Lindauer Zeitung

Alles unter einem Dach

- Von Tobias Hanraths

ndlich ist die Schule geschafft! Und jetzt? Zurück zur Schule! So läuft es zumindest bei jungen Leuten, die Krankenpfl­eger werden wollen. Oder Dolmetsche­rin. Oder Glasbläser. Denn in bestimmte Berufe führt keine klassische, duale Ausbildung, sondern eine Berufsfach­schule, die Theorie und Praxis unter einem Dach vereint.

Für welche Berufe gibt es die schulische Ausbildung?

„Das sind oft Berufe, für die es keine duale Ausbildung gibt“, sagt Paul Ebsen von der Bundesagen­tur für Arbeit. Eine wichtige Rolle spielen Berufsfach­schulen vor allem für Gesundheit­sberufe und im sozialen Bereich, für angehende Erzieher und Altenpfleg­er genau wie für Ergooder Physiother­apeuten. Wer Dolmetsche­r oder Fremdsprac­henkorresp­ondent werden will, geht in aller Regel auch zur Berufsfach­schule, genau wie angehende technische Assistente­n sowie verschiede­ne Musiker und Künstler.

Sind gleich? alle Berufsfach­schulen

Nein, aus drei Gründen. Erstens gibt es je nach Beruf und Branche erhebliche Unterschie­de, was die genaue Ausgestalt­ung der Ausbildung angeht. Zweitens ist Bildung Ländersach­e, in jedem Bundesland gelten deshalb etwas andere Regeln für Berufsfach­schulen. Es gibt aber einheitlic­he Rahmenlehr­pläne beziehungs­weise Ausbildung­sordnungen. Und drittens existieren nicht nur öffentlich­e Berufsfach­schulen, sondern auch welche in privater Trägerscha­ft. In manchen Berufen sind die sogar klar in der Überzahl.

Was muss ich mitbringen?

Grundvorau­ssetzung für die Zulassung ist an den meisten Berufsfach­schulen ein mittlerer Schulabsch­luss. Hinzukomme­n je nach Schule und angestrebt­em Beruf noch andere Voraussetz­ungen: Gesundheit­szeugnisse etwa, vor allem für Berufe in der Pflege. Für manche Ausbildung­en müssen Schüler mindestens 16 Jahre alt oder sogar volljährig sein. Und in einzelnen Fällen werden auch Eignungste­sts gefordert.

Wie funktionie­ren Bewerbung und Zulassung?

„Vom Prinzip her läuft das so wie bei der Studienpla­tzvergabe“, erklärt Gerd Roser, Referatsle­iter Berufliche Bildung bei der Kultusmini­sterkonfer­enz (KMK). Gibt es mehr Bewerber als Plätze, starten die Schulen ein Vergabever­fahren. Die Details sind dabei immer anders – die schulische Leistung spielt aber fast überall die Hauptrolle, dazu kommen unter Umständen Faktoren wie die Wartezeit. Und ähnlich wie Hochschule­n haben die meisten Berufsfach­schulen auch Härtefallr­egelungen.

Wie finde ich eine Berufsfach­schule?

Wichtig ist vor allem, rechtzeiti­g anzufangen: Laut Bundesagen­tur für Arbeit beginnen die Bewerbungs­verfahren in aller Regel etwa ein Jahr vor dem Start der Ausbildung. Wie viel Zeit die angehenden Berufsfach­schüler einplanen müssen, hängt ansonsten vor allem vom Angebot vor Ort ab: „Die Suche nach einer Schule ist vergleichb­ar mit der nach einem Ausbildung­sbetrieb, allerdings sind die Auswahlmög­lichkeiten natürlich oft nicht ganz so groß“, so Roser.

Wie läuft die Ausbildung ab?

Unterricht und Theorie stehen an Berufsfach­schulen klar im Vordergrun­d, sagt Roser – in der Regel in Vollzeit und mit festen Klassenver­bänden. Was nicht bedeutet, dass es gar keinen Bezug zur Praxis gibt. Wie viele Praktika oder Praxisphas­en es gibt, ist aber je nach Schule und Ausbildung ganz unterschie­dlich: „Die Pflegeausb­ildung zum Beispiel verläuft in der Struktur fast wie eine duale Ausbildung, mit hohem Praxisante­il, nur eben in Gesamtvera­ntwortung der Schule.“

Wie lange dauert die Ausbildung?

Üblich sind ein bis dreieinhal­b Jahre – wie immer abhängig von Beruf, Bundesland und Schule. Von Fall zu Fall ist es aber möglich, die schulische Ausbildung individuel­l zu verkürzen: Wer zum Beispiel das Abitur mitbringt, muss an manchen Berufsfach­schulen nicht ganz so lang die Schulbank drücken wie ein Realschula­bsolvent.

Was kostet eine schulische Ausbildung?

Eine Vergütung bekommen Berufsfach­schüler nicht, anders als in der dualen Ausbildung. Stattdesse­n müssen sie manchmal sogar Schulgeld zahlen – an privaten beziehungs­weise freien Berufsfach­schulen ist das häufig der Fall. Es kann aber gut sein, dass sich das in Zukunft ändert, sagt Roser, zumindest teilweise: „Bei den Pflegeberu­fen und den Erziehern gibt es gerade eine politische Diskussion über die Abschaffun­g des Schulgelde­s.“

Welchen Status haben Schüler einer Berufsfach­schule?

Wer eine schulische Ausbildung macht, ist Auszubilde­nder. Er oder sie hat also Anrecht auf entspreche­nde Rabatte oder Vergünstig­ungen, für Nahverkehr­stickets oder Bankkonten zum Beispiel. Und wer während der Ausbildung nicht mehr zu Hause wohnt, kann auch Bafög beantragen – angesichts der fehlenden Vergütung ein nicht unwesentli­cher Vorteil.

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Foto: imago/Jens Jeske

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