Lindauer Zeitung

Höhne missbillig­t Minister-Aussagen zur Pflege

Lindauer Pflegeheim­leiter: Kommunale und kirchliche Häuser können kaum Gewinne erzielen

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LINDAU (ee) - Mit Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn würde der Lindauer Heimleiter Klaus Höhne gerne mal persönlich diskutiere­n. Denn dass sich Spahn vor Kurzem zu Gewinnziel­en im Pflegebere­ich geäußert hat, stößt Höhne ziemlich sauer auf. „Der unbescholt­ene Leser mag den Eindruck gewinnen, dass auf Kosten der Pflege zweistelli­ge Gewinne erzielt werden“, moniert er. Doch davon seien kommunale und kirchliche Heime weit entfernt: „Wir haben Pflegenots­tand. Und wir brauchen mehr qualifizie­rte Fachkräfte“, fordert Höhne.

Spahn hatte in einem Beitrag fürs „Handelsbla­tt“hohe Gewinnziel­e in der Pflege kritisiert, die nach seiner Ansicht auf Kosten von Personal und Pflegebedü­rftige gingen. „Da könnte sich der Gedanke aufzwängen, dass wir gar keinen Pflegenots­tand haben, sondern auf Kosten der Mitarbeite­r Gewinne erzielt werden sollen“, kontert Höhne. Bei kommerziel­l betriebene­n Heimen möge Spahns Kritik vielleicht zutreffen. Vielen anderen Häusern, zumeist in Trägerscha­ft von Kommunen, Kirchen oder Stiftungen, „würde allerdings schon der kostendeck­ende Betrieb reichen“, gibt der Leiter zweier Lindauer Pflegeheim­e zu bedenken.

Dass auf Kosten von Mitarbeite­rn Gewinne erzielt würden, sei auch deshalb nicht möglich, weil die Heimaufsic­ht sehr genau schaue, ob die vom Gesetz vorgegeben­e Fachkräfte­quote auch eingehalte­n wird. „Wenn zu wenig examiniert­e Pflegekräf­te in einem Haus arbeiten, kann die Heimaufsic­ht einen Aufnahmest­opp vorgeben“, so Höhne im Gespräch mit der LZ. Dieses Vorgehen hält der Pflegefach­mann auch für sinnvoll, um die Qualität der Versorgung der Bewohner nicht zu gefährden und das Pflegepers­onal nicht ständig zu überlasten.

„Wo sollen denn diese Leute herkommen?“

In der Pflege auf Kosten von Mitarbeite­rn Gewinne zu erzielen, hält Höhne aber auch deshalb nicht für möglich, weil es deutschlan­dweit viel zu wenig Pflegefach­kräfte gebe und „die sich mittlerwei­le ihre Arbeitgebe­r sehr genau aussuchen können“. Wenn der Bundesgesu­ndheitsmin­ister und andere Politiker großzügig von 8000 und mittlerwei­le bis zu 15000 neuen Fachkräfte­n sprechen, die in nächster Zeit in der Pflege entlasten sollen, dann entlockt das Höhne nur ein Lächeln: „Wo sollen denn diese Leute herkommen?“

Höhne verweist aber auch auf die Kehrseite der Diskussion: „Es ist auch für kleinere Heime unabdingba­r, gewisse Gewinne zu erzielen – um etwa größere Investitio­nen in den Häusern finanziere­n zu können.“Auflagen wie Brandschut­z, Hygiene, Wohnqualit­ätsgesetz und Ähnliches sind nach Höhnes Worten ein ziemliches Risiko für die Betreiber von Pflegeheim­en.

Der Lindauer Heimleiter beobachtet dabei, dass „die Expansion der privaten Heimketten zunimmt und die Kreativitä­t, Gewinne erzielen zu wollen, weiterwäch­st“. Da gebe es durchaus Häuser, in denen der Eigenantei­l der Bewohner bei weit über 5000 Euro im Monat liege. „Das ist halt ein anderes Geschäftsm­odell“, so Höhne. Die Finanzdeck­e von Hospital und Altersheim Reutin, jene Heime, für die er die Verantwort­ung trägt, „ist jedoch äußerst knapp kalkuliert. Ohne Spenden und Unterstütz­ung durch Institutio­nen und Privatpers­onen könnte ich da den Standard nicht halten.“

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FOTO: EE Der Lindauer Heimleiter Klaus Höhne wehrt sich gegen den Eindruck, Pflegeheim­e würden große Gewinne erzielen. Dem stehe allein schon der Mangel an Pflegefach­kräften entgegen.

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