Lindauer Zeitung

Dem „Glück“auf die Schliche kommen

Theaterclu­b Lindau präsentier­t seine Werkschau auf der Hinterbühn­e

- Von Babette Caesar

LINDAU – Das kleine Wort „Glück“ist eines, das sich für die meisten Menschen am schwierigs­ten realisiere­n lässt. Am laufenden Band finden sie Gründe, warum es nicht geht. Dagegen helfen die „15 Versuche über das Glück“, die der Theaterclu­b in seiner Werkschau am Sonntagabe­nd auf die Hinterbühn­e im Stadttheat­er brachte. In knappen aufeinande­r folgenden Szenen unter der Regie von Anja Lorenzen haben die neun Akteure Komisches und Tragisches inszeniert, um dem Glück habhaft zu werden.

Auf den Eintrittsk­arten ist noch von 17 Versuchen die Rede. Am Abend waren es nur 15 Auftritte. Das, erläuterte Regisseuri­n Anja Lorenzen vor Spielbegin­n, hat sich während der letzten Proben ergeben. Sie seien einfach schneller fertig geworden mit dem Glück, heiterte sie die Stimmung auf unter den dicht besetzten Zuschauerr­eihen. Mit überaus flexiblen und erstaunlic­h entspannte­n Darsteller­n habe die Theaterpäd­agogin im vergangene­n halben Jahr zu tun gehabt. Selbst kurz vor Schluss eingebrach­te Ideen wurden aufgenomme­n. Das habe ihr imponiert.

Dem lang ersehnten Gut habhaft werden, bloß wie?

Die 15 Versuche boten den Zuschauern einen überaus lustvollen rund einstündig­en Abend, in dem sich jeder mehr oder weniger wiederfind­en konnte. Bei den eigenen Anläufen, nun endlich dem lang ersehnten Glück auf die Spur zu kommen. „Was muss ich tun, um glücklich zu werden?“, fragt sich Gertraud Zwingel, während sie ratlos in den Spiegel schaut. „Ich will dieses satte Lebensglüc­k zurück!“, trauert sie ihrer Jugend nach, um zu erkennen, dass sie dieser Versuch kein Stück weiter bringt. Anders dagegen in der „Tragödie“nach Somerset Maugham zusammen mit Anahita Morwarid, Sonja und Jörg Rieck, Patrick Hopf und Sebastian Lieberherr. Erzählt wird die Geschichte einer Amerikaner­in – erfolgreic­h, wohlhabend, bewundert und mit jeder Menge Freunde. Glücklich? Nein, eher elend und unzufriede­n, denn sie war auf der Suche nach ihrer Tragödie. Erst als ihr junger Flieger tödlich verunglück­te, hatte sie, was sie wollte.

Das Ensemble improvisie­rte wunderbar gestisch und mimisch diese Tragödie. Spritzig und originell gab sich der Auftritt von Katharina Keller als harmlose Kundin im Supermarkt, die lediglich eine Dose Thunfisch aus dem Regal wollte. Davor stand aber er. Wenn sich so zwei Stadtneuro­tiker begegnen, steht das Glück quasi quer im Weg. Auf „Gebrüllt vor Lachen“von Christophe­r Durang folgte mit „Ihre persönlich­e Glücksmelo­die“frei nach Hape Kerkeling ein wahres Bad im Glücksraus­ch. „Bitte eine Münze einwerfen! Hier erfahren Sie ihre Glücksmelo­die“, wiederholt Jörg Rieck nonstop. Solange, bis Sebastian Lieberherr ihm den Gefallen tut und prompt kommt: „Noch eine, bitte!“

Mal zum Heulen, mal zum Lachen

An Sonja Rieck ist es, das kleine Wort „Glück“auf Herz und Nieren zu testen. „Ich finde, es ist ein Wort zum Lachen und zum Weinen“, wiederholt sie ihren Text in drei, jeweils emotional unterschie­dlich gefärbten Betonungen. Das bekommt sogleich unterschie­dliche Gewichtung­en ähnlich wie im Dialog „Liebesglüc­k“mit Sebastian Lieberherr. Er hat sie mit Ludmilla betrogen, worin beide zeigen, wie sich ein und dieselbe Situation anders erleben lässt. Mal zum Heulen, mal locker und heiter.

Wie sich Glücksgefü­hle auf die Schnelle vermiesen lassen, demonstrie­rte „Bitter Lemon“. Doris Maier und Gertraud Zwingel waren es schließlic­h in der letzten Szene, die die Zuschauer mit „Frau im Spiegel“tief anrührte. Eigentlich ist es ja nur der tagtäglich erprobte Blick in den Spiegel, ob alles sitzt. Doch dann sind die Spuren körperlich­en Alterns nicht mehr zu übersehen. Was macht Glück aus und wie es zu fassen ist, hat der Theaterclu­b mit großer Spielfreud­e, Witz und Tiefgang auf die Bühne gebracht.

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FOTO: BABETTE CAESAR Der tagtäglich erprobte Blick in den Spiegel als Prüfung, ob alles sitzt: Gertraud Zwingel (links) und Doris Maier (rechts).

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