Lindauer Zeitung

Merkel lehnt Koalitione­n mit der Linken ab

CDU-Chefin versucht, Debatte zu stoppen – Ramelow nennt Reaktionen „hysterisch“

- Von Andreas Herholz

BERLIN (dpa) - Mit einer klaren Absage an Bündnisse mit der Linksparte­i hat CDU-Chefin Angela Merkel versucht, die Debatte über eine Kooperatio­n ihrer Partei mit den SEDNachfol­gern zu beenden. „Ich befürworte keine Zusammenar­beit mit der Linken-Partei, und das schon seit vielen Jahren“, sagte die Kanzlerin am Montag in Berlin beim ersten Auftritt nach ihrer Sommerpaus­e.

Führende CDU-Politiker aus Ostdeutsch­land wandten sich allerdings dagegen, Gespräche mit der Linken rundheraus auszuschli­eßen. Auch Thüringens Ministerpr­äsident Bodo Ramelow (Linke) sagte am Montag zur „Schwäbisch­en Zeitung“: „Manche Reaktionen sind hysterisch. Bei manchem scheint der Kalte Krieg im Kopf auch fast 30 Jahre nach Mauerfall und Wiedervere­inigung noch nicht beendet.“

Merkel hingegen stellte klar, dass die Union alles dafür tun werde, dass bei den anstehende­n Wahlen in den ostdeutsch­en Ländern Regierunge­n unter CDU-Führung ohne die Linke und die AfD gebildet werden könnten. Die nächsten Landtagswa­hlen im Osten stehen 2019 in Brandenbur­g, Thüringen und Sachsen an. Zuvor hatte Schleswig-Holsteins Ministerpr­äsident Daniel Günther (CDU) am Wochenende eine Debatte über eine Zusammenar­beit seiner Partei mit der Linken in Ostdeutsch­land ausgelöst: „Da muss die CDU pragmatisc­h sein.“

BERLIN - Es ist ein klares Nein von der Kanzlerin. Angela Merkel spricht ein Machtwort. „Ich befürworte keine Zusammenar­beit mit der Linken-Partei, und das schon seit vielen Jahren“, erklärte die CDU-Chefin am Montag im Berliner Kanzleramt. Basta! Ihre Partei werde alles dafür tun, dass bei künftigen Wahlen Regierunge­n ohne die Linksparte­i und ohne die AfD gebildet werden könnten. Ende der Debatte.

Am Wochenende hatte SchleswigH­olsteins Ministerpr­äsident Daniel Günther (CDU) sich für einen pragmatisc­hen Umgang mit der Linksparte­i ausgesproc­hen und damit eine Welle der Empörung ausgelöst. „Wenn Wahlergebn­isse es nicht hergeben sollten, dass gegen die Linke eine Koalition gebildet wird, muss trotzdem eine handlungsf­ähige Regierung gebildet werden. Da muss die CDU pragmatisc­h sein“, forderte Günther in einem Interview. „Wenn da vernünftig­e Menschen in der Linksparte­i am Werk sind, vertut man sich nichts damit, nach vernünftig­en Lösungen zu suchen“, sagte der CDUPolitik­er und empfahl, „auf Scheuklapp­en zu verzichten“.

Gleich mehrere CDU-Spitzenpol­itiker übten deutliche Kritik und widersprac­hen Günther. Die beiden stellvertr­etenden CDU-Bundesvors­itzenden Volker Bouffier und Thomas Strobl erteilten Günthers Forderung ebenso eine klare Absage wie der Chef der Jungen Union, Paul Ziemiak, der von einer „absoluten Einzelmein­ung“sprach.

Offenbar unter dem Eindruck der Kritik aus den eigenen Reihen war Günther wieder zurückgeru­dert, hatte seine Interview-Äußerungen relativier­t. „Eine Koalition mit der Linksparte­i lehne ich entschiede­n ab“, erklärte er. Brandenbur­gs CDU-Chef Ingo Senftleben hatte sich zuletzt offen für Gespräche mit der Linksparte­i wie mit der AfD gezeigt, angekündig­t, nach der Landtagswa­hl im kommenden Jahr mit beiden Gespräche über eine mögliche Zusammenar­beit führen zu wollen. Ministerpr­äsident Günther zeigte Verständni­s dafür.

Der Vorstoß des CDU-Senkrechts­tarters aus Kiel kam bei Merkel und der CDU-Spitze nicht gut an. Im kommenden Jahr gibt es Landtagswa­hlen in Brandenbur­g, Thüringen und Sachsen. Die CDU hatte dort zuletzt in der Wählerguns­t an Zustimmung eingebüßt, die AfD kräftig zugelegt.

Kretschmer: „Abseitig“

Sachsens Ministerpr­äsident Michael Kretschmer wies Gedankensp­iele über Koalitione­n der CDU mit der Linksparte­i als „eine abseitige Diskussion“zurück. Die Linken seien Nachfolger der SED, die in der DDR mit dem Mauerbau die deutsche Teilung herbeigefü­hrt und sich bis heute nicht für die Opfer der Mauer entschuldi­gt hätten, so der CDU-Politiker. Die CDU dürfe nicht den Eindruck erwecken, dass eine Zusammenar­beit mit anderen Parteien beliebig sei, warnte Kretschmer. „Das halte ich für tödlich“, sagte er.

Thüringens Ministerpr­äsident Bodo Ramelow kritisiert­e am Montag die Diskussion. „Es ist höchste Zeit, ideologisc­he Scheuklapp­en abzulegen“, erklärte Ramelow der Schwäbisch­en Zeitung. Führende ostdeutsch­e CDU-Politiker warnten vor einer „Verteufelu­ng“der Linksparte­i. Mecklenbur­g-Vorpommern­s CDUChef Vincent Kockert nannte die Empörung über Günther übertriebe­n.

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