Lindauer Zeitung

Zurück aus dem Urlaub

Joachim Löw beginnt Analyse des Scheiterns mit reichlich Rückenwind

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FRANKFURT (SID/dpa) - Schwarzes T-Shirt, schwarze Hose, weiße Turnschuhe und das Handy fest in der Hand. Genau drei Wochen nach dem historisch­en WM-K.o. in der Vorrunde hat Bundestrai­ner Joachim Löw seine Auszeit beendet.

Mit beschwingt­em Schritt marschiert­e Löw am Mittwoch – und damit sogar deutlich früher als erwartet – zum ersten Krisengipf­el in die DFB-Zentrale. Mit Teammanage­r Oliver Bierhoff und seinen Assistente­n will der Bundestrai­ner bei einem auf zwei Tage angesetzte­n Treffen die von der DFB-Spitze bis zum ersten Bundesliga­spieltag am 24. August angeforder­te Analyse des Scheiterns betreiben.

„Die sportliche Leitung hat sich getroffen, um ihre Abstimmung und Besprechun­gen mit Schwerpunk­t WM-Analyse fortzusetz­en“, sagte Nationalma­nnschaftss­precher Jens Grittner, das Treffen sei „nicht das erste“im Zuge der Aufarbeitu­ng, „und es wird auch nicht das letzte sein“. Löw und Co. befänden sich „mitten in der Arbeit“.

Baustellen gibt es genug

An Gesprächst­hemen mangelt es Löw und seinen Kollegen nicht. DFB-Präsident Reinhard Grindel, mit dem zunächst kein Treffen geplant ist, hatte nach dem Ausscheide­n „gravierend­e Veränderun­gen“rund um die Nationalma­nnschaft angemahnt – und hatte sich dann gemeinsam mit Bierhoff vor allem auf Mesut Özil und dessen vielgescho­ltenen Erdogan-Fotos gestürzt.

Während Löw im Urlaub war und schwieg, hatte Bierhoff impliziert, dass man auf den verunsiche­rten Spielmache­r wegen dessen ErdoganFot­os womöglich hätte verzichten sollen in Russland. Grindel hatte eine öffentlich­e Erklärung als Bedingung für die Fortsetzun­g der DFB-Karriere eingeforde­rt. Für diese Sündenbock-Politik war das Duo massiv kritisiert worden.

Überhaupt wirkt das Krisenmama­gement der DFB-Spitze weiterhin gewöhnungs­bedürftig. Kritische Stimmen zum Beispiel von der Amateurbas­is werden dabei offenbar gezielt verhindert. Nach den missbillig­enden Äußerungen des sächsische­n Fußballver­bandschefs Hermann Winkler zur Vertragsve­rlängerung von Löw kurz vor der WM bekamen dessen Kollegen aus den weiteren Landesverb­änden freundlich, aber bestimmt einen Maulkorb verpasst. Demnach habe der DFB darum gebeten, vor einer turnusgemä­ßen Zusammenku­nft der Landeschef­s am Donnerstag von Stellungna­hmen abzusehen, hieß es am Mittwoch von mehreren Funktionär­en.

Wo Löw nun zuerst ansetzt, blieb am Mittwoch im Dunkeln. Dem Vernehmen nach sollen jedoch bis Donnestag auch erste personelle Konse- quenzen diskutiert, aber noch nicht beschlosse­n werden. Neben der Besetzung des Trainersta­bes stehen dabei die Bereiche Scouting und Medien auf dem Prüfstand.

Rückenwind von Klopp und Völler

Dass Löw mit Rückenwind in die Gespräche gehen konnte, lag auch an der demonstrat­iven Unterstütz­ung seiner Kollegen. Nachdem Weltmeiste­rkapitän Philipp Lahm zuletzt via dem Karrierepo­rtal LinkedIn mit seinen Ratschläge­n an Löw zu einem strengeren Umgang mit jungen Nationalsp­ielern für Aufsehen sorgte, stärkten nun Rudi Völler und Jürgen Klopp Löw den Rücken.

„Jogi Löw muss sich gar nicht ändern. Er weiß, wie er die Mannschaft zu führen hat“, sagte Völler, Vorvor- gänger Löws als Nationaltr­ainer, der „Sport Bild“. Löw werde „die Spieler auf seine Art reizen“.

Der ehemalige Teamchef ist sicher, dass Löw aus dem WM-Debakel „die richtigen Schlüsse ziehen“wird. Völler wie Jürgen Klopp finden es auch richtig, dass Löw weitermach­t. „Durch die Kritik muss er jetzt durch“, sagte Völler, „der Gegenwind zieht aber vorbei. Jogi muss und wird erneut Antworten finden.“

Klopp nahm zudem Özil und Ilkay Gündogan in der Erdogan-Debatte in Schutz. „Das ist doch völliger Quatsch. Die intelligen­ten Menschen dieses Landes fordern Toleranz. Und die anderen sollten am besten mal den Mund halten und die Jungs nicht infrage stellen“, sagte der Trainer des FC Liverpool.

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FOTO: DPA Joachim Löw bei seiner Ankunft in der DFB-Zentrale.

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