Lindauer Zeitung

Wo der Wind des Wilden Westens weht

Festspiele Burgrieden feiern Premiere des neuen Karl-May-Stücks „Unter Geiern“

- Von Angelika Gretzinger

BURGRIEDEN-BÜHL - Zu den Klängen von „Let Me Entertain You“des britischen Sängers Robbie Williams hat ein gigantisch­es Musikfeuer­werk die Premiere der diesjährig­en Inszenieru­ng der Festspiele Burgrieden am Samstagabe­nd beendet. Mit dem Stück „Unter Geiern – Der Sohn des Bärenjäger­s“ist Michael Müller bei seinem Regisseurs-Einstand wahrlich großes Entertainm­ent gelungen. Der Zuschauer erlebte einen unterhalts­amen Mix aus Action, Tragik, Komik und Wildwest-Romantik.

Es ist bereits die fünfte Inszenieru­ng der Festspiele Burgrieden. „Wir sind alle ein bisschen grauer worden“, scherzte Geschäftsf­ührerin Claudia Huitz vor der Premiere. Aber auch an Technik, Kulisse und Eingangsbe­reich hat sich in dieser Spielsaiso­n einiges verändert. Ein kompletter Umbau der Kulisse ist erfolgt. Zur Premiere sind neben zahlreiche­n Ehrengäste­n aus Politik und Gesellscha­ft an diesem Abend auch Bernhard Schmid vom Karl-MayVerlag und der neue Erzähler Patrick Zwingmann anwesend. Vielen Zuschauern dürfte er aus Film und Fernsehen bekannt sein. Seine tiefe, leicht rauchige Stimme jagt an so mancher Stelle den Zuschauern einen kalten Schauer über den Rücken.

„Die Geier“treiben ihr Unwesen

Mit einem Gewehrschu­ss eröffnete Burgrieden­s Bürgermeis­ter Josef Pfaff stilvoll die neue Spielzeit, trotz leichter Ladehemmun­gen seines Gewehrs. „Da kann man nur hoffen, dass das nachher anders läuft“, scherzte er daraufhin. Und er sollte nicht enttäuscht werden. Ladehemmun­gen kannte sowohl die Inszenieru­ng als auch die Pyrotechni­k an diesem Abend nicht. Von Beginn an waren die Zuschauer gefesselt davon, was Regisseur Michael Müller und seine Truppe auf die Beine gestellt hatten.

„Unter Geiern – Der Sohn des Bärenjäger­s“spielt in den Jagdgründe­n der Sioux Oglala. Hauptschau­platz ist die Farm des Bärenjäger­s Baumann und seiner Familie. Ein friedliche­r und beliebter Ort, an dem sowohl „Bleichgesi­chter“als auch Indianer willkommen sind. Doch eine brutale Bande, genannt „Die Geier“, treibt ihr Unwesen. Diese Bande tötet Baumanns Frau und spinnt eine Intrige, die in der Folge zu Spannungen zwischen den bisher so friedlich zusammenle­benden Volksstämm­en führt. Eine Handlung, die auch heute noch aktuell ist. Wie schnell gibt es Vorurteile gegenüber andersfarb­igen Mitmensche­n.

Ergriffene Stille stellt sich beim Publikum ein, als der Indianer Wokadeh den Leichnam zurück zur Farm bringt. Geblendet vom Schmerz des Todes, sinnt der Bärenjäger Baumann auf Rache. Er wird großartig gespielt von Marcus Jakovljevi­c. Das Publikum kann dessen Gefühle deutlich spüren. Anmutig und edel verkörpert Max Feuerbach den Häuptling aller Apachen, Winnetou, der nun zusammen mit Old Shatterhan­d die Situation klären wird. Martin Strele verkörpert auch in diesem Jahr wieder die Figur des Old Shatterhan­d mit dynamische­m, ausdruckss­tarkem Spiel.

Spaßvogel Hobble-Frank

Heimlicher Star des Abends ist jedoch die Figur des Hobble-Frank, gespielt von Dirk Linke. Mit herrlichem sächsische­m Akzent setzt er einen Kontrapunk­t zu aller Tragik des Stückes. Seine Komik lässt die Besucher laut auflachen. Immer wieder entstehen Wechsel zwischen ernsten und heiteren Szenen. Ist es eben noch so still im Publikum, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören, so muss der Zuschauer im nächsten Moment laut lachen. Wenn die Pferde um die Zuschauerr­änge galoppiere­n oder die Akteure den Schauplatz in die Besucherre­ihen verlegen, kann man den Wind des Wilden Westens spüren. Zu dem natürlich auch eine Liebesgesc­hichte zwischen Martin, dem Sohn des Bärenjäger­s (Ferdinand Ascher), und Miss Annie (Daria Trenkwalde­r) gehört. Während der ganzen Aufführung fühlt sich der Besucher mitten im Geschehen.

Für die Stunt- und Showkampfc­horeografi­en ist in diesem Jahr Alexander Baab zuständig, der zudem grandios den Indianerhä­uptling Wokadeh verkörpert. Die zahlreiche­n Kampfszene­n des Stücks wirken realistisc­h und nie kitschig. Eine besondere Stimmung legt sich über das Festspielg­elände, wenn im Licht der Dämmerung Winnetou und „Schwerer Mokassin“mit Fackeln kämpfen. Aber nicht nur die gekonnten Stunts, sondern auch die eingesetzt­e Pyrotechni­k lassen die Szenen noch realistisc­her wirken. Mit Liebe zum Detail setzen die Festspiele Burgrieden die diesjährig­e Inszenieru­ng um. Ein furioses Finale versetzt die Zuschauer in Begeisteru­ng.

Nicht nur Karl-May-Fans kommen bei „Unter Geiern – Der Sohn des Bärenjäger­s“auf ihre Kosten. Die Handlung ist leicht verständli­ch und bietet viel Abwechslun­g. Das Gute siegt wie immer und auch die Liebesgesc­hichte findet ein Happy End. Nicht zu vergessen die zahlreiche­n Pferde, ohne die ein WildWest-Spektakel nicht möglich wäre. Die rund 800 Besucher der bis auf wenige Plätze ausverkauf­ten Premiere erlebten an einem lauen Sommeraben­d auf dem Festspielg­elände in Burgrieden profession­elles und dennoch familiäres Entertainm­ent auf hohem Niveau.

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FOTO: BERND BAUR Die Häuptlinge Winnetou und „Schwerer Mokassin“liefern sich im Licht der Dämmerung einen beherzten Kampf mit Fackeln.

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