Cobario zeigen sich temperamentvoll und auch sinnlich
Konzert im Zeughaus ist eine musikalische Reise durch die Welt mit vielen Geschichten
LINDAU - So schön ein SommerOpen-Air mit Cobario aus Wien gewesen wäre – das Wetter spielte einfach nicht mit. So ist das Zeughaus mit seinem alten Gebälk und seiner besonderen Atmosphäre eine wunderbare Alternative. Es heißt zurücklehnen, Augen schließen und genießen. „Träumen Sie sich in die warme Welt hinein, die Cobario jetzt für Sie auf die Bühne zaubert“, lädt Stefan Fürhaupter ein, der Vorsitzende des Zeughausvereins.
Die drei jungen Musiker betreten entspannt diese Bühne und so manche Frau überlegt sich, ob sie es nicht beim Zurücklehnen belassen und die Augen offenhalten soll – denn bei Herwig Schaffner alias Herwigos an der Geige, Georg Aichberger alias Giorgio Rovere an der ersten Gitarre und Jakob Lackner alias El Coba, ebenfalls an der Gitarre – hört das Auge ganz sicher auch mit.
Was folgt, ist eine Reise durch die Welt in 150 Minuten. Dabei sind Länder wie Rumänien, Tunesien, Mexiko oder Iran, durch die sie im vergangenen Jahr getourt sind, die sie inspiriert haben. Im Wechsel erzählen sie zu jedem ihrer Stücke eine charmante und amüsante Geschichte und es geht von Spanien über „Seven Seas“– vielleicht über den Ozean oder auch an den Bodensee. Am Balaton besitzen sie ein kleines Komponierhäuschen, erzählt Herwigos. Mit dem Nachbarn haben sie sich angefreundet und auch mit seinem Esel, der Zimbo heißt. Als sie im Supermarkt sahen, dass es eine Wurstmarke mit dem gleichen Namen gibt, komponierten sie dem Esel ein eigenes Zimbo-Lied.
Viele Erlebnisse in Liedern verewigt
El Coba nimmt die Zuhörer mit nach Nizza ins Jahr 2007, zurück in ihre ersten gemeinsamen Jahre, die sie als Straßenmusiker verbracht haben. Die Stadt habe sie so beeindruckt, dass sie auch ihr ein Stück geschrieben haben. Überhaupt widmen sie den meisten ihrer Begegnungen, Gedanken, Erlebnissen ein Stück, so auch einer dicken, faulen Perserkatze namens Blue, die in ihrem zweiten Komponierhäuschen in Oberösterreich lebt. Beim genaueren Beobachten ihres Tagesablaufs – Schlafen, Fressen, Schlafen, Fressen – „haben wir uns plötzlich wiedererkannt, besonders unseren Herrn Geiger“, grinst Giorgo Rovere. Und so habe sie Blue als Muse zu „The life of Blue“inspiriert. Für dieses Lied wechselt der „Herr Geiger“ans Klavier. Geschichte für Geschichte entsteht das Bild eines wunderbaren Musikerlebens. Auf der Bühne ist dazu ein Flirt mit den Noten, den Instrumenten, dem Publikum zu sehen und zu hören, durchaus sinnlich und durchtränkt mit legendärem, feinsinnigem, spitzbübischem Wiener Charme und Schmäh.
Den Klang ihrer Lieder mit Worten zu beschreiben, ist müßig. Das muss man sich anhören – denn wie klingt es wohl, wenn sich drei Wiener fragen, was passieren würde, wenn sie eine Blume auf dem Mond pflanzen würden? Oder wie hört es sich an, wenn Herwigo die Geige gestohlen wird, er verzweifelt eine neue suchen muss und ihr dann ein Probestück widmet?
„Reconquista“heißt das über sechsminütige, emotionsgeladene Stück. Ein Drama, in dem Herwigos zum Teufelsgeiger wird. Ihr schöner Bandname werde oft verunstaltet, erzählt Giorgo Rovere. Die Variante Coboria finden sie dabei so interessant, dass sie sich überlegt haben, wie ihre Musik dann klingen würde. Und wieder setzt sich der Geiger ans Klavier und es folgt ein bedrohliches, beeindruckendes Melodram, an dessen Ende Herwigos die letzten Töne wie einen letzten Atemzug in der Luft hängen und ersterben lässt.
Das Publikum ist hingerissen, fordert zwei Zugaben, bekommt sie – und erhält schließlich mit dem völlig neuen „Weit weg“einen berührenden Abschluss und den unbedingten Wunsch, die Combo bald wieder zu hören. Was durchaus möglich ist: Denn wer unter www.cobario.com für seine Wunschstadt abstimmt, kann sie vielleicht im frühen Frühling 2019 wieder nach Lindau locken.