Lage an Verwaltungsgerichten entspannt sich wieder
Zahl der offenen Asylverfahren geht zurück – Freistaat hat deutlich mehr Richter eingestellt
MÜNCHEN - Der Berg an unerledigten Asylverfahren vor den bayerischen Verwaltungsgerichten schrumpft langsam wieder. Ende Juli dieses Jahres waren bei den sechs Verwaltungsgerichten noch knapp 38 000 Asyl-Hauptsacheverfahren anhängig, teilte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Dienstag mit. Zum Höhepunkt der Asylverfahrens-Welle im vergangenen Jahr waren es mehr als 41 000.
Vor den Verwaltungsgerichten München, Augsburg, Ansbach, Regensburg, Bayreuth und Würzburg landen die Klagen, die Asylbewerber gegen Ablehnungsbescheide des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) einlegen. 2017 haben diese mit 45 276 einen Höhepunkt erreicht. Im ersten Halbjahr 2018 gingen nur noch 9697 solcher Klagen ein, was für das ganze Jahr eine Zahl von weniger als 20 000 erwarten lässt. Demgegenüber stieg die Zahl der von den Richtern erledigten Hauptsacheverfahren in den ersten sechs Monaten dieses Jahres auf 11 909. Im gesamten Jahr 2017 waren es 18 922.
„Richter auf Probe“als Puffer
Der Freistaat hat auf die 2015 sprunghaft angestiegenen AsylbewerberZahlen reagiert. Insgesamt bewilligte der Landtag bis zum Sommer dieses Jahres 166 zusätzliche Verwaltungsrichterstellen und weitere 144 für nichtrichterliches Personal. Derzeit sind an den bayerischen VG damit 376 Richterstellen vorhanden, wenn auch noch längst nicht alle besetzt. „Richter wachsen nicht auf Bäumen“, sagte der Präsident des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH), Stephan Kersten. Falls irgendwann nicht mehr so viele Richter benötigt werden, habe man mit den 60 tätigen „Richtern auf Probe“einen gewissen Puffer. Diese Richter wechseln routinemäßig nach drei Jahren wieder in die Verwaltung.
Dennoch beschleunigt sich das Tempo, in welchem der Stau an Asylverfahren abgearbeitet wird. Bis Ende 2018 werden insgesamt 26 neue Kammern besetzt sein, 16 davon arbeiten bereits. „Mit der Besetzung der neu geschaffenen Richterstellen werden wir die Erledigungen künftig sogar noch weiter steigern können“, so Minister Herrmann.
Vier Jahre für Aufarbeitung
Gerichtshof-Präsident Kersten schätzte, dass es noch vier Jahre dauern könnte, bis die Verwaltungsgerichtsbarkeit den Asylbewerberansturm der Jahre 2015 und folgende aufgearbeitet hat. Eine neue „Quelle für Verfahren“sei die turnusmäßige Überprüfung von rund einer halben Million Asylbescheiden durch das Bamf, die jetzt anlaufe.
Trotz des hohen zusätzlichen Arbeitsanfalls durch Asylverfahren sei es gelungen, die durchschnittliche Dauer der allgemeinen Verfahren von etwa neun Monaten zu halten, hob Herrmann hervor. Während bei den VG in München, Regensburg und Würzburg die zusätzlichen Richter und Bediensteten noch untergebracht werden können, werden in Ansbach vorübergehend weitere Räume angemietet, in Augsburg steht eine bauliche Erweiterung an und in Bayreuth behilft man sich mit Bürocontainern.
Das Entscheiden über Bleiben oder Ausreisen von Asylbewerbern lasse auch die Richter nicht kalt, sagte Verwaltungsgerichtshof-Präsident Kersten: „Die Leute, die hier Anträge stellen, sind in der Regel alle arme Teufel.“