Lindauer Zeitung

Kreis Oberallgäu will Regionalba­hn auch ohne Kempten

Neue Studie für Angebot in abgespeckt­er Form auf der Strecke Kempten – Oberstdorf in Auftrag gegeben

- Von Silvia Reich-Recla

KEMPTEN/OBERALLGÄU - Kempten hat vor einigen Wochen das mit dem Landkreis Oberallgäu geplante Projekt Regionalba­hn Allgäu ausgebrems­t. Für den Oberallgäu­er Landrat Anton Klotz ist das „verantwort­ungslos mit Blick in die Zukunft“. Es sei die „verdammte Pflicht, den Schienenve­rkehr so attraktiv wie möglich zu gestalten“. Dieser Meinung waren auch die Kreisräte und stimmten einer neuen Studie über die Machbarkei­t in abgespeckt­er Form auf der Strecke Kempten – Oberstdorf zu.

160 Millionen Euro – so teuer wäre ein Maximalkon­zept mit einer Verbindung vom Bahnhof in die Kemptener Innenstadt und mit einer weitgehend zweigleisi­gen Strecke zwischen Immenstadt und Oberstdorf. Die allein würde ungefähr 100 Millionen Euro kosten. Finanziell nicht zu stemmen, lautete dazu auch die Analyse der Oberallgäu­er Kreisräte.

Der Haupt- und Finanzauss­chuss des Kemptener Stadtrats kapitulier­te aber vor dem Finanzberg, stieg vorzeitig aus dem Projekt Regionalba­hn aus – und zwar, ohne vorher mit seinen Oberallgäu­er Partnern zu sprechen. Das sei „ein Foul gegen die eigenen Mitspieler“, kritisiert­e Thomas Gehring (Bündnis 90/Die Grünen). „Eine Entscheidu­ng, ohne den Landrat zu sprechen, ist in unseren Augen inakzeptab­el“, sagte auch Manfred Baldauf (CSU). Als „Katastroph­e für die Weiterentw­icklung der Regionalba­hn“, bezeichnet­e Christian Wilhelm (Freie Wähler) das Vorgehen der Stadt Kempten. „Davon sollten wir uns aber nicht einschücht­ern lassen“, mahnte Ulrike Müller (Freie Wähler Missen). Es gebe EU-Fördermitt­el für Forschung und Entwicklun­g. Die sollten angezapft werden. Das Allgäu soll Modellregi­on für den Einsatz wasserstof­fbetrieben­er Hybrid-Züge werden. Der Vorschlag von Gisela Bock und Stephan Thomae (beide FDP) ist in den Beschluss eingearbei­tet worden.

Petra Strauss vom Verkehrspl­aner PTV in Karlsruhe hatte die Analyse vorgestell­t. Ihre Prognose: Mindestens 2600 Leute in Kempten und dem Oberallgäu würden das Auto stehen lassen und auf die Bahn umsteigen – gäbe es solch ein Angebot. Neun neue Haltestell­en sind darin fixiert, unter anderem Hegge, Waltenhofe­n und Stein. Strauss wunderte sich, dass zwischen Kempten und Immenstadt „auf 20 Kilometern bislang nur eine Haltestell­e ist, und zwar in Martinszel­l“.

Hohe Betriebsko­sten

Dennoch lautet ihr Fazit: Der Nutzen kann die hohen Investitio­nen nicht ausgleiche­n. Auch die Betriebsko­sten von jährlich 3,31 Millionen Euro pro Jahr seien „viel zu hoch“, unter anderem durch zwei geplante System-Fahrzeuge, umstellbar von Elektro auf Diesel. „Dieses Maximalkon­zept hätten wir als Kreistag auch abgelehnt“, sagte Josef Zengerle (CSU). Aber den Vorschlag einer Studie, die eine kleine Lösung zeigt, hält er für sehr gut. Die Leute müssten bei diesem Konzept „weiterhin die Möglichkei­t haben, ohne umsteigen zu müssen, von Oberstdorf nach München zu fahren“, sagte Toni Vogler (CSU). Also zum Angebot der Bahn müsste solch eine Regionalba­hn ein Zusatzange­bot sein und mindestens alle 30 Minuten fahren.

In diese Richtung soll nun die neue Analyse gehen: die Machbarkei­t eines Halbstunde­ntakts auf einer überwiegen­d eingleisig­en Strecke zwischen Kempten und Oberstdorf. Und immer wieder wurde betont: „Mit Kempten im Gespräch bleiben.“

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ARCHIVFOTO: DPA/FELIX KÄSTLE Es sei die „verdammte Pflicht, den Schienenve­rkehr so attraktiv wie möglich zu gestalten“findet der Oberallgäu­er Landrat Anton Klotz und bezeichnet den Rücktritt der Stadt Kempten aus dem Projekt Regionalba­hn Allgäu als „verantwort­ungslos mit Blick in die Zukunft“.

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