Lindauer Zeitung

In Weißensber­g verlassen 95 Jahre Berufserfa­hrung die Kita

Leiterin Beate Wörrle übergibt an Nachfolger­in Manuela Prinz – Sie hat inzwischen sogar die Kinder ihrer einstigen Schützling­e betreut

- Von Christian Flemming

WEISSENSBE­RG - Die jüngeren Kolleginne­n haben das schon geahnt: Bei dieser Feier werden reichlich Tränen fließen. Daher haben sie eine große Packung Papiertüch­er vor die Ehrenstühl­e von Beate Wörrle, Anna Stratnik und Monika Lehner aufgebaut. Die drei Frauen verlassen nach zusammenge­rechnet 95 Jahren die Weißensber­ger Kindertage­sstätte.

Dass es ein Abschiedsf­est geben wird, wussten die drei im Vorfeld. Aber was da alles passieren wird, davon bekamen sie überhaupt nichts mit. Was normalerwe­ise in den 45 Jahren unter der Leitung von Beate Wörrle nie hätte passieren können. Aber Mitarbeite­rinnen und vor allem die Kinder hüteten ihren Vorbereitu­ngen wie ihren Augapfel. So war Wörrle, vielleicht das erste Mal in der Kita, ziemlich sprachlos, als all die Kinder kostümiert als Käfer, Raupen und Schmetterl­inge ihr Lied vortrugen: Es erzählte, dass alles und alle ihre Spuren hinterlass­en, im Leben und auf der Erde.

Das allein schon genügte, um die ersten Griffe zu den Papiertasc­hentüchern nötig werden zu lassen, zumindest für Anna und Monika. Ihre Chefin hatte vorgesorgt und sich mit „Notfalltro­pfen“gedopt, um vor lauter Weinen nicht die ganze Veranstalt­ung zu versäumen. „Ich wollte jeden Moment in mich aufsaugen“, gestand Beate Wörrle nach dem offizielle­n Teil der Feier. Abgesehen davon ergriffen die drei die beste Medizin, um Emotionen nicht gar so sehr ins Tränenverg­ießen abgleiten zu lassen: Lachen und Tanzen. So tanzten sie mit den Kleinsten der Kita, den Krippenkin­dern, die „Auf Wiedersehe­n“sangen.

Tränen blieben auch bei den Elternbeir­ätinnen nicht ganz aus. Die Rede der Vorsitzend­en Michaela Schmid stockte daher manches Mal. Nicht wenige derer, die ihre Kinder in die Kita St. Markus bringen, waren einst selbst als Kinder unter den Fittichen von Beate Wörrle aufgewachs­en und in das Schulleben entlassen worden.

Freudenträ­nen hingegen gab es bei all den Geschenken – etwa die drei Bäume für die drei Scheidende­n: ein Rosmarinbä­umchen für Anna, Monika durfte ein Zitrusbäum­chen in Empfang nehmen und Beate darf sich ab sofort um einen Olivenbaum kümmern. Und als hätten sie damit nicht genug zu tragen – abgesehen vom Abschiedss­chmerz – gab es auch noch Blumensträ­uße und weitere Geschenke, darunter einen Plüschesel für Anna, „mein Lieblingst­ier“, wie sie lachend eingestand.

Pfarrer Franz Walden bedankte sich bei den Dreien für all das, was sie hier bewegt haben: „Danke für all die Liebe, die Sie den Kindern gegeben haben“, was dem entsprach, was die Elternbeir­ätinnen sagten: „Ihr wart immer für unsere Kinder da, habt zugehört und dafür gesorgt, dass es ihnen gut geht“.

Auch nach langem Berufslebe­n Freude an kleinen Dingen

45 Jahre hat Beate Wörrle im Kindergart­en zugebracht, hat die Kita in Weißensber­g mitaufgeba­ut und stetig erweitert. Da stellt sich die Frage, welche Spuren das bei ihr hinterlass­en hat. „Demut“, antwortete sie spontan, „Dankbarkei­t und nach wie vor die kindliche Freude an kleinen Dingen“, fügte sie an. Dankbar sei sie auch der Kirche als Trägerin der Kita.

Nun war es also an der Zeit, das Zepter weiterzure­ichen. Ein solches dekorative­s war schon vorbereite­t, aber bevor Wörrle es an ihre Nachfolger­in Manuela Prinz weiterreic­hte, „muss ich doch mal etwas sagen“. Siehe da, sie hatte ihre Sprachlosi­gkeit überwunden: „In der kurzen Zeit der Übergabe haben wir festgestel­lt, dass wir beide es zusammen auch länger ausgehalte­n hätten“, verkündete sie. Das spricht für eine Kontinuitä­t des guten Geistes der Kita.

Alle drei werden den Weißensber­gern nicht ganz verloren gehen: Monika Lehner ist Weißensber­gerin, sie lebt hier. Anna Stratnik, die es nach Esslingen zieht, wird aber ihre Wohnung hier halten, also immer wieder herkommen. Genauso wie Beate Wörrle, die zwischen ihrer ursprüngli­chen Heimat, der Ostalb, und Weißenberg pendeln will. Genaue Pläne hat sie noch nicht, macht sich da aber keine Sorgen: „Ich habe Freude am Gefordertw­erden, bin nach wie vor neugierig und aktiv.“Und so lange wie es geht, will sie Cabrio fahren. Damit war sie früher bekannt „wie ein bunter Hund, schon wegen der Heidenheim­er Autonummer“, lacht die Frau, die selbige erst nach Interventi­on des damaligen Bürgermeis­ters Werner Reich gegen ein Lindau-Kennzeiche­n getauscht hatte.

„Danke für all die Liebe, die Sie den Kindern gegeben haben.“Pfarrer Franz Walden

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FOTO: CHRISTIAN FLEMMING Ei bsc ed i tä n e n, abe auch ac h eu n d T a nz e n N ac h 5Ja hr e n ge h t Beate Wörrl e( lin s) i de n R u he stand, sie gibt hier das Zepter an ihre Nachfolger­in Manuela Prinz (rechts) weiter. Ebenso in den Ruhestand geht nach 20 Jahren ihre Kollegin Monika Lehner (hinten rechts). Anna Statnik (hinten links) war 30 Jahre dabei und verlässt den Kindergart­en, um sich neuen Aufgaben zu stellen.

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