Der Rundfunkbeitrag bleibt erhalten
Karlsruhe kippt nur die doppelte Abgabe für Zweitwohnungsbesitzer – Kritik von der FDP
KARLSRUHE/BERLIN - Das Bundesverfassungsgericht hat den Rundfunkbeitrag am Mittwoch für grundsätzlich verfassungskonform erklärt. An der Abgabe von 17,50 Euro pro Monat und Haushalt für ARD, ZDF und Deutschlandradio wird nicht gerüttelt. Die einzige Änderung: Wer zwei Wohnungen hat, darf nicht doppelt belastet werden. Dies müssen die Bundesländer nun bis zum 30. Ju- ni 2020 neu regeln. Für die meisten Beitragszahler und auch für Unternehmen bleibt somit alles wie gehabt. Die Debatte über den Rundfunkbeitrag hält jedoch an. Seitens der Opposition gab es Kritik.
Katja Suding, die stellvertretende FDP-Vorsitzende, warnte davor, die Karlsruher Entscheidung als Persilschein für ARD und ZDF zu sehen. „Das Urteil darf nicht als ein ,Weiter so‘ verstanden werden“, sagte sie am Mittwoch der „Schwäbischen Zeitung“. „Wir sollten es zum Anlass nehmen, um nun über Struktur, Auftrag und Finanzierung des öffentlichrechtlichen Rundfunks zu reden. Die FDP fordert eine grundlegende Reform. Nur so findet der Rundfunkbeitrag auch in Zukunft Akzeptanz.“Andere FDP-Politiker hatten zuvor angeregt, die Abgabe künftig zu halbieren. Seitens der AfD gibt es die Forderung, den Rundfunkbeitrag ganz abzuschaffen.
Diesem Ansinnen erteilte der Vorsitzende Richter Ferdinand Kirchhof am Mittwoch eine Absage. Er sagte, die 17,50 Euro pro Monat seien „angesichts des Angebots nicht zu beanstanden“. Die Richter nahmen die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten jedoch im Urteil in die Pflicht, verantwortungsvollen Journalismus zu bieten und Vielfalt zu sichern.
Die Chefs der Sender waren erleichtert. ZDF-Intendant Thomas Bellut sprach von einem „guten Tag“für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, ARD-Chef Ulrich Wilhelm von einem „wegweisenden Urteil“.
KARLSRUHE (dpa) - Früher die „GEZGebühr“, heute der Rundfunkbeitrag: Dass in Deutschland jeder seinen Teil zur Finanzierung der öffentlichrechtlichen Sender beitragen muss, passt nicht allen. Ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts nimmt den Kritikern den Wind aus den Segeln. Inhaber von Zweitwohnungen dürfen aber nicht doppelt belastet werden. Fragen und Antworten von Anja Semmelroch und Anika von Greve-Dierfeld.
Was ist anders mit dem neuen Rundfunkbeitrag?
Seit 2013 wird pauschal für jede Wohnung kassiert – egal, wie viele Leute dort leben und ob sie überhaupt einen Fernseher haben oder ein Radio. Immer mehr Menschen nutzen die Angebote mobil übers Internet. Pro Wohnung werden im Moment 17,50 Euro im Monat fällig. Auch Unternehmen müssen zahlen – ob viel oder wenig hängt davon ab, wie viele Dienstwagen und Mitarbeiter sie an wie vielen Standorten haben. Für Hotelzimmer wird ebenfalls kassiert. Privatwagen kosten nichts. Wer allein lebt, zahlt mehr als jemand in einer WG, die alleinerziehende Mutter mehr als das Doppelverdiener-Paar.
Was sagen die Verfassungsrichter?
Sie betonen die große Bedeutung eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit sorgfältig recherchierten Informationen – erst recht in Zeiten von Twitter, Algorithmen-gesteuerten Suchergebnissen im Internet und „Fake News“. Das Angebot der Sender mit fast 90 bundesweiten Programmen stehe jedem offen. Eine ExtraBelastung von 17,50 Euro im Monat sei dem angemessen. Auch Unternehmen werden laut Urteil zurecht zur Kasse gebeten. So profitiere der Autorvermieter Sixt davon, dass seine Kunden den Verkehrsfunk hören könnten. Ein Auto ohne Radio lasse sich gar nicht oder nicht so teuer vermieten.
Und die Ungerechtigkeiten?
Bewegen sich nach Auffassung der Richter noch im zulässigen Rahmen. Sie sagen zwar, dass auch ein Rundfunkbeitrag pro Kopf vorstellbar gewesen wäre. Die Erhebung je Wohnung sei aber auch eine Möglichkeit. Im ungünstigsten Fall muss ein Single die 17,50 Euro allein aufbringen. Das sei nicht zuviel angesichts der Leistung, die er bekomme. Eine bestimmte Gruppe wird durch das Modell aber tatsächlich zu stark benachteiligt: Menschen mit Erst- und Zweitwohnsitz, die gleich doppelt bezahlen müssen.
Was bedeutet das Urteil für Menschen mit mehr als einer Wohnung?
Sie können sich auf Entlastung freuen. Die Länder haben zwar bis Mitte 2020 Zeit, um die Regelung nachzubessern. Wer für seine Hauptwohnung den Rundfunkbeitrag zahlt, kann aber ab sofort einen Antrag stellen und sich von weiteren Beiträgen befreien lassen. Geld, das seit 2013 kassiert wurde, gibt es allerdings nicht mehr zurück. Nur Beitragszahler, die noch einen Widerspruch gegen ihren Bescheid laufen haben, können sich rückwirkend befreien lassen.