Windkraftausbau stockt
Grüne fordern Abschaffung der bisherigen Regelung
MÜNCHEN (lby) - Seit Windräder in Bayern einen Mindestabstand zu Wohnhäusern haben müssen, ist der Windkraftausbau drastisch zurückgegangen. Heuer wurden bis Ende März acht Anlagen in Betrieb genommen. Im vergangenen Jahr waren es noch 111. Das geht aus der Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Landtagsanfrage der Grünen hervor.
Die Zahl der Genehmigungsanträge für neue Windräder wird voraussichtlich etwas steigen, ist jedoch weit von früheren Zahlen entfernt. Bis Ende März 2018 wurde den Angaben nach noch keine einzige Anlage genehmigt. 2017 waren es bayernweit sieben Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von 22,6 Megawatt. Zum Vergleich: Im Jahr zuvor waren es noch 73 Anlagen mit insgesamt 210 Megawatt, im Jahr des Inkrafttretens der 10H-Regelung 2014 sogar 244 Windräder mit fast 640 Megawatt.
Anlagen warten auf Genehmigung
Im ersten Quartal dieses Jahres wurden in Bayern acht Anlagen neu beantragt, 2017 waren es im gesamten Jahr acht. Allerdings stehen noch Anlagen in den Startlöchern: So sind dem Ministerium zufolge 45 Anlagen genehmigt, aber noch nicht in Betrieb. Zudem warten 51 geplante Windenergieanlagen noch auf eine Genehmigung. Bayern folgt damit nicht dem bundesweiten Trend. In Deutschland hat der Ausbau der Windenergie dem Bundesverband Windenergie zufolge um rund 15 Prozent zugelegt. 2017 war damit das bisher ausbaustärkste Jahr.
In Bayern gilt seit Februar 2014 die sogenannte 10H-Regelung. Die besagt, dass der Mindestabstand eines Windrads zur nächsten Wohnsiedlung mindestens das Zehnfache der Bauhöhe betragen muss – bei einer Rotorhöhe von 200 Metern also zwei Kilometer. Damit ist der Bau neuer Windkraftanlagen in Bayern sehr erschwert worden. Weitere Hürden seien „teils unsinnige und fachlich nicht begründete Naturschutz-Anforderungen“des Genehmigungsverfahrens, sagte Raimund Kamm, der Landesvorsitzende des Bundesverbands Windenergie. Eine dritte Barriere ist die seit zwei Jahren gesetzlich vorgeschriebene Beteiligung an einer Ausschreibung. Wer am wenigsten Subventionen pro Kilowattstunde Strom verlangt, erhält dann den Zuschlag. „Das führt dazu, dass die süddeutschen Standorte kaum Zuschläge bekommen“, weil die windstarken norddeutschen bessere Angebote machen, so Kamm weiter. „Wir haben in der Tat fast einen Stillstand beim Ausbau der Windkraft in Bayern“, lautet Kamms Fazit deshalb.
Die Landtags-Grünen forderten eine Abschaffung der 10H-Regelung. „Mit der unsinnigen 10H-Regelung hat die CSU die Windkraft in Bayern waidwund geschossen. Das Ausschreibungsmodell der Groko im Bund hat ihr dann noch den Fangschuss gegeben. Die Windkraft in Bayern ist nach ihren Blütejahren bis 2013 nun endgültig tot“, sagte Grünen-Energieexperte Martin Stümpfig dazu. Die Regelung müsse abgeschafft und eine Regionalquote bei den Ausschreibungen für Süddeutschland eingeführt werden, „damit das Erfolgsmodell Windkraft auch bei uns in Bayern wieder funktioniert“.