Bayern ist Spitzenreiter bei Knie-OPs
In wohlhabenden Regionen sind solche Eingriffe gefragt
MÜNCHEN (lby) - Bayern ist mit Abstand bundesweiter Spitzenreiter beim Einsatz künstlicher Kniegelenke. Die Bertelsmann Stiftung hat errechnet, dass in Bayern im Jahr 2016 auf 100 000 Einwohner gerechnet 260 solcher Eingriffe vorgenommen wurden. In Mecklenburg-Vorpommern lag diese Zahl bei 164. Nach Einschätzung von Krankenkassen setzen im Freistaat Ärzte und Kliniken intensiv darauf, mit Knie-OPs ihre Einnahmen zu steigern. Die Bayerische Krankenhausgesellschaft (BKG) sieht hingegen auch in einer hohen Nachfrage der Patienten eine Ursache für die auffälligen Zahlen.
„Knie-Operationen sind ein Geschäft, das sich rechnet“, so erklärt die Vorständin des Landesverbands der Betriebskrankenkassen (BKK), Sigrid König, die hohe Zahl. Im Freistaat spiele die Versorgungsstruktur eine wichtige Rolle: Hier gibt es besonders viele Belegärzte, die eine Praxis betreiben und Patienten in Kliniken einweisen, in denen sie selbst operieren.
Nach Daten der Kassenärztlichen Vereinigungen ist die Zahl der Belegärzte in Bayern gemessen an der Bevölkerungszahl mehr als doppelt so hoch wie im Bundesschnitt. Auch der Projektmanager der Bertelsmann Stiftung, Eckhard Volbracht, hält die „ausgeprägten Belegarzt-Strukturen“für einen wesentlichen Grund für die hohe Zahl von Knie-OPs im Freistaat. Die BKG hat andere Erklärungen. Ihr Geschäftsführer Siegfried Hasenbein stellt fest, es gebe Kliniken, von deren Patienten bis zu 20 Prozent aus anderen Bundesländern kommen. Außerdem sei das Verhalten der Patienten im wohlhabenden Bayern anders als in anderen Bundesländern, erklärt der BKG-Geschäftsführer: „Je höher der soziale Status und die Bildung eines Patienten sind, desto selbstbewusster geht er in seine Behandlung und fordert gewisse Leistungen.“
Es gebe Studien, wonach in Regionen mit niedriger Arbeitslosigkeit und hohem Durchschnittseinkommen Patienten häufig von sich aus nach Operationen fragen, die ihre Leistungsfähigkeit schnell wieder herstellen. Das sei eine Erklärung für die hohen OP-Zahlen in Bayern, so Hasenbein: „Dass die jungen, noch im Beruf stehenden, auch freizeitorientierten Menschen eine konservative langjährige Behandlung nicht wollen, sondern ausdrücklich nach einer Knieprothese fragen.“In diesem Punkt stimmt die Chefin des BKKLandesverbands Sigrid König dem Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft zu. Auch die Kassenverbandschefin beobachtet eine Haltung, die unter Patienten in Bayern besonders weit verbreitet sei.