Unfall hat dramatische Folgen
Nach dem Tod eines Motorradfahrers wird eine 29-Jährige wegen fahrlässiger Tötung verurteilt
LINDAU/MAIERHÖFEN - Über diesen Unfall imJuli 2016 wurde im ganzen Argental gesprochen. Denn die Folgen waren unübersehbar: Nach der Kollision eines Pkw mit einem Motorradfahrer auf der Staatsstraße zwischen Maierhöfen und Grünenbach in Höhe Riedholz blieb ein vollkommen zertrümmertes Buswartehäuschen zurück, das die Blicke auf sich zog. Doch wirklich dramatisch war das, was in den Folgewochen passierte – und letztlich zum Tod des Motorradfahrers führte. Die PkwFahrerin stand deshalb jetzt vor dem Lindauer Amtsgericht – angeklagt wegen fahrlässiger Tötung.
An der Kreuzung in Richtung Riedholz war es passiert: Die damals 27-jährige Pkw-Fahrerin wollte nach links abbiegen, der 70-jährige Motorradfahrer sie aber überholen. Es kam zur Kollision. Die Pkw-Fahrerin prallte mit ihrem Fahrzeug in das Buswartehäuschen, der Motorradfahrer schlitterte über die Fahrbahn und blieb im Gras liegen. Mit Rippenbrüchen und einem Schulterbruch kam er ins Krankenhaus nach Lindenberg, das er schon nach wenigen Tagen wieder verlassen konnte. Doch schon vier Tage später begab er sich ins Krankenhaus seines Wohnorts Weingarten. Dort stellten die Ärzte eine Lungenentzündung fest, die zu einem Multi-Organversagen und Ende August 2016 zu seinem Tod führte.
Die Polizei war zunächst davon ausgegangen, dass der Motorradfahrer übersehen hatte, wie die PkwFahrerin nach links abbiegen wollte. Doch vor allem die Aussage eines Bekannten des Opfers änderte die Lage. Er war mit einem MotorradTrike gemeinsam mit dem 70-Jährigen auf Tour und beobachtete den Unfall von seinem Fahrzeug aus. Er sagte nach dem Tod seines Bekannten bei der Polizei aus, dass die PkwFahrerin nach rechts geblinkt habe, bevor sie nach links abgebogen sei. Das führte zu den Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung gegen die Pkw-Fahrerin und letztlich zum Verfahren vor dem Amtsgericht. Vor Gericht wiederholte er nun diese Aussage. Die Pkw-Fahrerin machte keine Angaben. Nach Auskunft ihres Verteidigers seien die Ereignisse zu lange vergangen, als dass sie sich an Details erinnern könne.
Vor Gericht sagten neben dem Trike-Fahrer auch zwei Urlauber aus, die sich am Unfallort befanden. Allerdings fand der Unfall in ihrem Rücken statt, so dass sie nur die Situation nach einem wahrgenommenen Knall schildern konnten. Die entscheidende Frage, ob die PkwFahrerin das falsche Blinkzeichen gesetzt habe, konnten sie nicht beantworten.
So waren Sachverständige gefragt. Nach Angaben des Arztes, der die Obduktion an dem Toten vorgenommen hatte, führte die Lungenentzündung letztlich zum Tod. Und zu dieser Lungenentzündung sei es infolge einer Embolie gekommen, die wiederum Folge einer Schonatmung war, die aufgrund der Schmerzen nach den Rippenbrüchen erfolge. Die Folgerung des Arztes: „Es gibt einen kausalen Zusammenhang zwischen Unfall und Tod.“
Ein zweiter Sachverständiger analysierte den Unfall selbst. Danach fuhr die Pkw-Fahrerin mit rund 20, der Motorradfahrer mit 50 bis 60 Stundenkilometern, als es zur Kollision kam. Seine Schlussfolgerung: „Die Fahrerin hätte bei entsprechendem Blick nach hinten erkennen können, dass sie überholt wird.“Der Streckenverlauf in Richtung Eistobel biete sich grundsätzlich zum Überholen an.
Die Pkw-Fahrerin habe in jedem Fall ihre Pflicht zur doppelten Rückschau verletzt, so Richter Klaus Harter. Daher verurteilte er sie wegen einer fahrlässigen Tötung zu einer Geldstrafe von 3500 Euro, denn sie habe den Motorradfahrer nicht im Blick gehabt. Es sei ein „Augenblicks-Versagen“gewesen, das jeden Autofahrer treffen könne. Oft bleibe das ohne Folgen. In diesem Fall habe es zum Schlimmstmöglichen, dem Tod eines Menschen, geführt.