Kreis Oberallgäu will Regionalbahn auch ohne Kempten
Neue Studie für Angebot in abgespeckter Form auf der Strecke Kempten – Oberstdorf in Auftrag gegeben
KEMPTEN/OBERALLGÄU - Kempten hat vor einigen Wochen das mit dem Landkreis Oberallgäu geplante Projekt Regionalbahn Allgäu ausgebremst. Für den Oberallgäuer Landrat Anton Klotz ist das „verantwortungslos mit Blick in die Zukunft“. Es sei die „verdammte Pflicht, den Schienenverkehr so attraktiv wie möglich zu gestalten“. Dieser Meinung waren auch die Kreisräte und stimmten einer neuen Studie über die Machbarkeit in abgespeckter Form auf der Strecke Kempten – Oberstdorf zu.
160 Millionen Euro – so teuer wäre ein Maximalkonzept mit einer Verbindung vom Bahnhof in die Kemptener Innenstadt und mit einer weitgehend zweigleisigen Strecke zwischen Immenstadt und Oberstdorf. Die allein würde ungefähr 100 Millionen Euro kosten. Finanziell nicht zu stemmen, lautete dazu auch die Analyse der Oberallgäuer Kreisräte.
Der Haupt- und Finanzausschuss des Kemptener Stadtrats kapitulierte aber vor dem Finanzberg, stieg vorzeitig aus dem Projekt Regionalbahn aus – und zwar, ohne vorher mit seinen Oberallgäuer Partnern zu sprechen. Das sei „ein Foul gegen die eigenen Mitspieler“, kritisierte Thomas Gehring (Bündnis 90/Die Grünen). „Eine Entscheidung, ohne den Landrat zu sprechen, ist in unseren Augen inakzeptabel“, sagte auch Manfred Baldauf (CSU). Als „Katastrophe für die Weiterentwicklung der Regionalbahn“, bezeichnete Christian Wilhelm (Freie Wähler) das Vorgehen der Stadt Kempten. „Davon sollten wir uns aber nicht einschüchtern lassen“, mahnte Ulrike Müller (Freie Wähler Missen). Es gebe EU-Fördermittel für Forschung und Entwicklung. Die sollten angezapft werden. Das Allgäu soll Modellregion für den Einsatz wasserstoffbetriebener Hybrid-Züge werden. Der Vorschlag von Gisela Bock und Stephan Thomae (beide FDP) ist in den Beschluss eingearbeitet worden.
Petra Strauss vom Verkehrsplaner PTV in Karlsruhe hatte die Analyse vorgestellt. Ihre Prognose: Mindestens 2600 Leute in Kempten und dem Oberallgäu würden das Auto stehen lassen und auf die Bahn umsteigen – gäbe es solch ein Angebot. Neun neue Haltestellen sind darin fixiert, unter anderem Hegge, Waltenhofen und Stein. Strauss wunderte sich, dass zwischen Kempten und Immenstadt „auf 20 Kilometern bislang nur eine Haltestelle ist, und zwar in Martinszell“.
Hohe Betriebskosten
Dennoch lautet ihr Fazit: Der Nutzen kann die hohen Investitionen nicht ausgleichen. Auch die Betriebskosten von jährlich 3,31 Millionen Euro pro Jahr seien „viel zu hoch“, unter anderem durch zwei geplante System-Fahrzeuge, umstellbar von Elektro auf Diesel. „Dieses Maximalkonzept hätten wir als Kreistag auch abgelehnt“, sagte Josef Zengerle (CSU). Aber den Vorschlag einer Studie, die eine kleine Lösung zeigt, hält er für sehr gut. Die Leute müssten bei diesem Konzept „weiterhin die Möglichkeit haben, ohne umsteigen zu müssen, von Oberstdorf nach München zu fahren“, sagte Toni Vogler (CSU). Also zum Angebot der Bahn müsste solch eine Regionalbahn ein Zusatzangebot sein und mindestens alle 30 Minuten fahren.
In diese Richtung soll nun die neue Analyse gehen: die Machbarkeit eines Halbstundentakts auf einer überwiegend eingleisigen Strecke zwischen Kempten und Oberstdorf. Und immer wieder wurde betont: „Mit Kempten im Gespräch bleiben.“