Kliniken lassen Zuschüsse für mehr Pflegekräfte liegen
Fördertopf des Bundes wird nicht ausgeschöpft – In Bayern können schon jetzt 2000 Stellen nicht besetzt werden
RAVENSBURG - Die Krankenhäuser in Bayern verzichten auf Fördergeld vom Bund in Millionenhöhe für mehr Pfleger und Schwestern. Von 250 infrage kommenden Kliniken im Freistaat riefen im vergangenen Jahr nur 151 entsprechende Fördermittel ab, wie aus einem am Donnerstag in Berlin vorgestellten Bericht des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) hervorgeht. Bundesweit wurden demnach von den bereitgestellten 300 Milliarden Euro des Bundes für die Jahre 2016/17 nur 157 Millionen Euro tatsächlich in Anspruch genommen.
Ziel des 2015 vom damaligen Gesundheitsminister Hermann Gröhe aufgelegten Förderprogramms war es, für „mehr Personal am Krankenbett“zu sorgen, wie der CDU-Politiker sagte.
Das gelingt nur zum Teil: Im Jahr 2017 flossen aus dem Programm 22,9 Millionen Euro nach Bayern. Damit wurden 491 Stellen eingerichtet. Im Jahr zuvor waren es 11,4 Millionen Euro und 309 Stellen. Es könnten allerdings wesentlich mehr sein, wenn die Kliniken die neuen Mitarbeiter denn überhaupt finden würden, sagte Eduard Fuchshuber, Sprecher der Bayerischen Krankenhausgesellschaft, der „Lindauer Zeitung“. „Der Markt gibt keine Pflegekräfte her. 2000 Stellen in Bayern können schon jetzt nicht besetzt werden.“Fuchshuber berichtet von „horrenden Abwerbeprämien“, die Krankenhäuser zu zahlen bereit seien, wenn eine Schwester oder ein Pfleger von einem Krankenhaus zum anderen wechselt.
Auch die Programme zur Anwerbung von Pflegefachkräften in Südwestoder Südosteuropa hätten weniger Erfolg gehabt als erhofft, so Fuchshuber. Einerseits aufgrund sprachlicher Barrieren. Andererseits, weil sich gerade mit Blick auf Spanien und Portugal gezeigt habe, dass viele Fachkräfte schnell wieder zurück in ihre Heimat gezogen seien, als sich dort die Arbeitsmarktlage wieder gebessert habe.
„Offensichtlich schafft zusätzliches Geld nicht zusätzliche Stellen“, kommentiert Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz. Er sieht die Krankenhäuser am Zug. „Die Kliniken müssen daher jetzt erklären, wie sie nachsteuern und das gesteckte Ziel noch erreichen wollen. Denn wer stetig nach mehr Geld ruft, muss auch liefern.“
Kassen zahlen 90 Prozent
Das Förderprogramm läuft noch bis Ende des Jahres. Darüber finanzieren die Krankenkassen 90 Prozent der Lohnkosten der zusätzlichen Pflegekräfte, die Klinik selbst die verbleibenden zehn Prozent. Bundesweit wurden nach vorläufigen Berechnungen bisher rund 4000 Vollzeitstellen auf diese Weise neu geschaffen. Es sei aber nicht exakt nachzuvollziehen, wie viele Stellen allein aufgrund der Förderung zusätzlich geschaffen wurden, heißt es in dem GKV-Bericht. Der Erfolg des Programms könne erst nach seinem Abschluss bewertet werden.