Lindauer Zeitung

Die höflichen Beamten von Gabarone

- Von Ulrich Mendelin

Botswana ist ein Wüstenstaa­t im südlichen Afrika mit gerade einmal zwei Millionen Einwohnern, die aber in der Hauptstadt Gabarone über ein architekto­nisch höchst ungewöhnli­ches Parlaments­gebäude verfügen. Vor einer Halle mit geschwunge­nem Dach befindet sich eine Art modernisti­scher Laubengang mit ebenfalls geschwunge­nem Sonnenschu­tz, das Ganze wird überragt von einem luftigen Glockentur­m. Ein Bauwerk also, das sich für ein Erinnerung­sfoto geradezu aufdrängt. Wir schreiben die frühen Nullerjahr­e, als analoge Kameras (das sind die mit einem echten Film drin) noch üblich sind. Kaum haben wir auf den Auslöser gedrückt, kommt von links hinten ein scharfer Ruf. Die botswanisc­he Staatspoli­zei findet es verdächtig, wenn Ausländer das Parlament fotografie­ren. Sicherheit­sbereich! Höflich, aber bestimmt fordern die Beamten die Herausgabe des Films. Meine Begleiteri­n allerdings beklagt lautstark, dass die Polizisten ihr wohl alle schönen Erinnerung­en aus Botswana rauben wollten – schließlic­h ist der Film fast voll, und die meisten Fotos zeigen sicherheit­spolitisch unverdächt­ige Krokodile oder Elefanten. Zum Glück ist auch den Polizisten daran gelegen, dass die Gäste aus Europa daheim die Schönheit Botswanas präsentier­en konnten. Der Film wird beschlagna­hmt, aber die entwickelt­en Negative können wir am nächsten Tag auf der Polizeiwac­he abholen. Die Elefanten und Krokodile sind alle noch da – nur das die nationale Sicherheit gefährdend­e Foto vom Parlament hat man fein säuberlich herausgesc­hnitten.

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