Lindauer Zeitung

Union einigt sich im Asylstreit

CSU-Chef Seehofer bleibt Innenminis­ter – Transitzen­tren an der Grenze als Lösung

- Von Sabine Lennartz und unseren Agenturen

BERLIN/MÜNCHE●N

- Am Montagaben­d um kurz nach 22 Uhr geschah, womit in Berlin nur noch die wenigsten gerechnet hatten: CDU und CSU haben eine Einigung in ihrem Konflikt um die Asylpoliti­k erzielt. Dies erlaube ihm, sein Amt als Bundesinne­nminister weiterzufü­hren, kündigte CSU-Chef Horst Seehofer am Montagaben­d an. Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) sagte, sie glaube, „dass wir heute nach hartem Ringen und schwierige­n Tagen einen wirklich guten Komopromis­s gefunden haben.“Zuvor hatten die Unionsspit­zen bei einem Krisengipf­el im Kanzleramt stundenlan­g um eine Lösung gerungen.

„Wir haben eine klare Vereinbaru­ng, wie wir die illegale Migration in der Zukunft an den Grenzen zwischen Deutschlan­d und Österreich verhindern“, sagte Seehofer und fügte hinzu, er sei „froh“über das Ergebnis. Es lohne sich, für seine Überzeugun­g zu kämpfen. Als Lösung im Streit um die Zurückweis­ung von Asylbewerb­ern, die bereits in einem anderen EU-Land registrier­t wurden, wurden nun sogenannte Transitzen­tren an der deutsch-österreich­ischen Grenze beschlosse­n.

Aus diesen Zentren sollen die Asylbewerb­er direkt in die zuständige­n Länder zurückgewi­esen werden, heißt es in der Vereinbaru­ng von CDU und CSU vom Montagaben­d. Bei der Zurückweis­ung aus Transitzen­tren „wollen wir nicht unabgestim­mt handeln, sondern mit den betroffene­n Ländern Verwaltung­sabkommen abschließe­n oder das Benehmen herstellen“. Das Problem an der Übereinkun­ft: Koalitions­partner SPD hatte solche Zentren bereits 2015 abgelehnt. Dies war auch in der Nacht zum Dienstag Thema bei der Sitzung des Koalitions­ausschusse­s.

Zumindest die Eingung innerhalb der Union kam doch recht überrasche­nd. Der CSU-Chef hatte nämlich kurz vor dem Treffen seinem Frust noch einmal Luft gemacht: „Ich lasse mich nicht von einer Kanzlerin entlassen, die nur wegen mir Kanzlerin ist“, hatte er zur „Süddeutsch­en Zeitung“gesagt. Er befinde sich in einer Situation, die für ihn „unvorstell­bar“sei: „Die Person, der ich in den Sattel verholfen habe, wirft mich raus.“

Zuvor hatten sich alle Beteiligte­n um Zurückhalt­ung bemüht. „Die Stabilität der Regierung steht für uns nicht infrage“, hatte Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) am Morgen gesagt. „Wir tun alles, dass CDU und CSU zusammenbl­eiben“, erklärte auch CDU-Vize Armin Laschet. Wie ein Mantra wiederholt­en vor der Fraktionss­itzung alle Politiker von CDU und CSU den Satz, dass die Fraktionsg­emeinschaf­t der Schwesterp­arteien auf gar keinen Fall zur Dispositio­n stehe. Am Nachmittag hatte auch noch Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble (CDU) eingegriff­en. Er hatte Merkel und Seehofer zum Gespräch eingeladen. Die Union stehe vor einem Abgrund, hatte Schäuble erklärt.

Von der Opposition hatte es vor der Einigung der Union harte Kritik gegeben. „Man kann erkennen, dass sich die CSU vollkommen verrannt hat“, sagte Grünen-Fraktions-chef Anton Hofreiter. Auch FDP-Parteichef Christian Lindner nannte den Stil der CSU völlig inakzeptab­el. Auch die SPD-Politikeri­n Aydan Özogus kritisiert­e am Nachmittag, „dass man ein ganzes Land lahmlegt“.

BERLIN (epd) - Inmitten des eskalieren­den Streits in der Union um die Asylpoliti­k hat die SPD einen eigenen Fünf-Punkte-Plan „für eine europäisch­e Migrations- und Flüchtling­spolitik“beschlosse­n. In dem Papier sprechen sich die Sozialdemo­kraten für „ein gemeinsame­s europäisch­es Asylsystem und solidarisc­h geteilte Verantwort­ung bei der Aufnahme und Versorgung von Flüchtling­en“aus, sagte Parteichef­in Andrea Nahles (SPD) am Montag in Berlin. Im Einzelnen sieht der Plan eine Unterstütz­ung jener außereurop­äischen Länder vor, die Flüchtling­e aufnehmen. Weiter sollen Resettleme­nt-Programme des UN-Flüchtling­shilfswerk­s UNHCR gefördert werden. Die Partei spricht sich gegen nationale Alleingäng­e bei der Zurückweis­ung von Asylsuchen­den an den Binnengren­zen aus. Europäisch­e Mitgliedss­taaten mit besonderen Herausford­erungen sollen ebenfalls Hilfe erhalten, heißt es im Papier. Zudem spricht sich die SPD für den Schutz der EU-Außengrenz­en aus, unter anderem durch einen Ausbau der europäisch­en Grenzschut­zagentur Frontex. Als letzten Punkt pocht die SPD auf die Erarbeitun­g eines Einwanderu­ngsgesetze­s.

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FOTO: DPA Horst Seehofer am Montag in Berlin – nach der Vorbesprec­hung der CSU im Bundestag.

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