Bund verbietet Osmanen Germania
Seehofer sieht Gefahr für Allgemeinheit – Rockerbande soll mit Erdogan verbandelt sein
BERLIN (AFP) - Das Bundesinnenministerium hat die Rockergruppe Osmanen Germania BC verboten. Der Gruppe und all ihren Teilorganisationen seien alle Tätigkeiten untersagt worden, teilte das Ministerium am Dienstag in Berlin mit. Von dem Verein geht demnach eine schwerwiegende Gefährdung für individuelle Rechtsgüter und die Allgemeinheit aus. Der Verbotsanordnung folgten Razzien gegen Mitglieder der Gruppe – auch in Baden-Württemberg und Bayern.
BERLIN/MÜNCHEN (dpa/sz) - Gut drei Jahre nach ihrer Gründung hat Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) die rockerähnliche Gruppe Osmanen Germania BC verboten. „Von dem Verein geht eine schwerwiegende Gefährdung für individuelle Rechtsgüter und die Allgemeinheit aus“, erklärte das Ministerium in Berlin. Zweck und Tätigkeit der Osmanen Germania liefen den Strafgesetzen zuwider.
Gut 90 Einsatzkräfte hätten die Verbotsverfügung des Ministers am Dienstag allein in Baden-Württemberg zugestellt, teilte das Innenministerium in Stuttgart mit. In Bayern wurde die Wohnung des „Präsidenten“der bayerischen Osmanen im Landkreis Günzburg durchsucht, verschiedene Beweismittel wurden sichergestellt. Auch in RheinlandPfalz und Hessen durchsuchten Beamte mutmaßliche Räume der Osmanen.
Herrmann: „Empfindlicher Schlag“
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) begrüßte das Verbot. „Das ist ein empfindlicher Schlag gegen eine schwerkriminelle Rockergruppierung. Wir gehen konsequent und mit aller Entschlossenheit gegen gewaltbereite und gefährliche Rocker vor“, sagte er. Mit dem Verbot dürfen keine Symbole der Gruppe mehr in der Öffentlichkeit gezeigt werden. „Damit verbannen wir wichtige Identifikationsmerkmale der Rocker und deren martialische Symbole der Einschüchterung aus der Öffentlichkeit“, sagte Herrmann.
Der Club Osmanen Germania wurde 2015 in Hessen gegründet und galt zeitweise als am schnellsten wachsende rockerähnliche Gruppe in Deutschland. Zuletzt wurden 16 Chapter genannte Ortsvereine mit mindestens 300 Osmanen-Rockern bundesweit gezählt – sechs Chapter und etwa 100 Mitglieder davon in Baden-Württemberg. In Bayern gab es ein Chapter mit 15 Mitgliedern.
Im Frühjahr 2016 waren die Osmanen nach LKA-Angaben erstmals in Baden-Württemberg in Erscheinung getreten. Zunächst durch Schlägereien mit Kurdischstämmigen am Rande von Demonstrationen, bald darauf auch durch gezielte Angriffe auf die kurdische Straßenbande Bahoz – die dies meist mit nicht minder brutalen Angriffen vergalt, zunächst im Raum Stuttgart, im Sommer dann auch in der Region Ludwigsburg. In Ulm griffen mutmaßlich Bahoz-Mitglieder am Schwörmontag 2016 einen türkischen Imbiss an, der den Osmanen als Treffpunkt diente.
Neben Kurden und ihren Sympathisanten gingen die Osmanen im Südwesten vor allem gegen Abtrünnige aus den eigenen Reihen vor: So sollen Osmanen laut Staatsanwaltschaft in Herrenberg bei Stuttgart ein ranghohes Mitglied, das aus dem Verein aussteigen wollte, in einen Hinterhalt gelockt haben. Drei Tage sollen die Männer ihr Opfer malträtiert, ihm die Zähne ausgeschlagen und ihm ins Bein geschossen haben, bevor er sich befreien konnte.
Einsatz in Flüchtlingsheimen
Von Ende 2015 bis Ende 2016 waren im Landkreis Lörrach mehrere Osmanen als Wachmänner in Flüchtlingsheimen tätig. Über Umwege bekamen sie so staatliches Geld. Nach Angaben des Kreises erhielten sie die Aufträge ohne sein Wissen – wohl von einem Sub-Subunternehmer.
Um koordiniert gegen die gewaltsamen Banden vorzugehen, gründete das LKA Baden-Württemberg im Dezember 2016 die Ermittlungsgruppe (EG) „Meteor“. Rund 20 Beamte von LKA, Bundespolizei und den Polizeipräsidien in Stuttgart und Ludwigsburg zogen die Ermittlungen zu allen Strafverfahren im Südwesten im Raum Stuttgart und Ludwigsburg an sich, bei denen sie eine Beteiligung von Osmanen oder Bahoz vermuteten. Mehr als 120 Verfahren und 34 Haftbefehle folgten aus den Ermittlungen der EG „Meteor“.
Unter anderem dem sogenannten Osmanen-Weltpräsidenten, seinem Vize und einem für die innere Disziplin zuständigen Mitglied wird auf Grundlage der „Meteor“-Ermittlungen derzeit in Stuttgart-Stammheim der Prozess gemacht. Seitdem sie im vergangenen Sommer verhaftet wurden, ist es im Südwesten ruhiger geworden um die Osmanen.