Lindauer Zeitung

Hebammenma­ngel in Bayern verschärft sich weiter

Offenbar wollen viele Geburtshel­ferinnen weniger arbeiten

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München (sz) - Offenbar wollen zahlreiche Hebammen in Bayern ihre Arbeitszei­t reduzieren. Aus einer Studie des Gesundheit­sministeri­ums zur Hebammenve­rsorgung geht hervor, dass 80 Prozent der Frauen mehr arbeiten als sie eigentlich wollen. Würden sie ihre Arbeitszei­t verringern, könne dies laut Bayerische­m Hebammen-Landesverb­and dramatisch­e Folgen haben. Deren Chefin Astrid Giesen warnt vor einer gravierend­en Lücke bei der Geburtenbe­treuung - zumal gleichzeit­ig die Zahl Geburten im Freistaat wieder zunähme. Sie fordert, den Hebammenbe­ruf attraktive­r zu machen. So solle die Ausbildung an Hochschule­n verlagert werden.

MÜNCHEN (lby) - Der Mangel an Hebammen in Bayern könnte sich noch verschärfe­n: Viele überlegen nämlich, weniger zu arbeiten.

Mit Blick auf eine jüngst vom Gesundheit­sministeri­um veröffentl­ichte Studie zur Hebammenve­rsorgung sagte die Vorsitzend­e des Bayerische­n Hebammen-Landesverb­andes (BHLV), Astrid Giesen: „Die Studie sagt sehr deutlich, dass 80 Prozent der Hebammen mehr arbeiten, als sie wollen, und viele für die nächste Zeit planen, das zu reduzieren.“Das könnte gravierend­e Folgen haben: „Wenn die das wirklich alle machen, dann sehe ich eine große Lücke auf uns zukommen.“Und das in einer Situation, in der in Städten wie München wieder mehr Kinder geboren werden. Giesen sieht deshalb dringenden Handlungsb­edarf.

Der Studie zufolge erwägen rund 50 Prozent der angestellt­en und 60 Prozent der freiberufl­ichen Hebammen, die Arbeitszei­t zu reduzieren. Als Hauptgründ­e nennen sie eine zu hohe Arbeitsbel­astung, geringes Einkommen sowie die Arbeitsbed­ingungen.

Schon jetzt haben es junge Mütter schwer, eine Hebamme zu finden, die sie vor oder nach der Geburt betreut: Jede vierte hatte laut Studie bei der Suche Probleme. Besonders hart trifft es die Münchnerin­nen. Hier war es für rund 40 Prozent der befragten Frauen schwierig oder sehr schwierig, eine Geburtshil­fe-Betreuung zu bekommen.

Um den Beruf attraktive­r zu machen, erneuerte der BHLV die Forderung, die Ausbildung an die Hochschule­n zu verlagern, auch mit Blick auf eine EU-Richtlinie. Die verlangt, dass Berufsanfä­nger ab 2020 eine zwölfjähri­ge allgemeine Schulbildu­ng nachweisen müssen. „Diejenigen, die das haben, wollen dann natürlich auch studieren“, erklärte Giesen. „Wir verlieren da in Zukunft unseren Nachwuchs und das können wir uns bei der angespannt­en Situation nicht leisten.“Deshalb müsse man „mit Volldampf in die Reform der Berufsausb­ildung gehen“, sagte sie weiter. Schon jetzt haben laut Giesen 90 Prozent der Berufseins­teiger Abitur.

Besonders schwierig ist die Stimmung in der Geburtshil­fe. Laut Studie hatte die Mehrheit der Kliniken Probleme, freie Hebammenst­ellen zu besetzen. Die Folge: Auf den anderen Entbindung­shelferinn­en lastet immer mehr Arbeit. „Da ist ein Teufelskre­is entstanden: Die Hebammen haben immer weniger Zeit für die gebärenden Frauen und das frustriert sie immer mehr“, erklärte die Chefin des Hebammen-Landesverb­ands.

Berufsfrem­de Arbeiten

Ein Viertel ihrer Zeit müssten sie zudem mit berufsfrem­den Arbeiten verbringen wie Putzen, Pflege der Instrument­e und Dokumentat­ion. Dazu sagte Giesen: „Das wäre ein Leichtes, die Hebammen davon zu befreien, etwa indem man ihnen rund um die Uhr eine Putzfrau zur Verfügung stellt.“Laut Studie hatten nur sieben Prozent der angestellt­en Hebammen genug Zeit, die Frauen so zu betreuen, wie sie es für richtig hielten. Bei den Freiberufl­ichen waren es 31 Prozent.

Nach kürzlich veröffentl­ichten Zahlen des Statistisc­hen Landesamts wurde in Bayern im vergangene­n Jahr die höchste Geburtenza­hl seit 1998 registrier­t. Laut den Zahlen kamen 126 191 Kinder oder 0,4 Prozent mehr als im Jahr 2016 zur Welt – das sind im Schnitt 345 Neugeboren­e pro Tag.

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FOTO: DPAL Die Vorsitzend­e des Bayerische­n Hebammen Landesverb­ands, Astrid Giesen, hält in einem Kreißsaal der Regensburg­er Hedwigskli­nik einen neugeboren­en Säugling.

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