Die Nach-Ronaldo-Ära beginnt
Real startet ins Jahr eins nach CR7 – Kroos und Co. müssen im ersten Stadtderby im Supercup-Finale siegen
TALLINN (SID/dpa) - Julen Lopetegui gibt sich erst gar keinen Träumereien hin. Er nimmt den Druck an, erhöht ihn sogar noch einmal. „Wir haben die Verpflichtung, alles zu gewinnen“, sagte der neue Trainer von Real Madrid. Die Mensch gewordene Tormaschine Cristiano Ronaldo ist zwar Geschichte, die Ziele bei den Königlichen sind aber geblieben. Titel. Titel. Titel.
Und als Nachfolger von Erfolgstrainer Zinédine, der den Club nach Abschluss der letzten Saison auf eigenen Wunsch verließ, soll Lopetegui dafür sorgen, dass Real auch ohne Ronaldo mindestens so erfolgreich ist wie mit ihm. „Es ist eine spannende Aufgabe, ohne Cristiano oben zu bleiben“, sagte Lopetegui vor dem europäischen Supercup gegen den Stadtrivalen Atletico Madrid in Tallinn (Mittwoch, 21 Uhr/Sky). Es ist Reals erstes Pflichtspiel ohne den Weltfußballer, den es zu Juventus Turin gezogen hat. Und die Zeiten eines Alleinunterhalters sind unter Lopetegui damit auch vorbei: „Wir werden den Teamgedanken stärken.“
Die Verantwortlichen sind mit dem Verlust des teuren Superstars, der sich im Unfrieden zu Juventus Turin verabschiedete, erstaunlich gelassen umgegangen. Allerdings wurde ja auch noch keine Partie ausgetragen, in denen der Portugiese hätte vermisst werden können. Toni Kroos ließ allerdings schon durchblicken, dass ein Ronaldo nicht ohne Weiteres zu ersetzen ist.
„50 Tore pro Saison sind nicht einfach zu übertragen. Cristiano war in den vergangenen Jahren ein wichtiger Baustein in unserem Team und mitentscheidend für unsere Erfolge“, sagte der Ex-Weltmeister dem „kicker“. Dennoch ist Kroos „von unserer Mannschaft absolut überzeugt. Wir werden auch dieses Jahr wieder schwer zu schlagen sein.“
Robert Lewandowski, Eden Hazard, Neymar oder Jungstar Kylian Mbappé – viele prominente Namen wurden als Ronaldo-Nachfolger in Madrid gehandelt. Gekommen ist aber niemand. Real agiert ohnehin bisher überraschend zögerlich auf dem Transfermarkt. Dies könnte sich bis Ende August aber noch ändern. „Real Madrid schaut immer auf seine Toni Kroos über den Ronaldo-Abschied Jugend. Eine andere Sache ist aber die Zusammenstellung unseres finalen Kaders“, sagte Lopetegui: „Im Laufe des Monats werden wir Entscheidungen treffen.“
Der 51-Jährige wünscht sich angeblich noch drei Neue: Für Abwehr, Mittelfeld und Angriff. Unter anderem soll für den Sturm Mauro Icardi von Inter Mailand im Gespräch sein. Prominentester Neuzugang bisher ist Torwart Thibaut Courtois, der Belgier kam vom FC Chelsea zurück nach Madrid. Und trifft in Tallinn nun auf seinen Ex-Club Atlético.
Doch sind die Fans in Madrid nicht ohne Grund nervös und skeptisch. Denn nun lastet die Verantwortung vorne auf den Schultern von zwei Profis, die bisher nur selten den (hohen) Erwartungen gerecht wurden: Karim Benzema und Gareth Bale. Der Franzose traf vorige Saison in 47 Pflichtspielen nur zwölfmal. Bale zeigte zwar einige sehr gute Leistungen, fiel aber auch durch Verletzungen und Lustlosigkeit auf. Dennoch sieht die Sportzeitung „Marca“nun den Moment von Bale gekommen. Seit fünf Jahren stand der Waliser im Schatten von CR7, nun baut Lopetegui um ihn offenbar die Offensive auf. „Gareth ist engagiert und hat Lust, eine großartige Saison zu spielen. Er trainiert sehr gut – so muss es weitergehen“, sagte Lopetegui. Die Verantwortung aber soll aufgeteilt werden, neben Bale und Karim Benzema bekam zuletzt Marco Asensio das Vertrauen in der offensiven Dreierreihe.
Bei Europa-League-Sieger Atlético um Trainer Diego Simeone, der wegen einer Sperre auf der Tribüne Platz nehmen muss, setzten die Verantwortlichen wie in der Vergangenheit auf eine starke Abwehr sowie auf seine Doppelspitze mit Weltmeister Antoine Griezmann und Diego Costa.
Doch wie der Supercup auch endet – für Real ist es definitiv der Beginn einer neuen Ära.
„50 Tore pro Saison sind nicht einfach zu übertragen.“