Lindauer Zeitung

Ohne Karrierepl­an zum Erfolg

Olli Schulz beim Zelt-Musik-Festival Freiburg: Musik und Witze

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FREIBURG (rot) - „Ich habe nichts gelernt und das kommt davon“, kokettiert Olli Schulz in einem seiner Lieder und fügt ein gelassenes „Passt schon!“hinzu. Denn für einen, der sein Abitur geschmisse­n und „null Karrierepl­an“hatte, hat der Hamburger in den vergangene­n 15 Jahren ganz schön viel ganz schön gut gemacht: Musik, Radio, Fernsehen, Kino und die Podcasts „Sanft & Sorgfältig“und „Fest & Flauschig“mit Jan Böhmermann. Vor allem diese dürften das auffallend junge, auffallend weibliche Publikum am Donnerstag­abend zum Auftritt von Schulz beim Freiburger Zelt-Musik-Festival gelockt haben.

Einfach drauflosla­bern

Wenn einer auf so vielen Kanälen präsent ist, dann droht irgendwann die Gegenbeweg­ung zur allgemeine­n Zustimmung. Im vergangene­n Februar schien es so weit: Nach drei Jahren veröffentl­ichte Schulz mal wieder ein Album unter dem schönen Titel „Scheiß Leben, gut erzählt“– und erntete maue Kritiken. Zu Recht, muss man sagen, denn bis auf zwei Songs ist das Album nicht nur sehr kurz, sondern auch ziemlich daneben: Mal wird grauslig gerappt, mal jede Geschmacks­grenze unterschri­tten.

Und im Konzert? Da ist sämtliche Kritik sofort vergessen. Denn Olli Schulz funktionie­rt am allerbeste­n auf der Bühne. So sind die jungen Podcast-Fans nicht nur wegen der Musik gekommen, sondern weil sie den Olli einfach gerne drauflosla­bern hören. Und das macht er von Anfang an, vermengt Anekdoten mit Alltagsbeo­bachtungen und Bekenntnis­sen an die Macht der Liebe, während er schwitzend und meist etwas linkisch über die Bühne turnt, was einer jungen Zuschaueri­n ein „Ach wie süß!“entlockt. So gilt Olli Schulz als ehrliche Haut mit Witz und Mut zu großen Gefühlen. Einer, bei dem nicht immer alles rundläuft.

Gern berichtet er von Erlebnisse­n mit seiner achtjährig­en Tochter und den Schwierigk­eiten, plötzlich den Erwachsene­n geben zu müssen. Dazwischen erzählt er Sachen wie „Meine Mutter ist 65 und frisch verliebt, ist doch toll – o.k., nur für meinen Vater nicht.“Das Programm ist eine lockere Revue, in der sich die Songs bestens einpassen, auch die besseren vom neuen Album. Es wird munter gekalauert. In solchen Momenten erinnert Schulz schon mal an Mike Krüger, er kann aber auch anders. „Als Musik noch richtig groß war“ist etwa eine Hymne mit aufrichtig­em Pathos, denn zwischen Shows wie „Schulz in the Box“und Gastspiele­n bei „Circus HalliGalli“bleibt die Musik Ollis große Liebe.

Lieber live

Um dieser zu huldigen, hat er sich mit Musikern umgeben, die zu jeder Schandtat bereit sind – an den Gitarren etwa „Hund Marie“Max Schröder und die australisc­he Musikerin Kat Frankie, die den Konzertabe­nd bereits mit ihren eigenen melancholi­schen Songs eröffnet hat. Gemeinsam wagt man sich auch mal an Reggae-Einlagen oder den dramatisch arrangiert­en „Boogieman“. Und als es an den Zugabenblo­ck geht, erklärt Schulz, warum er seit zehn Jahren nicht mehr in Freiburg gewesen sei: Direkt vor seinem damaligen Auftritt im Jazzhaus sei seine Oma gestorben und der Abend darauf ein Desaster geworden, was an seinem MusikerEgo gekratzt habe. Da braucht es keine überrasche­nde Wendung oder Pointe – Olli Schulz erzählt „einfach eine Geschichte des Lebens“. Dafür liebt ihn sein Publikum – und das funktionie­rt auf der Bühne noch besser als im Podcast.

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FOTO: ROTHER Gut drauf, auch wenn nicht alles rundläuft: Olli Schulz.

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