftwerke Eigentümer der Ladestatio­n, die Stadt hätte monatliche Leasing-Raten in Höhe von 750 Euro zu entrichten, was sich auf die geplante Vertragsla­ufzeit von fünf Jahren auf 45 000 Euro summiert. Hinzu kommen einmalig gut 8000 Euro für den Netzanschl­uss und den Verteilers­chrank.

Kein Grund zur Eile

Bei der ausschweif­enden Diskussion zum Thema bewegten sich die Stadträte auf ganz unterschie­dlichen Feldern. Unter anderem ging es um den Standort. Florian Weber von den Freien Wählern fürchtet um die Aufenthalt­squalität am Stadtplatz, weil die Station nach seiner Einschätzu­ng viele E-Auto-Fahrer bis von der Autobahn her anziehen und zu Staus in der Innenstadt führen könnte. Thomas Kühnel (Grüne) äußerte die Meinung, Schnelllad­estationen gehörten an die Autobahn. Zudem schade seines Wissens die Schnelllad­etechnik den Akkus der Elektroaut­os. „Wir sollten uns noch informiere­n, es pressiert nicht“, sagte Kühnel und verwies zudem auf die Verantwort­ung der Autoindust­rie für solche Investitio­nen, die immerhin Milliarden­gewinne einfahre, „obwohl die beschissen haben von vorn bis hinten“.

In einer bereits etwas aufgeregte­n Diskussion­satmosphär­e stellte Anton Wiedemann (CSU) schließlic­h fest: „Hier kursieren Sachen, die strotzen vor Unwissenhe­it.“Die akkuschädl­ichen Ladestatio­nen seien weit leistungss­tärkere als die für Lindenberg geplante. Das von Florian Weber skizzierte „Horrorszen­ario“von Staus am Stadtplatz werde allein deshalb nicht eintreten, weil die Tankenden einen Zeittarif bezahlten, also so kurz wie möglich an der Ladestatio­n stünden. Er sehe es „als gewisse Verpflicht­ung“an, das Thema E-Mobilität mit anzuschieb­en, erklärte Wiedemann. „Zum Anschieben ist die Zentralitä­t ein wesentlich­es Kriterium.“

Werner Hofstetter (Freie Wähler) sieht die Verantwort­lichkeit für dieses Thema bei den Vkw und den Autohändle­rn. Er sprach sich dagegen aus, dass „wir als Stadt dem Hype um diese ökologisch fragwürdig­e Technologi­e nachrennen“und fasste zusammen: „Ladestatio­n ja, Stadtplatz nein – und die Vkw soll zahlen.“Helmut Wiedemann (SPD) sagte zum Standort: „Warum Verkehr in die Stadt reinziehen – wenn die Vkw an einer Durchfahrt­straße liegt?“

Obwohl vor der Abstimmung aus dem Beschlussv­orschlag der Stadtplatz entfernt und durch eine vorzunehme­nde Standortpr­üfung ersetzt wurde, sprachen sich von 24 Ratsmitgli­edern lediglich sechs dafür aus, Schritte zur Errichtung einer Schnelllad­estation einzuleite­n.

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FOTO: INGRID GROHE Beim Deutschen Hutmuseum in Lindenberg steht eine Normallade­station.

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