In Weißensberg verlassen 95 Jahre Berufserfahrung die Kita
Leiterin Beate Wörrle übergibt an Nachfolgerin Manuela Prinz – Sie hat inzwischen sogar die Kinder ihrer einstigen Schützlinge betreut
WEISSENSBERG - Die jüngeren Kolleginnen haben das schon geahnt: Bei dieser Feier werden reichlich Tränen fließen. Daher haben sie eine große Packung Papiertücher vor die Ehrenstühle von Beate Wörrle, Anna Stratnik und Monika Lehner aufgebaut. Die drei Frauen verlassen nach zusammengerechnet 95 Jahren die Weißensberger Kindertagesstätte.
Dass es ein Abschiedsfest geben wird, wussten die drei im Vorfeld. Aber was da alles passieren wird, davon bekamen sie überhaupt nichts mit. Was normalerweise in den 45 Jahren unter der Leitung von Beate Wörrle nie hätte passieren können. Aber Mitarbeiterinnen und vor allem die Kinder hüteten ihren Vorbereitungen wie ihren Augapfel. So war Wörrle, vielleicht das erste Mal in der Kita, ziemlich sprachlos, als all die Kinder kostümiert als Käfer, Raupen und Schmetterlinge ihr Lied vortrugen: Es erzählte, dass alles und alle ihre Spuren hinterlassen, im Leben und auf der Erde.
Das allein schon genügte, um die ersten Griffe zu den Papiertaschentüchern nötig werden zu lassen, zumindest für Anna und Monika. Ihre Chefin hatte vorgesorgt und sich mit „Notfalltropfen“gedopt, um vor lauter Weinen nicht die ganze Veranstaltung zu versäumen. „Ich wollte jeden Moment in mich aufsaugen“, gestand Beate Wörrle nach dem offiziellen Teil der Feier. Abgesehen davon ergriffen die drei die beste Medizin, um Emotionen nicht gar so sehr ins Tränenvergießen abgleiten zu lassen: Lachen und Tanzen. So tanzten sie mit den Kleinsten der Kita, den Krippenkindern, die „Auf Wiedersehen“sangen.
Tränen blieben auch bei den Elternbeirätinnen nicht ganz aus. Die Rede der Vorsitzenden Michaela Schmid stockte daher manches Mal. Nicht wenige derer, die ihre Kinder in die Kita St. Markus bringen, waren einst selbst als Kinder unter den Fittichen von Beate Wörrle aufgewachsen und in das Schulleben entlassen worden.
Freudentränen hingegen gab es bei all den Geschenken – etwa die drei Bäume für die drei Scheidenden: ein Rosmarinbäumchen für Anna, Monika durfte ein Zitrusbäumchen in Empfang nehmen und Beate darf sich ab sofort um einen Olivenbaum kümmern. Und als hätten sie damit nicht genug zu tragen – abgesehen vom Abschiedsschmerz – gab es auch noch Blumensträuße und weitere Geschenke, darunter einen Plüschesel für Anna, „mein Lieblingstier“, wie sie lachend eingestand.
Pfarrer Franz Walden bedankte sich bei den Dreien für all das, was sie hier bewegt haben: „Danke für all die Liebe, die Sie den Kindern gegeben haben“, was dem entsprach, was die Elternbeirätinnen sagten: „Ihr wart immer für unsere Kinder da, habt zugehört und dafür gesorgt, dass es ihnen gut geht“.
Auch nach langem Berufsleben Freude an kleinen Dingen
45 Jahre hat Beate Wörrle im Kindergarten zugebracht, hat die Kita in Weißensberg mitaufgebaut und stetig erweitert. Da stellt sich die Frage, welche Spuren das bei ihr hinterlassen hat. „Demut“, antwortete sie spontan, „Dankbarkeit und nach wie vor die kindliche Freude an kleinen Dingen“, fügte sie an. Dankbar sei sie auch der Kirche als Trägerin der Kita.
Nun war es also an der Zeit, das Zepter weiterzureichen. Ein solches dekoratives war schon vorbereitet, aber bevor Wörrle es an ihre Nachfolgerin Manuela Prinz weiterreichte, „muss ich doch mal etwas sagen“. Siehe da, sie hatte ihre Sprachlosigkeit überwunden: „In der kurzen Zeit der Übergabe haben wir festgestellt, dass wir beide es zusammen auch länger ausgehalten hätten“, verkündete sie. Das spricht für eine Kontinuität des guten Geistes der Kita.
Alle drei werden den Weißensbergern nicht ganz verloren gehen: Monika Lehner ist Weißensbergerin, sie lebt hier. Anna Stratnik, die es nach Esslingen zieht, wird aber ihre Wohnung hier halten, also immer wieder herkommen. Genauso wie Beate Wörrle, die zwischen ihrer ursprünglichen Heimat, der Ostalb, und Weißenberg pendeln will. Genaue Pläne hat sie noch nicht, macht sich da aber keine Sorgen: „Ich habe Freude am Gefordertwerden, bin nach wie vor neugierig und aktiv.“Und so lange wie es geht, will sie Cabrio fahren. Damit war sie früher bekannt „wie ein bunter Hund, schon wegen der Heidenheimer Autonummer“, lacht die Frau, die selbige erst nach Intervention des damaligen Bürgermeisters Werner Reich gegen ein Lindau-Kennzeichen getauscht hatte.
„Danke für all die Liebe, die Sie den Kindern gegeben haben.“Pfarrer Franz Walden