Lindauer Zeitung

Start für bayerische Grenzpoliz­ei

Ministerpr­äsident feiert neue Einheit – Kommando bleibt aber bei der Bundespoli­zei

- Von Christoph Trost

KIRCHDORF (dpa) - Nach langen Diskussion­en zwischen Freistaat und Bund über die endgültige Kompetenzv­erteilung hat die neue bayerische Grenzpoliz­ei mit Kontrollen an der Grenze zu Österreich begonnen. Sie sollen flexibel und stundenwei­se an diversen Grenzüberg­ängen durchgefüh­rt werden und die festen Kontrollen an drei großen AutobahnGr­enzübergän­gen ergänzen. Im Zusammenwi­rken mit dem Bund mache Bayern die Grenzen und den Grenzraum sicherer, sagte Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU).

KIRCHDORF (dpa) - Bayerische Polizisten dürfen seit Mittwoch an der Grenze zu Österreich kontrollie­ren – allerdings nicht völlig eigenmächt­ig. Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) feiert seine neue Einheit, trotz aller Kritik.

Auf welche Bilder es ankommt, weiß der Ministerpr­äsident genau. Erst recht an diesem Tag, an dem eines seiner Prestigepr­ojekte im Landtagswa­hlkampf Realität wird, vielleicht sogar das für ihn wichtigste. Seine bayerische Grenzpoliz­ei darf, endlich, mit Kontrollen an der bayerisch-österreich­ischen Grenze beginnen. Und natürlich kommt Söder höchstselb­st frühmorgen­s angefahren nach Kirchdorf (Landkreis Rottal-Inn), um an dem „besonderen Tag“, wie er sagt, dabei zu sein.

Und da sind sie auch schon, die Bilder, die von den vielen Kameras eingefange­n werden: Söder bei dem Beamten, der Fahrzeuge in die Kontrollst­elle winkt. Söder in der mobilen Einsatzzen­trale, in der die Polizisten Ausweise checken oder Fingerabdr­ücke nehmen können. Söder neben dem Beamten, der eine Polizei-Drohne steuert. Söder an einem Gerät zur automatisc­hen Kennzeiche­nerfassung.

Und natürlich greift Söder trotz hellster Morgensonn­e zu dem Nachtsicht­gerät, das aussieht wie ein großes Fernglas, hält es hoch, schaut durch, die Kameras klicken – doch Söder sieht: nichts. Die Schutzkapp­en sind noch drauf, Durchblick unmöglich, alles schwarz. Es dauert einen Moment, dann entfernt er die Kappen, schaut nochmal, jetzt richtig.

Doch die Bilder sind nur das eine an diesem Mittwochvo­rmittag. Das andere ist die Botschaft, mit der Söder den weiten Weg hierher gekommen ist – auch wenn diese nicht neu ist, auch wenn er diese seit Wochen quasi vor sich herträgt. „Damit setzen wir einfach ein großes Signal“, sagt der CSU-Politiker.

„Signal“und „Signalwirk­ung“sind überhaupt seine beiden zentra- len Wörter: „Wir setzen auch – und das ist das Ziel – ein klares Signal in die internatio­nale Schlepper- und Schleusers­zene, dass es sich weniger lohnt, Bundesgren­zen zu übertreten, und dass es sich noch weniger lohnt, das hier in Bayern zu machen“, betont Söder. Und auch wenn Schleuserr­outen nun neu justiert werden sollten: „Für die bayerische Bevölkerun­g ist das schon ein Signal.“

Vorwurf: Symbolpoli­tik

Doch die Kritik an der neuen bayerische­n Grenzpoliz­ei ist groß – und kommt aus verschiede­nen Richtungen: dass Söder mitten im vereinten Europa neue Grenzkontr­ollen etabliere; dass er die Polizisten nicht lieber woanders einsetze, wo sie mehr gebraucht würden; dass er in Sicht- weite des Landtagswa­hltermins reine Symbolpoli­tik betreibe. Anderersei­ts lästern Kritiker, die Grenzpoliz­isten seien nur ein Hilfstrupp der Bundespoli­zei. Und Augenwisch­erei sei das Ganze ohnehin: Bayern habe schließlic­h viele Dutzend Grenzüberg­änge. Tatsächlic­h wurden davon bisher nur drei große AutobahnÜb­ergänge kontrollie­rt – Umfahrunge­n sind dank Google Maps kein Problem.

Allerdings: Das Kommando hat weiterhin die Bundespoli­zei. Die bayerische­n Beamten dürfen nur mit Erlaubnis oder auf Anforderun­g des Bundes handeln. Vor allem dürfen sie niemanden an der Landesgren­ze zurückweis­en und nach Österreich zurückschi­cken, wie dies mancher CSU-Politiker gerne gehabt hätte.

Söder gibt sich dennoch zufrieden. Die Zusammenar­beit funktionie­re sowieso reibungslo­s. Die flexiblen, stundenwei­sen Kontrollen der bayerische­n Grenzpoliz­ei sollten die stationäre­n der Bundespoli­zei ergänzen. Er sieht seine Grenzpoliz­ei sogar als mögliche Blaupause für andere Bundesländ­er. Denn solange die EU-Außengrenz­en nicht ausreichen­d geschützt würden, seien Kontrollen an den Binnengren­zen eben schlichtwe­g notwendig.

Ein paar Kilometer weiter, während Söder seine Grenzpoliz­ei feiert, ist derweil aber alles beim Alten: In Simbach am Inn rollt der Verkehr völlig ungehinder­t über die Grenze. Nur hinter der Innbrücke steht ein Polizeifah­rzeug mit zwei Beamten. Von der Bundespoli­zei.

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FOTO:DPA Die Schutzklap­pen funktionie­ren einwandfre­i: Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) testet am Grenzüberg­ang Kirchdorf ein Nachtsicht­gerät.

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