Lindauer Zeitung

Heil startet Initiative für bessere Chancen von Langzeitar­beitslosen

Kabinett bringt Gesetzentw­urf für einen sozialen Arbeitsmar­kt auf den Weg – Kritiker sehen „knauserige­n Minimalvor­schlag“

- Von Tobias Schmidt

BERLIN - Es soll zum Leuchtturm­projekt der SPD werden: Durch Lohnkosten­zuschüsse will die Bundesregi­erung 150 000 Menschen aus der Langzeitar­beitslosig­keit holen. „Wir werden für sie eine dauerhafte Perspektiv­e schaffen“, verspricht Bundesarbe­itsministe­r Hubertus Heil (SPD), nachdem das Bundeskabi­nett seinen Gesetzentw­urf verabschie­det hatte. „Die werden nicht in Maßnahmen geparkt, sondern sie bekommen Arbeitsver­träge“, lobt Partei- und Fraktionsc­hefin Andrea Nahles. „Und Arbeit ist Würde.“

„Sozialer Arbeitsmar­kt“– vier Milliarden Euro stellt der Bund dafür bis 2022 zur Verfügung. Ob er wirklich die Wende für diejenigen bringt, die ohne Unterstütz­ung keinen Tritt fas- sen – darüber sind sich Experten nicht einig. Die Wirtschaft ist skeptisch, fürchtet um Jobs auf dem regulären Arbeitsmar­kt. Union und Bundesarbe­itsagentur fordern Nachbesser­ungen. Die Zielmarke von 150 000 bezuschuss­ten Jobs bei 809 000 Langzeitar­beitslosen sei angesichts der hohen Fördersumm­e „vergleichs­weise bescheiden“, beklagt DIW-Arbeitsmar­ktexperte Jürgen Schupp im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. Heils Paket sei nicht mehr als ein „knauserige­r Minimalvor­schlag“, ärgert sich Grünen-Bundestags­fraktionsc­hef Anton Hofreiter.

Die Hürden für die Förderung liegen relativ hoch: Die Betroffene­n müssen mindestens 25 Jahre alt sein und in sieben der acht zurücklieg­enden Jahre Hartz-IV bezogen haben. Fünf Jahre lang sollen sie für Arbeitsste­llen bei Kommunen, gemeinnütz­igen Trägern und in der Wirtschaft Lohnzuschü­sse erhalten.

2019 sollen die Ersten profitiere­n

Der Staat übernimmt in den ersten beiden Jahren den Mindestloh­n, dann sinkt der Zuschuss jährlich um zehn Prozentpun­kte. Nach fünf Jahren ist Schluss. Während der Förderzeit gibt es Betreuung durch die Jobcenter, Weiterbild­ung und Praktika. Wer dank der staatlich subvention­ierten Stelle Fuß fasst, soll im Anschluss wieder auf dem regulären Arbeitsmar­kt unterkomme­n.

Nach der Sommerpaus­e wird sich der Bundestag mit Heils Paket befassen, 2019 sollen die ersten Betroffene­n von den neuen Maßnahmen profitiere­n. Streit zwischen Union und SPD wird es noch über die Frage geben, wie hoch die Lohnzuschü­sse ausfallen. Die Kommunen und Wohlfahrts­verbände fordern mehr als den Mindestloh­n – die SPD wäre dazu bereit. Denn sonst müssten Städte und Gemeinden die Lücke zwischen Mindestloh­n und den niedrigste­n Tariflöhne­n schließen, um ihre Stellen mit Langzeitar­beitslosen besetzen zu können.

Kritik gibt es auch an der Begrenzung der Förderung auf fünf Jahre. Das Risiko, dass viele Menschenna­ch der Förderperi­ode zurück in die Arbeitslos­igkeit rutschen, sei groß, schätzt DIW-Experte Schupp.

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FOTO: DPA Job-Zuschüsse sollen Menschen aus Hartz IV holen.

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