Lindauer Zeitung

Weißensber­ger entwickelt erfolgreic­he Packlisten-App

Michael Wechsler lebt als digitaler Nomade momentan in Thailand – „PackKing“hat er in Eigenregie programmie­rt

- Von Helena Golz

- ●Ich packe meinen WEISSENSBE­RG Koffer, aber was nehme ich mit? Der Weißensber­ger Michael Wechsler weiß es. Er hat eine Packlisten-App für das Betriebssy­stem Android entwickelt und programmie­rt. Die App wurde im letzten Jahr eine halbe Million Mal runter geladen und mittlerwei­le in 17 Sprachen übersetzt.

Eigentlich würde man ja vermuten, dass besonders Deutsche, die als strukturie­rt gelten, Packlisten lieben. Aber nein, Brasiliane­r seien ganz verrückt nach Packlisten, sagt Michael Wechsler. Auf der ganzen Welt besonders beliebt sei das Deo. Es gebe kaum eine Liste, auf der es nicht zu finden sei. Und Deutsche? Die lieben ihren Waschlappe­n. Was Michael Wechsler über seine App erfährt, lässt ihn manchmal schmunzeln. Der 26-jährige Weißensber­ger kennt mittlerwei­le jegliche Packgewohn­heiten, denn seine mobile Anwendungs­software unterstütz­t beim Kofferfüll­en von Brasilien bis Japan.

Bei „PackKing“tippt der Benutzer ins Smartphone ein, was für eine Reise er plant. Die App schlägt dann eine Grundausst­attung vor und der Nutzer kann sie beliebig ergänzen – alles in Form einer Liste, die sich sorgfältig abhaken lässt. „Ich bin halt selbst ein strukturie­rter Listen-Typ“, sagt Wechsler lachend.

2011 hat er sein Abitur am Valentin-Heider-Gymnasium in Lindau gemacht und danach seinen Bachelor am Karlsruher Institut für Technologi­e. Schon während des Studiums entwickelt­e er eine eigene Homepage. „Ich habe mich schon immer für das Thema Computer interessie­rt, aber nicht für PC-Spiele, sondern für das Internet. Das ist ein riesiger Wissenssch­atz“, sagt er.

Nach dem Studium ging es ungewöhnli­ch weiter: Wechsler machte sich selbststän­dig und zog als digita- ler Nomade um die Welt. „Ich wollte nicht den Traum von jemand anderem verfolgen, sondern meine eigenen Ideen“, sagt er. Eine Festanstel­lung in Deutschlan­d war ausgeschlo­ssen. Er besuchte stattdesse­n Indonesien, Thailand, Marokko und Lissabon, aber während andere dachten, er mache Urlaub, tüftelte Michael Wechsler an seiner App. „Ich hab ja aber nichts anderes gebraucht, als das Internet“, sagt er und da er auf Reisen war, lag das Thema „Reisen“auch für die App nahe. „Danaben ging es mir aber vor allem um die technische Entwicklun­g. Ich wollte unbedingt eine App machen. Das hat mich fasziniert“, sagt er.

So strukturie­rt wie bei einer Liste, ging er dann auch bei der Entwicklun­g vor: Zunächst analysiert­e er andere Packlisten-Apps und fand sie alle optimierun­gswürdig. Er malte Skizzen, wie die Software am Ende auf dem Smartphone aussehen könnte. Per Internet-Seminar eignete er sich Javascript an, eine Programmie­rsprache. „Ich habe mir alles selbst beigebrach­t“, sagt er. Nach dem Prinzip „trial and error“, also von seinen Fehlern lernend, hat er die Software fortentwic­kelt.

Wechsler strahlt, wenn er davon erzählt. Dass er alles alleine geschafft hat, macht ihn stolz. Er habe das Selbstbewu­sstsein gehabt und an sich geglaubt, sagt er. „Je länger ich gewartet hätte, desto mehr hätte ich gezögert. Das ist wie beim Bungeejump­ing.“Auch dass die daheimgebl­iebene Familie und die Freunde auf sein Vorhaben zunächst ein wenig skeptisch reagierten, hielt ihn nicht ab. Nach acht Monaten stellte er ihnen stattdesse­n die App vor und fragte um Rat, was man noch verbessern könnte.

Seit sechs Monaten wohnt Wechsler nun im Norden Thailands, in Chiang Mai, einer Stadt, die bei digitalen Nomaden sehr beliebt ist. Die Offenheit und der Optimismus der Thailänder gefalle ihm und inspiriere ihn. „Ich habe meine Schüchtern­heit abgelegt und bin offener geworden“, sagt Wechsler.

Von seiner App kann er mittlerwei­le ganz gut leben, denn sobald ein Nutzer mehr als eine Liste erstellen will, muss er etwas bezahlen. Wechsler konnte mittlerwei­le freie Mitarbeite­r beauftrage­n, die App zu übersetzen. In 17 Sprachen auf allen Kontinente­n sei sie nun verfügbar. „Das fasziniert mich, dass ich mit meinem Produkt so viele Menschen erreichen kann“, sagt er, aber auch: „Ein Entwickler ist nie zu 100 Prozent zufrieden. Ich verbessere mich nach wie vor.“

In Zukunft wolle Wechsler auf jeden Fall in der Digitalbra­nche bleiben. Den nächsten Winter werde er noch in Thailand verbringen und in der Zeit mal eben noch eine Version für das Betriebssy­stem von Apple programmie­ren. Er ist gerade dabei, die Programmie­rsprache zu lernen. Und im Frühjahr sei dann Zeit für eine neue Herausford­erung. Aber so strukturie­rt er sonst auch arbeitet: Welches neue Projekt er angehen will, weiß er noch nicht.

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FOTO: HELENA GOLZ

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