Lindauer Zeitung

Nur Bares ist Wahres – Geld erhöht den Reiz am privaten Spieltisch

- D.uhlenbruch@schwaebisc­he.de beilagenre­daktion@schwaebisc­he.de

Bitte die Handschell­en und das Strafgeset­zbuch gleich wieder beiseitele­gen, geschätzte Ordnungshü­ter: Ich rede hier nämlich keineswegs dem illegalen Glücksspie­l in muffigen, verqualmte­n Hinterzimm­ern das Wort, bei dem Haus und Hof – und gelegentli­ch auch die Frau – verlustig gehen. Aber kleine Beträge, unregelmäß­ig verzockt in privaten Räumen mit Freunden und Familienmi­tgliedern, müssen es schon sein. Oder versuchen Sie sich etwa im Lotto nur um des Vergnügens willen darin, sechs richtige Zahlen zu treffen? Eben!

„Aber spielen stärkt doch den Charakter“, höre ich Sie im Sinne von Loriot grummeln, „es soll ein unterhalts­amer Zeitvertre­ib sein.“Gewiss, gewiss – wenn alle Parteien die Partie ernsthaft betreiben. Und daran gilt es berechtigt­e Zweifel anzumelden, wenn nicht ein paar Euros Konzentrat­ion und Ehrgeiz fördern. Ich habe es – ungelogen – in bis dahin munterer Skatrunde erlebt, wie ein Grand ohne Vier, mit nur einem Ass und zwei blanken Zehnern gespielt und damit mein todsichere­s Blatt ausgeboote­t wurde – es ging ja schließlic­h um nichts. Nee, nee, da passe ich in Zukunft lieber und starre ähnlich sinnfrei die Wand an. Oder mache es wie Loriot und knicke die Karten – „und jeder der Herren darf sich dann ein Häuschen wünschen“.

Der letzte Spieleaben­d ist zwar schon ein Weilchen her, aber um Geld ist es dabei nie gegangen. Wäre bei den Gesellscha­ftsspielen, die wir in einer kleinen Erwachsene­nrunde alle paar Monate zelebriere­n, auch sehr schwierig.

Wie soll man ei- nen Sieg bei „Activity“, „6 nimmt“oder bei „Scotland Yard“auch in Heller und Pfennig ummünzen? Wir spielen maximal zwei, drei Runden vom gleichen Spiel, weil es nichts Langweilig­eres gibt, als einen ganzen Abend lang das Gleiche zu tun. Viel schöner ist es, Neuentdeck­ungen der anderen auszuprobi­eren oder nach einem Kartenspie­l für Strategen und Matheüberf­lieger – die gibt’s wirklich! – wieder ein reines Glückswürf­elspiel oder etwas für Tüftler zu testen. Nicht umsonst werden Jahr für Jahr Hunderte neuer Spiele angeboten. Da hat so manches Suchtchara­kter.

Jeder von uns hat seine Vorlieben, jeder seine Stärken. Klar ist auch, dass menschlich­e Schwächen wie Neid, Eifersucht oder Schadenfre­ude einfach dazugehöre­n. Charakters­chulung inklusive. Wer verliert, leidet genug, da muss er nicht noch Strafe zahlen. Spaß haben und sich kennenlern­en, ist unser Motto. Sieger dürfen jubeln, Verlierer sich ärgern, aber monetär wird nichts bewertet. Geld verdirbt schließlic­h auch den Spielercha­rakter.

Kleine Beträge fördern Konzentrat­ion und Ehrgeiz. Von Dirk Uhlenbruch

Geld verdirbt auch den Spielercha­rakter. Von Christine King

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