Ein himmlisches Hochbeet
Warum Raumfahrer Tomaten im Weltall züchten
Tomaten im Weltall: Im Deutschen Zentrum für Luft-und Raumfahrt (DLR) wird an einem Forschungssatelliten gearbeitet, der als fliegendes Gewächshaus um die Erde kreisen soll.
„Eu:CROPIS“geht das DLR neue Wege – gleich in mehrfacher Hinsicht. „Es ist das erste Raumfahrzeug, das die Rotation nutzt, um Gravitation zu erzeugen“, sagt Müller. Dafür verwendet der Satellit das Magnetfeld der Erde, von dem er sich mithilfe einer elektromagnetischen Spule abstößt. Deshalb kommt er ohne herkömmlichen Antrieb aus.
Ein halbes Jahr lang soll sich der Satellit 20-mal in der Minute um die eigene Achse drehen, um Gravitation wie auf dem Mond entstehen zu lassen. Danach dreht er sich sechs Monate lang 32-mal in der Minute für die Mars-Simulation. Welche Auswirkungen
das auf das kleine Ökosystem im Inneren des Satelliten hat, werden Hauslage und seine Kollegen mit Spannung beobachten. „Die Schwerkraft ist das einzig konstante, das das Leben auf der Erde über die Zeit erlebt hat“, sagt der Biologe. „Alles verändert sich, wenn sie sich verändert.“
Wachstum in Schwerelosigkeit
Dabei ist gar nicht die Frage: Können Tomaten im All wachsen? Dass Pflanzen das auch ohne und unter weniger Schwerkraft können, haben bereits Experimente in der Vergangenheit bewiesen. So ließen Botaniker
der Universität Hannover vor zehn Jahren auf der Internationalen Raumstation (ISS) Acker-Schmalwand keimen, um den Einfluss der Schwerkraft auf die Wurzelbildung zu beobachten. Dabei ging es vor allem um Grundlagenforschung.
Heute können Astronauten auf der ISS schon mal ein frisches Salatblättchen knabbern: Die US-Raumfahrtagentur Nasa hat ein Anbausystem entwickelt, in dem 2016 auch eine orangefarbene Zinnie erblühte. Die Blume konnte die ISS-Besatzung zwar nicht essen, doch sie könnte als Vorläufer für Tomaten dienen, hieß es von der Nasa. Auch Tomatenpflanzen
Für Langzeitmissionen wichtig
Um Pflanzen auf Mond oder Mars anbauen zu können, braucht es einen geschlossenen Kreislauf: Wasser, Luft und Nährstoffe müssen immer wieder recycelt werden. Denn es wäre zu aufwendig und zu teuer, ständig Nachschub von der Erde zum Mond zu fliegen – zum Mars wäre es kaum möglich. „Das ist Basistechnologie für Langzeitmissionen“, sagt Müller.
Im Inneren des Satelliten wachsen die zwölf Tomatenpflanzen auf künstlichem Substrat. Über einen Filter wird mithilfe von Bakterien eine Düngelösung aus Urin gewonnen – in diesem Fall künstlicher, in Raumstationen käme er von den Astronauten. Unterstützung bekommen die Bakterien von Augentierchen, beweglichen Einzellern, die Sauerstoff für die Bakterien und die keimenden Tomaten produzieren. „Wir haben zwei gekoppelte Lebenserhaltungssysteme“, sagt Lebert. „Das ist wie auf der Erde: Monokulturen sind keine gute Idee.“
Eineinhalb Jahre soll der Test mit den Tomatenpflanzen dauern. Danach werden die Forscher wissen, ob sie der Gemüseversorgung für eine Station auf Mond oder Mars einen kleinen Schritt näher gekommen sind.