Jule und Jan wollen die Welt verstehen
„303“von Hans Weingartner ist ein wunderbarer Sommerliebesfilm
BERLIN - Autofans werden vielleicht auf Anhieb wissen, was der Filmtitel „303“bedeutet. Allen anderen sei gesagt: Der „303“ist ein legendärer, über 30 Jahre alter Mercedes Caravan, und der Schauplatz dieses Films. Denn der neue Film von Hans Weingartner („Die fetten Jahre sind vorbei“) ist ein Roadmovie, das von Berlin aus nach Südwesten führt, also unbedingt in die richtige Richtung – hin zu mehr Wärme und zum Mittelmeer.
Zwei junge Erwachsene, Jule und Jan, versuchen hier on the road und zunehmend gemeinsam die Welt zu verstehen, und können nicht verhindern, dass irgendwann auch die Liebe ausbricht.
Das ist nicht überraschend, aber um Überraschungen dieser Art geht es auch gar nicht. Weingartner, der auch das Drehbuch zu diesem Film schrieb, macht von Anfang an klar, dass wir es hier mit zwei Idealisten zu tun haben, mit zwei Menschen, die sich selber noch nicht ganz gefunden haben, aber schon in mancher Hinsicht genau wissen, was sie wollen, und was nicht. Beide studieren. Jule hat gerade ihre Abschlussprüfung in Biochemie versemmelt, ihr gehört auch der Oldtimer; mit dem will sie nach Portugal, um dort ihren Freund zu sehen. Sie ist nämlich schwanger und das möchte sie ihm nicht einfach am Telefon eröffnen.
An der Tankstelle trifft sie Jan, der seine Mitfahrgelegenheit verschusselt hat, und es jetzt per Anhalter versucht. Nun fahren sie zusammen. Wie das so ist, kommen die beiden bei der gemeinsamen Fahrt ins Gespräch.
Es dauert keine zehn Minuten, da gehen diese Gespräche ans Eingemachte, kreisen um sehr grundsätzliche, und allzu vertraute Lebensfragen: Kann man sich eigentlich aussuchen, in wen man sich verliebt oder nicht? Führt Monogamie am Ende nur ins Unglück? Leiden wir nicht alle unter dem Kapitalismus? Entspricht Konkurrenz oder Kooperation der Natur des Menschen? Weingartners Film begleitet die beiden, lässt sich selbst und uns Zuschauern viel Zeit.
Kunst der Verzögerung
„303“ist ein sehr leichtfüßiger, frischer, im besten Sinne gradlinig-einfacher Film. Ein bisschen Alltag mischt sich mit kleinen magischen Momenten. Und auch wenn dann, kaum überraschend, irgendwann die Liebe ausbricht, zeigt der Regisseur noch einmal großartig seine Kunst der Verzögerung. Wunderbar, mit einer unverkrampften Natürlichkeit, die manchmal knapp das Unschuldig-Naive streift, spielen die beiden jungen Schauspieler Mala Emde und Anton Spieker ihre Hauptrollen. Der ganze Film kreist um diese beiden.
Ein Sommerliebesfilm, den die Berlinale im kalten Februar zwar aus unerklärlichen Gründen in der Kinderfilmreihe versteckt hatte, den man sich aber auch, wenn man über 18 Jahre alt ist, ohne Fremdschämen angucken kann. Man wird es nicht bereuen.