Wahhoud versorgt mehr Flüchtlinge
Lindauer Syrienhilfe berichtet von der Angst vor einem neuen Gaza.
LINDAU - Wenn sich der Lindauer Adnan Wahhoud auf den Weg in sein Geburtsland Syrien macht, dann versorgt er nicht nur die von ihm aufgebauten Ambulanzen und kümmert sich um Waisenkinder. Er beobachtet dann auch sehr genau, wie sich die Situation im Nordwesten Syriens entwickelt. Froh ist der Deutsch-Syrer, dass er während seiner jüngsten Reise keine Luftangriffe miterleben musste. Doch der Krieg sei noch längst nicht vorbei: Zig Zehntausende Syrer befinden sich nach seinen Worten auf der Flucht vor den Regierungstruppen Assads. Das führt zu neuen Ängsten.
Seine jüngste Reise beschreibt Wahhoud als „normal“: Keine Probleme bei Ein- oder Ausreise, alle sieben Medical Points und ihre Apotheken mit ausreichend Arznei- und Verbandsmittel versorgt, Gehälter ausbezahlt und auch die monatliche Unterstützung für jene Familien, die sich um (Halb-)Waisenkinder kümmern. Doch schon dort spürt der Lindauer, dass der Flüchtlingsdruck im Land wächst: Mittlerweile stehen auf seiner Liste über 330 Namen von Kindern, die infolge des Kriegs den Vater oder sogar beide Eltern verloren haben und dann beispielsweise mit den Großeltern oder anderen Verwandten in den Norden des Landes geflüchtet sind. Fast 7300 Euro hat Wahhoud für sein Projekt Waisenhilfe im August ausgegeben.
Aber auch an den Patientenzahlen in den syrischen Ambulanzen lässt sich der Flüchtlingsdruck ablesen: Fast 10 300 Menschen sind im Juli in den Medical Points behandelt worden. Vor allem die südlichste Ambulanz in Fattiere hat im vergangenen Monat mit über 2600 Patienten einen regelrechten Ansturm erlebt. Aber auch im Medical Point Lindau in Takad westlich von Aleppo zählten die Ärzte fast 2000 Patienten.
Angst vor neuen Angriffen ist allgegenwärtig
Auch wenn derzeit nur wenige Kampfjets am syrischen Himmel zu sehen sind: „Allgemein haben die Leute dort Angst, dass die Angriffe wieder fortgesetzt werden“, hat Wahhoud während seines Aufenthalts immer wieder gehört. Und immer mehr Menschen verlassen den Süden des Landes, fliehen in die Provinzen Idlib und Aleppo, schildert der Lindauer. Viele kommen nach seinen Worten aus dem Bereich Ghoutta.
Flüchtlinge, aber auch jene, die seit jeher im Nordwesten zu Hause sind, seien besorgt, sagt der DeutschSyrer: „Ob alles so bleibt, ist die große Frage.“Die Menschen hätten Angst, dass die Assad-Truppen und ihre Verbündeten weiter nach Norden drängen und die Flüchtlinge immer weiter in Richtung türkische Grenze treiben. Und damit, so schildert es Wahhoud der LZ nach seiner Rückkehr, wachse auch „die Angst, dass ein neues Gaza entsteht“.