Im Airbus fliegen Teile aus Lindau mit
MG Silikon fertigt Dichtungen für Fenster und Türen der Flugzeuge.
LINDAU - Wer mit dem Airbus zum Beispiel in den Urlaub fliegt, hat immer ein Stück Lindau dabei. Denn die 140 Mitarbeiter von MG Silikon stellen die Dichtungen für Fenster und Türen und weitere Silikonteile zum Beispiel für Start- und Landeklappen her. Seit dem Frühjahr haben bei dem Unternehmen eine Reihe neuer Führungskräfte die Verantwortung übernommen.
Die meisten Lindauer haben wahrscheinlich noch nie etwas von dem Unternehmen gehört, dessen vollständiger Name so lautet: Saint-Gobain Performance Plastics MG Silikon GmbH. Weil das viel zu lang ist, spricht Thomas Semlinger nur von MG Silikon, wenn er die Firma meint, deren Geschäftsführer er seit dem 1. März ist. Der 52-Jährige möchte seine Firma besser sichtbar machen.
Untergebracht ist MG Silikon seit Jahren in der Robert-Bosch-Straße, direkt neben dem Wertstoffhof, in einem Gebäude, das mal als Lagerhalle für eine Spedition gebaut wurde. „Wir leiden ein bisschen darunter, dass wir nicht wahrgenommen werden“, sagt Semlinger und verweist auf fehlende Beschilderung an der Straße. Da MG Silikon wie andere Lindauer Firmen immer auf der Suche nach guten Fachkräften ist, hätte Semlinger gerne, dass die Lindauer seine Firma kennen und wissen, was dort passiert.
Gegründet wurde MG Silikon 1989 als Gemeinschaftsprojekt von Metzeler und Gessil, seit 1996 gehört es zum französischen Konzern Saint-Gobain. Das Unternehmen mag vielen unbekannt sein, seine Produkte kennt aber fast jeder: Sekurit-Fenster in Autos oder Rigips-Platten bei Trockenausbau nicht nur in Altbauten. Der Konzern beschäftigt in 66 Ländern 180 000 Mitarbeiter.
Die Lindauer Niederlassung ist mit 140 Mitarbeitern eine kleine, zu der die mit 15 Mitarbeitern noch kleinere Zweigstelle in Wiesbaden gehört, die Dichtungen für die Bauindustrie fertigt. Dabei steckt das Besondere schon im Firmennamen, denn hier dreht sich alles um Silikon. Das Material ist nicht billig, hält aber trotz großer Temperaturschwankungen dicht. Deshalb ist es als Abdichtung für Waschmaschinen oder Backöfen ebenso geeignet wie für Flugzeuge, die bei 50 Grad im Schatten auf einem Rollfeld in der arabischen Wüste stehen oder bei minus 50 Grad in 10 000 Meter Höhe fliegen. Außerdem entstehen keine giftigen Dämpfe, wenn es zu einem Feuer kommen sollte. Auch das spielt bei den hohen Sicherheitsanforderungen in der Luftfahrt eine wichtige Rolle.
Handarbeit ist Voraussetzung für die hohe Qualität der Produkte
MG Silikon hat alle Zertifizierungen, denn für die Luftfahrtindustrie gelten höchste Ansprüche. Die Qualitätskontrolle spielt in diesem Unternehmen deshalb eine besondere Rolle. Die Auftragslage bezeichnet Geschäftsführer Semlinger als gut, seit Jahren sei das Unternehmen auf stabilem Niveau. Das will und soll Semlinger steigern, denn steigende Kosten ließen sich nur durch Wachstum und bessere Profitabilität ausgleichen.
Die hohe Qualität lasse sich nur durch Handarbeit erreichen, erklärt Semlinger beim Rundgang durch die Firma: „Das können Sie nicht mit Maschinen machen, das geht nur per Hand.“Der Umgang mit dem Material, das MG Silikon nach eigenen Rezepten mischt, und der Umgang mit den speziellen Maschinen verlange Erfahrung und Sorgfalt. Es dürfen keine Fremdstoffe hineingeraten, auch keine Luftblasen. Im Drei-SchichtBetrieb fertigen die Mitarbeiter.
Im Betrieb geht es im Vergleich zu anderen Betrieben recht ruhig zu. Semlinger erklärt das mit der hohen Konzentration, die nötig ist, um möglichst fehlerfrei zu arbeiten. Denn es lässt sich nichts korrigieren, was fehlerhaft ist, muss auf den Müll: „Entscheidend sind unsere Mitarbeiter, sonst haben wir eine hohe Ausschussquote.“
Bei bis zu 180 Grad pressen Tino Ziegler und seine Kollegen verschiedene Profile, die je nach Flugzeugtyp anders aussehen. Auch MG Silikon bildet Fachkräfte aus, die Berufsbezeichnung lautet Verfahrensmechaniker für Kunststoff- und Kautschuktechnik.
Seit Jahren gab es keinen Arbeitsunfall mehr
Semlinger erläutert, dass weitere Investitionen in neue Maschinen anstehen. An den etwas beengten Verhältnissen in der Halle, die eben nicht als Produktionshalle gebaut wurde, wird sich in absehbarer Zeit aber nichts ändern. Umso mehr ist Semlinger stolz darauf, dass es mehr als vier Jahre her ist, als es bei MG Silikon den letzten – auch nur kleinen – Arbeitsunfall gab.
Der 52-Jährige ist von einer Tochterfirma der BASF zu MG Silikon gewechselt, weil er eine neue Herausforderung wollte. In den ersten Wochen musste er einige weitere Führungspositionen neu besetzen, weil langjährige Mitarbeiter den Wechsel an der Spitze genutzt haben, um selbst auch was anderes auszuprobieren. Doch Semlinger ist überzeugt, dass er mit den neuen Kollegen rund um Produktionsleiter Tom Rügemer ein gutes Team beieinander hat. Die gemeinsame Aufgabe sei es noch, MG Silikon in Lindau etwas bekannter zu machen und neue Mitarbeiter zu begeistern, um die Grundlage für weiteres Wachstum zu legen.