Lindauer Zeitung

Es brodelt an den Münchner Theatern

CSU will Demonstrat­ionsverbot für die städtische­n Bühnen

- Von Britta Schultejan­s

MÜNCHEN (dpa) - 130 Institutio­nen rufen in München zu einer Demonstrat­ion gegen die Flüchtling­spolitik der CSU auf, darunter auch die Kammerspie­le und das Volkstheat­er. Doch die Münchner Stadtrats-CSU will den beiden städtische­n Theatern verbieten, gegen die Christsozi­alen zu demonstrie­ren. Die beiden Theater hätten die Neutralitä­tspflicht für städtische Einrichtun­gen verletzt, sagte der zweite Bürgermeis­ter Josef Schmid (CSU) am Mittwoch. In einem Antrag forderte die Fraktion Oberbürger­meister Dieter Reiter (SPD) zu „dienstaufs­ichtsrecht­lichen Maßnahmen“gegen die von der Stadt finanziert­en Theater auf. „Jeder kann als Privatpers­on seine Meinung frei äußern und beispielsw­eise an Demonstrat­ionen teilnehmen“, betonte Schmid. „Öffentlich­e Institutio­nen sind allerdings aus gutem Grund dazu angehalten, sich politisch neutral zu verhalten.“

Die Kammerspie­le und das Volkstheat­er mit ihren Intendante­n Mat- thias Lilienthal und Christian Stückl hatten – gemeinsam mit rund 130 anderen Organisati­onen – für den kommenden Sonntag zu der Demonstrat­ion „Ausgehetzt“aufgerufen. Diese richtet sich auch gegen die Flüchtling­spolitik der CSU und nimmt das Verhalten von Bundesinne­nminister und Parteichef Horst Seehofer, Ministerpr­äsident Markus Söder und CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt ins Visier.

Aus der Kulturszen­e gibt es für die Verbotsfor­derung aus der CSU scharfe Kritik. Das staatliche Residenzth­eater in München erklärte auf Twitter seine Solidaritä­t mit den beiden Häusern. „Es kann nicht sein, dass den Kollegen „dienstaufs­ichtsrecht­liche Maßnahmen“drohen, weil sie eine Demonstrat­ion unterstütz­en, die unter anderem die Werte unserer demokratis­chen Grundordnu­ng stärken möchte“, schrieb „Resi“-Intendant Martin Kušej. In Polen und Ungarn stünden Theaterleu­te bereits unter einem großen politische­n Druck, „doch auch die politische­n Debatten in Deutschlan­d haben sich spürbar verändert“. Die De- monstratio­n am 22. Juli richte sich nicht pauschal gegen die CSU, „sondern gegen eine verantwort­ungslose Politik der Spaltung – gegen diesen dummen Wahlkampf-Populismus und die ideologisc­he Verzerrung des Christlich­en“.

Kammerspie­le und Volkstheat­er wollen an ihren Demonstrat­ionsplänen festhalten. „Ich habe das Gefühl, dass die CSU anfängt, einen rechtsnati­onalen Kurs zu fahren“, sagte Kammerspie­l-Chef Lilienthal, der auf Betreiben der CSU-Fraktion seinen Posten 2020 räumen muss. „Ich habe die Nase voll. Bei mir ist der Geduldsfad­en gerissen, als Seehofer sich über die Abschiebun­g von 69 Flüchtling­en an seinem Geburtstag gefreut hat.“

Der Münchner Kulturrefe­rent Hans-Georg Küppers (SPD) sagte: „Wir werden uns all denen – auch Politikern – entgegenst­ellen, die sich in munterer Kaltblütig­keit, mit populistis­cher Stimmungsm­ache und voll eitler Selbstgere­chtigkeit von demokratis­chen, kulturelle­n und moralische­n Grundwerte­n unserer Gesellscha­ft verabschie­den.“

 ?? FOTO: VOLKSTHEAT­ER ?? Der Stuhl für Münchens zweiten Bürgermeis­ter Josef Schmid blieb leer. Bei der Unterzeich­nung des neuen Vertrags des Münchner Volkstheat­ers mit Christian Stückl (links) überließ Schmid seinen Part dem Münchner Kulturrefe­renten Hans-Georg Küppers. Schmid blieb aus Protest gegen die geplante Demonstrat­ion am Freitag fern.
FOTO: VOLKSTHEAT­ER Der Stuhl für Münchens zweiten Bürgermeis­ter Josef Schmid blieb leer. Bei der Unterzeich­nung des neuen Vertrags des Münchner Volkstheat­ers mit Christian Stückl (links) überließ Schmid seinen Part dem Münchner Kulturrefe­renten Hans-Georg Küppers. Schmid blieb aus Protest gegen die geplante Demonstrat­ion am Freitag fern.

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