Eroberer, Eiertänzer und ein Phantom
Kennen Sie den? – An Badesee und Urlaubsstrand tummeln sich seltsame Typen
An heißen Tagen wie diesen kann man sie treffen: Mit Handtüchern, Badetaschen und aufblasbaren Gefährten aller Art pilgern Sonnenhungrige in die Strand- und Freibäder. Doch egal ob Meer, See oder Schwimmbad – die Typen, die man dort trifft, sind sich ziemlich ähnlich.
Die Eroberer
Sie rücken mit einer Unmenge von Strandmatten und Handtüchern an und decken eine Wiesenfläche von der Größe eines Reihenhausgartens ab. Ihr Revier zirkeln sie ordentlich ab, mit Liegen, Stühlen und fetten Kühltaschen. Gerade hatte man noch einen herrlichen Blick aufs Wasser – der See, der Himmel, die Berge, ach … Doch diese Freude währt immer nur so lange, bis die Eroberer anrücken, gern in Familienclan-Größe. Das Problem ist ja nicht der Kinderwagen, der Picknickkorb, das Sandspielzeug, Gummiboot, Wickeltasche ... Nein, gar nicht. Ist ja nur das Nötigste für einen halben Tag. Aber da ist ja auch noch das Prunkstück: die Riesenstrandmuschel. Statt auf den Strand oder auf die Wiese blickt man auf die knallbunte Zeltplane vor seinem Handtuch. Mancherorts sind die Schattenspender deshalb sogar verboten. So weit müsste es nicht kommen, wenn die Eroberer – im übrigen enge Verwandte des Handtuch-Reservierers, dessen natürlicher Lebensraum der Hotelpool ist – auch den anderen Badegästen ihr Fleckchen Erde gönnen würden. Aber das wäre gegen ihre Natur.
Die Unverfrorenen
Zehennägel schneiden, Hornhaut von den Füßen rubbeln – hey, warum sollte man das alleine zu Hause im Badezimmer machen, wenn’s auch auf der Liegewiese in netter Gesellschaft geht? Das denken sich wohl die Unverfrorenen, die ihre Pediküre direkt vor dem Handtuch der Nachbarn erledigen. Die Nagelreste fallen zwanglos ins Gras. Ist doch alles Natur! Welchen natürlichen Bedürfnissen diese lieben Mitmenschen noch so nachgeben, wenn sie entspannt im Wasser herumpaddeln, möchte man sich da lieber nicht vorstellen.
Die Paddler
An manchen Tagen könnte man trockenen Fußes übers Wasser wandeln. Ohne Zauberei. Ein Ruderbrett reiht sich ans andere. Mit langen Stangen staken die Stand-up-Paddler mehr oder weniger elegant übers Wasser. Dazwischen mischen sich kreischend noch ein paar Luftmatratzenund Schlauchboot-Fetischisten. Der Fitnessfaktor ist hoch, aber nicht so hoch wie der Spaßfaktor, vor allem wenn jemand mit lautem Platsch im Wasser landet. Ganz lustig anzuschauen, aber zum Schwimmen ist im Terrain der Paddler leider kein Platz. Dafür muss man eben warten bis zum Einbruch der Dunkelheit, wenn das charakteristische Sommergeräusch am See zu hören ist: Ein lautes Pffffffff, wenn die Stöpsel aus den prall aufgeblasenen Paddelbrettern und Luftmatratzen gezogen werden.
Die Hungrigen
Kein Kinofilm ohne Popcorn, kein Schwimmbad-Besuch ohne Pommes. Und hinterher ein Eis. Und vielleicht noch eins. Keine Chance für die Bikinifigur. Die paar Kalorien, die man sich im Wasser mühsam abtrainiert hat, sind leider flugs wieder drauf. Also nur gesunde und kalorienarme Melone, Gurke und Knäckebrot? Die Eroberer hätten davon sicher etwas in ihrem Vorrat. Aber schließlich verliert man bei schweißtreibenden Bedingungen ja auch wertvolle Mineralien, die man mit salzigen Pommes reinholen kann. „Das könnten sie auch mit Radieschen und ein bisschen Salz darauf, aber Pommes machen natürlich mehr Spaß“, sagt selbst die Ernährungsexpertin Alexa Iwan und hat auch Verständnis für Naschgelüste. „Freibad ist Sommer, und da isst man halt Eis.“Also ran an die Kühltruhe.
Die Auffälligen
Aufgemerkt, Leute, bitte alle mal herschauen: der Auftritt des Posers. Makellos gebräunter Körper, knappe Badehose und verspiegelte Sonnenbrille. Seine Lieblingszone: die Sonnenliege direkt am Wasser. Sehen und gesehen werden – was Hollywood kann, können wir schon lange. Im Wasser selbst findet man den Poser selten. Schließlich kann man seinen Astralkörper da nicht sehen. Außerdem könnten beim Schwimmen auch die schönen, gestylten Haare durcheinander geraten. Nicht minder auf Aufmerksamkeit bedacht: die Lautsprecher. Mit durchdringender Stimme räsonieren sie über Gott und die Welt und schielen immer wieder beifallheischend auf die Umliegenden. Was die Nachbarn wirklich denken, bleibt ihnen verborgen: Halt doch endlich mal die Klappe!
Die Gelenkigen
Es gibt da zwar diese Umkleidekabinen, aber da riecht es halt oft so komisch. Und wer weiß, welche Bakterienstämme dort heimisch sind ... Nein, diese Lokalitäten meidet der Badegast mit mittelschweren Hygienebedenken dann doch lieber. Doch wie soll man in die Badesachen schlüpfen, ohne sich zu entblößen? Kein Problem für die Gelenkigen, die mittels Handtüchern oder langen TShirts und mit hochrotem Kopf die merkwürdigsten Verrenkungen vollführen. Ein sehenswerter Eiertanz, der vom umliegenden Publikum meist interessiert verfolgt wird.
Die Jugendlichen
Wir waren alle mal 15. Und ja, es gab früher auch schon Wettbewerbe im Rülpsen oder Weitspucken. Es war auch lustig, sich ins Wasser zu schubsen und laut grölend die perfekte Arschbombe zu platzieren. Laute Musik? Früher schon Grund für Streit auf der Liegewiese, weshalb es in vielen Baderegeln heißt: „Verwenden Sie keine Tonwiedergabegeräte (ausgenommen über Kopfhörer).“ Was sonst hilft? Ein Eis holen und sich an die eigene Jugend erinnern, überlegen, wann man selbst das letzte Mal so viel Spaß beim Baden hatte. Lange her, oder nicht?
Das Phantom
Er/sie/es kommt stets mit leichtem Gepäck. Handtuch und Badesachen müssen reichen. Die Klamotten liegen in einem kleinen Häufchen am Ufer. Sein Schwimmausflug ist oft ausgedehnt – so sehr, dass man fast schon versucht ist, die Kleidungsstücke als Fundsachen abzugeben oder eine Vermisstenmeldung beim Bademeister aufzugeben. Doch dann kehrt er zurück, packt schnell zusammen und ist weg, bevor die Umliegenden ihre Sonnenbrillen abnehmen oder Hallo sagen können. Bisschen unheimlich, aber das Phantom ist definitiv einer der angenehmsten Zeitgenossen im Kampf um die besten Liegeplätze.