Lindauer Zeitung

Seehofer rechtferti­gt GBW-Verkauf

Schritt sei zur Rettung der Bayerische­n Landesbank unausweich­lich gewesen

- Von Ralf Müller

MÜNCHEN (lby) - Zur Rettung der Bayerische­n Landesbank war der umstritten­e Verkauf der GBW-Landesante­ile nach Ansicht von Ex-Ministerpr­äsident Horst Seehofer alternativ­los. „Ja, aus meiner Sicht war das notwendig. Die Alternativ­en, (…), hätten die Lebensfähi­gkeit der Bank zerschlage­n“, sagte der CSU-Chef am Donnerstag im Untersuchu­ngsausschu­ss des Landtags. Der Ausschuss will die Hintergrün­de zum Verkauf der Anteile des Freistaats an der Wohnungsba­ugesellsch­aft GBW im Jahr 2013 aufklären.

MÜNCHEN - Die Versuchung mag groß gewesen sein, aber der CSUVorsitz­ende und Bundesinne­nminister Horst Seehofer hat ihr widerstand­en: Als Zeuge im GBW-Untersuchu­ngsausschu­ss des bayerische­n Landtags schob Seehofer die Verantwort­ung für die Privatisie­rung der 33 000 GBW-Wohnungen nicht an seinen früheren Landesfina­nzminister und heutigen Ministerpr­äsidenten Markus Söder (CSU) ab. Mit Söder, sagte Seehofer, habe es in dieser Frage „überhaupt keinen Dissens“gegeben, obwohl dieser damals schon ein sehr eigenständ­iger Finanzmini­ster gewesen sei. Söder ist heute Zeuge im Ausschuss.

Der GBW-Untersuchu­ngsausschu­ss geht der Frage nach, ob die Veräußerun­g der ursprüngli­ch der verstaatli­chten Bayerische­n Landesbank (BayernLB) gehörende Wohnungsba­ugesellsch­aft (GBW) an ein privates Konsortium unter Führung der Patrizia AG unausweich­lich war oder ob der Wohnungsbe­stand mit etwa 85000 Mietern aus sozialen Gründen in öffentlich­en Händen hätte gehalten werden können. Man habe diese Frage immer wieder hin und her diskutiert, betonte Ex-Ministerpr­äsident Seehofer, sei aber immer wieder zu dem selben Ergebnis gekommen: Die Veräußerun­g der GBW in einem „diskrimini­erungsfrei­en Bieterverf­ahren“ohne Beteiligun­g des Freistaats sei unvermeidl­ich gewesen.

Angst vor weiterem Verfahren

Hätte der Freistaat Bayern den Wohnungsbe­stand übernommen oder einem Konsortium der Kommunen zugeschanz­t, hätte ein weiteres Beihilfeve­rfahren der EU-Kommission gedroht. „Ich wollte jedenfalls das Risiko nicht eingehen“, so Seehofer. Wenn der Freistaat an einem Bieterverf­ahren für die GBW teilgenomm­en und das Höchstgebo­t abgegeben hätte, hätte außerdem eine juristisch­e Auseinande­rsetzung mit den Wettbewerb­ern gedroht, weil der Freistaat Bayern als Eigentümer der veräußernd­en Bank Insiderwis­sen gehabt habe.

In einer Stellungna­hme der EUKommissi­on sowie in Schreiben des damaligen EU-Wettbewerb­skommissar­s Joaquin Almunia war wiederholt darauf hingewiese­n worden, dass der Freistaat Bayern nicht daran gehindert gewesen wäre, die Wohnungsge­sellschaft zu erwerben. Die Kommission habe Forderunge­n aufgestell­t, die zwingend zum Verkauf führen mussten, aber anschließe­nd beteuert, die Übernahme durch den Freistaat nicht verboten zu haben, erklärte Seehofer den Widerspruc­h: „Das Ergebnis ist dasselbe. Faktisch hatten wir keine Wahl.“Von dieser Brüsseler Argumentat­ionslinie sei er „sehr beeindruck­t“, ließ Seehofer wissen: „Eine scheinbare Handlungsf­reiheit zu überlassen, aber gleichzeit­ig wissen zu lassen ,Wehe, du machst das.‘“

Die Auseinande­rsetzung um den GBW-Verkauf an ein privates Konsortium hatte bereits im Landtagswa­hlkampf 2013 eine Rolle gespielt. Schon aus politische­m Interesse habe er alles daran gesetzt, im Interesse der Mieter die 33 000 GBW-Wohnungen in öffentlich­en Händen zu behalten, appelliert­e Seehofer auf Nachfragen des SPD-Parlamenta­riers Volkmar Halbleib an „Logik und Plausibili­tät“.

„faktisches Verbot“

Nirgendwo aus den Akten sei zu entnehmen, dass die EU-Kommission dem Freistaat Bayern den Erwerb der GBW-Anteile verboten habe, legte der stellvertr­etende Ausschussv­orsitzende Thomas Mütze (Grüne) nach. Ex-Finanzmini­ster Söder habe aber gerade dies behauptet. „Wer hat jetzt Recht, Herr Minister?“, fragte der Grüne den CSU-Chef. Es handele sich um ein „faktisches Verbot“, konterte Seehofer.

Ein weiteres Bieterverf­ahren hätte womöglich zum Verlust der Wettbewerb­sfähigkeit der schwer angeschlag­enen BayernLB geführt, betonte Seehofer. Dieses Risiko habe niemand eingehen wollen. So aber sei die Sanierung und Restruktur­ierung der BayernLB zu einem einzigarti­gen Erfolgsmod­ell geworden. Hätte man die BayernLB abgewickel­t, wäre dies nicht nur für die GBW-Mieter, sondern auch für den Wirtschaft­sstandort Bayern und die Sparkassen „das schlechtes­te Ergebnis"gewesen. So aber habe man die GBW-Mieter wenigstens durch eine Sozialchar­ta sichern können.

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FOTO: DPA Ex-Ministerpr­äsident Horst Seehofer (CSU/mitte) steht dem Untersuchu­ngsausschu­ss des bayerische­n Landtags zum Verkauf der GBW-Anteile durch die Bayerische Landesbank Rede und Antwort.

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