Kinder machen gute Geschäfte
Der traditionelle Kinderflohmarkt an der Hafenpromenade kommt wieder gut an
LINDAU - „Wie viel kostet denn dieses Mäppchen?“, will Sabrina Seel von Lea Kragl wissen. Lea schaut fragend zu ihrer Mama Miriam und die flüstert ihr ins Ohr, welchen Preis sie sich für das Federmäppchen überlegt haben. Es ist Samstagvormittag an der Lindauer Hafenpromenade. Es ist, wie immer am ersten Samstag zum Sommerferienbeginn, Kinderflohmarkt-Zeit.
Lea erzählt, dass sie die Flohmarktsachen gemeinsam schon lange aussortiert haben. Als die Flohmarktkiste dann aber nach Monaten vom Dachboden herunterkam, haben sich die Sachen wieder fast wie neu angefühlt, und ihr Bruder Simon wollte sie eigentlich gar nicht mehr hergeben. Aber nun sind sie doch auf ihrem Verkaufstisch und auf der Decke gelandet und finden der Reihe nach neue Besitzer.
Lea führt genau Buch darüber, welche Stücke sie für wieviel verkauft. Und zum Trost haben sich die beiden Kinder auf dem Flohmarkt sowieso selbst so einiges gekauft. Lea beispielsweise das PrinzessinnenKleid, das sie trägt, und Simon präsentiert stolz einen Ritter und ein Pferd, beide in voller Montur.
Sehr früh sei das Geschäft losgegangen, erzählt Miriam Kragl. Noch während sie am Auspacken und herrichten waren, seien die ersten Käufer gekommen, und um neun Uhr sei richtig viel los gewesen. Jetzt, gegen elf Uhr vormittags, herrscht immer noch reges Treiben an der Hafenpromenade, die durchgängig von den jungen Verkäufern mit Tischen und Decken in ein riesiges OutdoorKaufhaus verwandelt ist. Bis um die Ecke am Rüberplatz vor dem Finanzamt wird eifrig gehandelt und gefeilscht.
Nicht alle Erwachsenen haben so viel Empathie zu den Kindern wie Luise Treisch, die derzeit in Scheidegg zur Kur ist, und auf dem Flohmarkt vor allem nach Lesestoff für ihre Enkelkinder sucht. „Das ist schon fast der Wahnsinn: die Bücher schauen teilweise aus wie gar nicht gelesen. Und ich weiß, was die neu kosten“, sagt sie und gibt der neunjährigen Chiara pro Buch statt der geforderten 50 Cent einen Euro. „Mädchen, da darfst du wirklich mehr dafür verlangen“, sagt sie freundlich. Und schüttelt den Kopf über einen Mann, der am Nachbarstand den Preis für zwei tadellos erhaltene Barbiepuppen samt Beiwerk herunterhandeln will. „Wissen Sie, was die Puppen im Laden kosten?“, mischt sie sich ein, als er dem Kind statt der gewünschten 20 Euro für beide nur zwölf Euro geben will. „Das ist eine Frechheit“, empört sich die Hessin.
Umweltbewusste Wiederverwertung
Wer die ganze Hafenpromenade auf der einen Seite hinauf und auf der anderen Seite wieder herunter flaniert, entdeckt unglaubliche Werte, die da auf den Decken liebevoll ausgebreitet und schön sortiert und präsentiert sind. Spiele, Bücher, Puzzle, DVDs, Autokindersitze, Schuhe, Kleidung, Inlineskates und ganze Baukästen wechseln nach eifrigem Handeln im Laufe des Vormittags die Besitzer. Ein schönes buntes Bild ist das, so zwischen den Palmen und dem glitzernden Bodensee.
„Da sind Spiele, die kosten neu um die 50 Euro, hier kann ich sie für drei Euro kaufen“, sagt Julian aus Lindau. Der Zwölfjährige denkt dabei auch noch umweltbewusst: „Sonst würden die einen die Sachen vielleicht wegwerfen und die anderen, also ich, würde sie mir wieder neu kaufen. Das wäre wirklich Quatsch.“Die Brüder Emilian und Stefan schauen gegen Mittag froh auf ihre fast leere Decke: „Wir haben unser halbes Kinderzimmer ausgeräumt und beinahe alles verkauft. Jetzt haben wir Geld für die Ferien und die Spielsachen haben wir schon lange nicht mehr benutzt.“
Der immer mal sorgenvoll in den Himmel gerichtete Blick vieler Besucher und Kinderflohmarkthändler ist unbegründet. Zwar türmen sich graue Wolken und ein feiner Wind streicht über die Spielsachen, die da ausgebreitet liegen. Aber es bleibt trocken, bis um 12 Uhr Mittag der Kinderflohmarkt des Kreisjugendrings vorbei ist. Und einen großen Vorteil bieten die Wolken: sie schützen vor den heißen Sonnenstrahlen, die den Kindern in anderen Jahren zu schaffen gemacht haben.