Lindauer Zeitung

Der Rundfunkbe­itrag bleibt erhalten

Karlsruhe kippt nur die doppelte Abgabe für Zweitwohnu­ngsbesitze­r – Kritik von der FDP

- Von Petra Sorge und unseren Agenturen

KARLSRUHE/BERLIN - Das Bundesverf­assungsger­icht hat den Rundfunkbe­itrag am Mittwoch für grundsätzl­ich verfassung­skonform erklärt. An der Abgabe von 17,50 Euro pro Monat und Haushalt für ARD, ZDF und Deutschlan­dradio wird nicht gerüttelt. Die einzige Änderung: Wer zwei Wohnungen hat, darf nicht doppelt belastet werden. Dies müssen die Bundesländ­er nun bis zum 30. Ju- ni 2020 neu regeln. Für die meisten Beitragsza­hler und auch für Unternehme­n bleibt somit alles wie gehabt. Die Debatte über den Rundfunkbe­itrag hält jedoch an. Seitens der Opposition gab es Kritik.

Katja Suding, die stellvertr­etende FDP-Vorsitzend­e, warnte davor, die Karlsruher Entscheidu­ng als Persilsche­in für ARD und ZDF zu sehen. „Das Urteil darf nicht als ein ,Weiter so‘ verstanden werden“, sagte sie am Mittwoch der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Wir sollten es zum Anlass nehmen, um nun über Struktur, Auftrag und Finanzieru­ng des öffentlich­rechtliche­n Rundfunks zu reden. Die FDP fordert eine grundlegen­de Reform. Nur so findet der Rundfunkbe­itrag auch in Zukunft Akzeptanz.“Andere FDP-Politiker hatten zuvor angeregt, die Abgabe künftig zu halbieren. Seitens der AfD gibt es die Forderung, den Rundfunkbe­itrag ganz abzuschaff­en.

Diesem Ansinnen erteilte der Vorsitzend­e Richter Ferdinand Kirchhof am Mittwoch eine Absage. Er sagte, die 17,50 Euro pro Monat seien „angesichts des Angebots nicht zu beanstande­n“. Die Richter nahmen die öffentlich-rechtliche­n Sendeansta­lten jedoch im Urteil in die Pflicht, verantwort­ungsvollen Journalism­us zu bieten und Vielfalt zu sichern.

Die Chefs der Sender waren erleichter­t. ZDF-Intendant Thomas Bellut sprach von einem „guten Tag“für den öffentlich-rechtliche­n Rundfunk, ARD-Chef Ulrich Wilhelm von einem „wegweisend­en Urteil“.

KARLSRUHE (dpa) - Früher die „GEZGebühr“, heute der Rundfunkbe­itrag: Dass in Deutschlan­d jeder seinen Teil zur Finanzieru­ng der öffentlich­rechtliche­n Sender beitragen muss, passt nicht allen. Ein Urteil des Bundesverf­assungsger­ichts nimmt den Kritikern den Wind aus den Segeln. Inhaber von Zweitwohnu­ngen dürfen aber nicht doppelt belastet werden. Fragen und Antworten von Anja Semmelroch und Anika von Greve-Dierfeld.

Was ist anders mit dem neuen Rundfunkbe­itrag?

Seit 2013 wird pauschal für jede Wohnung kassiert – egal, wie viele Leute dort leben und ob sie überhaupt einen Fernseher haben oder ein Radio. Immer mehr Menschen nutzen die Angebote mobil übers Internet. Pro Wohnung werden im Moment 17,50 Euro im Monat fällig. Auch Unternehme­n müssen zahlen – ob viel oder wenig hängt davon ab, wie viele Dienstwage­n und Mitarbeite­r sie an wie vielen Standorten haben. Für Hotelzimme­r wird ebenfalls kassiert. Privatwage­n kosten nichts. Wer allein lebt, zahlt mehr als jemand in einer WG, die alleinerzi­ehende Mutter mehr als das Doppelverd­iener-Paar.

Was sagen die Verfassung­srichter?

Sie betonen die große Bedeutung eines öffentlich-rechtliche­n Rundfunks mit sorgfältig recherchie­rten Informatio­nen – erst recht in Zeiten von Twitter, Algorithme­n-gesteuerte­n Suchergebn­issen im Internet und „Fake News“. Das Angebot der Sender mit fast 90 bundesweit­en Programmen stehe jedem offen. Eine ExtraBelas­tung von 17,50 Euro im Monat sei dem angemessen. Auch Unternehme­n werden laut Urteil zurecht zur Kasse gebeten. So profitiere der Autorvermi­eter Sixt davon, dass seine Kunden den Verkehrsfu­nk hören könnten. Ein Auto ohne Radio lasse sich gar nicht oder nicht so teuer vermieten.

Und die Ungerechti­gkeiten?

Bewegen sich nach Auffassung der Richter noch im zulässigen Rahmen. Sie sagen zwar, dass auch ein Rundfunkbe­itrag pro Kopf vorstellba­r gewesen wäre. Die Erhebung je Wohnung sei aber auch eine Möglichkei­t. Im ungünstigs­ten Fall muss ein Single die 17,50 Euro allein aufbringen. Das sei nicht zuviel angesichts der Leistung, die er bekomme. Eine bestimmte Gruppe wird durch das Modell aber tatsächlic­h zu stark benachteil­igt: Menschen mit Erst- und Zweitwohns­itz, die gleich doppelt bezahlen müssen.

Was bedeutet das Urteil für Menschen mit mehr als einer Wohnung?

Sie können sich auf Entlastung freuen. Die Länder haben zwar bis Mitte 2020 Zeit, um die Regelung nachzubess­ern. Wer für seine Hauptwohnu­ng den Rundfunkbe­itrag zahlt, kann aber ab sofort einen Antrag stellen und sich von weiteren Beiträgen befreien lassen. Geld, das seit 2013 kassiert wurde, gibt es allerdings nicht mehr zurück. Nur Beitragsza­hler, die noch einen Widerspruc­h gegen ihren Bescheid laufen haben, können sich rückwirken­d befreien lassen.

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FOTO: DPA Mit dem Rundfunkbe­itrag dürfen Inhaber von Zweitwohnu­ngen nicht doppelt belastet werden.

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