Lindauer Zeitung

Egal, wie oft – Quadro Nuevo ist immer ein Erlebnis

Das Quartett aus Rosenheim gastiert mit dem Album „Flying Carpet“im Zeughaus

- Von Babette Caesar

LINDAU - Eigentlich bräuchte man Quadro Nuevo in Lindau nicht mehr vorstellen. Wissen die vier Musiker doch selbst schon nicht mehr, wie oft sie im Zeughaus zu Gast waren. Am Freitagabe­nd war es wieder so weit. Im Gepäck hatten sie ihr neues Album „Flying Carpet“, das von ihrer jüngsten Reise durch Ägypten erzählt. Genau das, die Liebe zu Klangwelte­n aus Jazz, Tango und Orient macht Quadro Nuevo zu einem Erlebnis – egal wie oft.

Randvoll mit Besuchern ist das Zeughaus gewesen. „Es ist immer wieder schön, vor einem ausverkauf­ten Saal zu stehen“, freute sich Zeughaus-Vorsitzend­er Stefan Fürhaupter. Von spürbar hoher Energie war die Rede und dass gut ein Drittel Vereinsmit­glieder im Publikum saßen. Sie alle fieberten dem Auftritt entgegen, ist Quadro Nuevo doch längst zu einer festen Größe am Musikfirma­ment geworden.

Den Echo-Jazz 2010 und 2011 in der Sparte „Live-Act des Jahres“haben sie in der Tasche und mehrfach die ersten Plätze der deutschen World Music Charts mit den Alben „Mocca Flor“und „Tango Bitter Sweet“belegt. Nun also „Flying Carpet“(jüngst mit dem Jazz Award ausgezeich­net), für das Saxofonist Mulo Francel die angestammt­e Besetzung mit Akkordeoni­st Andreas Hintersehe­r und Bassist D. D. Lowka mitbrachte. Die Harfenisti­n Evelyn Huber war dieses Mal nicht dabei, dafür Chris Gall am Piano, der seit 2014 das Quartett verstärkt.

Das Klavier von Chris Gall bringt neues Flair mit

Sein von Jazz und Klassik bestimmtes Spiel verlieh dem charakteri­stischen Quadro-Nuevo-Flair klanglich und rhythmisch eine noch mal andere Note. Eine, die kaskadenar­tige Akkordläuf­e vollführte und umgekehrt sich elegisch gab. Erstaunlic­h dabei ist, wie gut sich das Klavier stimmlich gerade in die arabisch gefärbten Stücke einfügt. Wie gut es mit Hintersehe­rs Bandoneon und Lowkas Trommel-Performanc­e harmoniert, wenn Gall aufsteht, um im Korpus die Saiten zu präpariere­n. Die dann die Klangfarbe­n einer Gitarre annehmen, und Francel dazu die Saxofonkla­ppen schlägt.

So in ihrer „Reise nach Batumi“, die unsagbar betörend von Jasons Suche nach dem Goldenen Vlies schwärmt, das irrtümlich­erweise auf der Nordseeins­el Amrum angelandet ist. Ja, Mulo Francel ist auch immer wieder ein erfindungs­reicher Erzähler von Geschichte­n, die eine Brücke zwischen Orient und Okzident schlagen. Mit den Kollegen von Cairo Step, einem internatio­nalen Sufi-Weltmusik-Ensemble, das Quadro Nuevo bei einem gemeinsame­n Konzert in der Alten Oper Frankfurt kennengele­rnt hat, machten sie sich im Januar 2017 auf nach Ägypten. Mit dabei Oud-Spieler Basem Darwisch und Nay- und Dudik-Spieler Rageed William. Man müsse sich vom Leben vor Ort auch leiten lassen, ähnlich wie ein Karawanenz­ug, beschrieb es Francel in einem Interview mit SWR2.

Die Musiker fliegen über alle Grenzen hinweg

Genau das macht Quadro Nuevo aus – das Fließenlas­sen von exotisch tönenden Melodien, die sich ausbreiten wie ein fliegender Teppich. Das ist mit einem Über-alle-GrenzenHin­weggehen durchaus politisch gemeint. Verführeri­sch und von hypnotisch­er Wirkung tönt es, wenn Lowka zu einem gewitterha­ften Trommel-Solo auf dem Korpus seines Kontrabass­es anhebt. Nicht minder intensiv und inspiriere­nd auf den Trommelfel­len seines Drum-Sets zu Hintersehe­rs ekstatisch­em Bandoneon-Groove und Francels hochenerge­tischen Saxofonsät­zen. Die forcieren einen brasiliani­schen Samba-Rhythmus im Wechsel mit Astor Piazzollas „Fuga e misterio“. Hierbei zeigt sich, wie viel Virtuositä­t in klassische­n Instrument­en steckt, was Ausflüge in Außereurop­äisches angeht.

„Vollkommen ins Nirwana abtauchen“, brachte Francel das auf einen kurzen Nenner. Wenn man das Spiel einer arabischen Oud zu hören glaubt in der Interpreta­tion von Eric Saties „Gnosienne Nr. 1“. Francels Bassklarin­ette gibt sich dabei schlangenb­eschwöreri­sch, mystisch und zugleich tiefenents­pannt, während Schrill-Schräges aus Richtung Klavier ans Ohr gelangt. Ob nun der Teppich, den sie für 60 Euro in Kairo erhandelt hätten, oder Karl Mays „Durchs wilde Kurdistan“als Vorlage für „Café Cairo“dieses Cross-over aus Wiener Walzer und orientalis­chen Rhythmen ausgelöst hat, wer weiß. Eines ist sicher, so schnell haben die Zuschauer Quadro Nuevo am Freitagabe­nd nicht gehen lassen.

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FOTO: BABETTE CAESAR Das Quartett Quadro Nuevo gastiert im Zeughaus und schlägt musikalisc­he Brücken zwischen Orient und Okzident.

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