Zum zehnten Mal ein Allgäuer Krisengebiet
Angehende Militärbeobachter trainieren im Bodenseeraum für ihre künftigen Einsätze
UN-Hauptquartier. Presseoffizier Sebastian Vogt beschreibt, was das Team zu bewältigen hat: „Stress-Situationen in verschiedenen Zusammensetzungen.“Drei verletzte Einheimische müssen versorgt werden. Ein Angehöriger verlangt aggressiv die Behandlung seines Bruders. Blauhelm-Soldaten irren unter Schock durch die Unfallstelle. Zwei Übungsjournalisten verlangen von den genervten Militärbeobachtern Infos. Dazu knallt die Sonne erbarmungslos auf die Mini-Kreuzung zwischen zwei Gehöften.
Bei den Übenden gibt es Licht und Schatten. Problematisch ist, dass Unfall-geschockte Blauhelme weiterhin mit Sturmgewehren herum irrlichtern dürfen. Die Männer sind in Wirklichkeit Rollenspieler aus dem UN-Ausbildungszentrum der Bundeswehr. Sie sollen die angehenden Beobachter an Grenzen bringen. Als ein Offizier während des Versorgens eines Verletzten eine hin und her geschwenkte Gewehrmündung im Rücken hat, erfolgt endlich eine Reaktion. Die Blauhelme werden weggeschickt, sollen auf Distanz gehen.
Nach einer guten Stunde gibt es eine Abschlussbesprechung mit den Ausbildern, Veteranen, die wirkliche Einsätze hinter sich haben. Einer der angehenden Beobachter muss sich sagen lassen, dass seine Notfallbehandlung wohl zum Tod des Verletzten geführt hätte. Aber zum Lernen übt man ja, heißt es anschließend.
Die Ausbilder sind am Ende eher zufrieden als unzufrieden. Für das vierköpfige Beobachterteam geht es weiter zum nächsten Szenario - irgendetwas Überraschendes, vielleicht eine Minen-Explosion, eventuell zu einem Kriegsgefangenenlager oder zu einem Tête-à-Tête mit einem Kriegsfürsten. Auch dieser spielt den Bösewicht natürlich nur und ist ansonsten Bundeswehr-Soldat.
Generell ist die Übung grenzüberschreitend ausgelegt: Österreichische UN-Ausbilder sind mit ihren Leuten im Bregenzer Wald aktiv, die Schweizer UN-Trainer haben sich das Appenzeller Land aussucht, die Deutschen das Westallgäu. So sollen Einsatz-Sektoren abgebildet werden. Auf deutscher Seite sind 250 Soldaten aus 18 Nationen aktiv. Davon üben 22 Offiziere. 16 Instruktoren leiten sie an. Rund 200 weitere Soldaten sind als Rollenspieler oder weiteres Unterstützungspersonal mit dabei.
Abschlussappell ist am Donnerstag für alle zusammen im Vorarlberger Gebirgsdorf Hittisau. Die deutschen Beobachter in spe dürfen sich dann schon mal mit Einsatzländern gedanklich anfreunden. In ihrem Fall sind es vor allem der Südsudan und die Westsahara - beides alte Einsatzgebiete für Offiziere der Bundeswehr.