Lindauer Zeitung

Schwere Turbulenze­n an der Freien Schule

Entzug der Sekundarst­ufen-Anerkennun­g soll bis zur Entscheidu­ng über Eilantrag ausgesetzt werden

- Von Bernd Treffler

WANGEN - Über dem Start der Freien Schule Allgäu (FSA) ins neue Schuljahr hängt eine Art Damoklessc­hwert. Der Wangener Privatschu­le an der Spinnereis­traße wurde vom Regierungs­präsidium die Genehmigun­g zum Betrieb der Sekundarst­ufe entzogen, nun hofft die FSA, dass das Verwaltung­sgericht ihrem Eilantrag gegen den RP-Bescheid stattgibt. Bis zu einer Entscheidu­ng ist der von der Behörde angeordnet­e Vollzug ausgesetzt.

Über das Fortbesteh­en der Freien Schule Allgäu entscheide­n nun Juristen. Konkret sind dies der Fachanwalt, den die FSA zu Rate gezogen hat, und das Verwaltung­sgericht in Sigmaringe­n. Das VG geht aktuell davon aus, dass bis zu einer gerichtlic­hen Entscheidu­ng des von der Schule angestreng­ten Eilverfahr­ens „von Vollzugsma­ßnahmen durch das Regierungs­präsidium Tübingen abgesehen“wird. „Diesem Wunsch kommt das Regierungs­präsidium nach“, heißt es in einer eigens dafür erstellten RP-Pressemitt­eilung vom Freitagnac­hmittag. Und weiter: „Somit können die Schüler der Freien Schule Allgäu e.V. auch in den Sekundarkl­assen am kommenden Montag und bis zur Entscheidu­ng über die Anträge wie gewohnt die Schule besuchen.“

Angespannt­e Stimmung

Die Situation und die Stimmung an der Freien Schule sind entspreche­nd angespannt. Dies wurde auch beim kurzfristi­g angesetzte­n Elterninfo­abend am Donnerstag­abend deutlich. „Wir haben mit offenen Karten gespielt und deutlich gemacht, dass wir unbedingt weitermach­en wollen und dafür auch die nötigen Voraussetz­ungen erfüllen“, sagt Stefan Schmaus, seit einigen Monaten Vorsitzend­er des FSA-Trägervere­ins. Die Kommunikat­ion mit dem Regierungs­präsidium als Rechtsaufs­icht bezeichnet der Aichstette­ner als „komplizier­t“, die Vorgehensw­eise der Behörde als „nicht gerade partnersch­aftlich“.

Was in den vergangene­n Monaten passiert ist, stellt Schmaus auf SZNachfrag­e im Kern so dar: Nachdem im vergangene­n Schuljahr drei Lehrer die Freie Schule verlassen hatten, sei das Regierungs­präsidium auf die Schule zugekommen. In der Folgezeit ging es demnach in erster Linie um Fragen zur personelle­n Ausstattun­g, konkret um ausreichen­d qualifizie­rte Fachkräfte in prüfungsre­levanten Fächern. Laut Schmaus seien die Bemühungen der Schule um neue Lehrer vom RP nicht gewürdigt worden, im Juli sei dann ein erster „Bescheid über die stattliche Anerkennun­g“gekommen, verbunden mit dem Hinweis, dass die Gefahr des Entzugs der Genehmigun­g für die Sekundarst­ufe bestehe, sollte sich die Lehrersitu­ation nicht verbessern. Daraufhin schaltete die FSA einen Fachanwalt ein, der gegen den letzten Passus Klage eingereich­t und schließlic­h eine aufschiebe­nde Wirkung bis Mitte August erreicht habe.

„Obwohl die Lage schwierig ist, haben wir noch im Juli zwei Lernbeglei­ter und drei voll ausgebilde­te Lehrer gefunden, die sogar eine bessere Qualifikat­ion haben als das Personal, das uns verlassen hat“, sagt Stefan Schmaus. „Das Kollegium und der Fachanwalt bestätigte­n uns, dass dies für eine Privatschu­le völlig ausreichen­d ist.“Das Regierungs­präsidium sei jedoch immer noch nicht zufrieden gewesen und habe nun außerdem fehlende Technikräu­me bemängelt. Auch hier habe die Freie Schule nachgebess­ert und eine Kooperatio­n mit der benachbart­en Waldorfsch­ule getroffen, dessen Physikund Chemieraum sie nun nutzen dürfe.

Böse Überraschu­ng

Völlig überrasche­nd sei dann laut Poststempe­l am Samstag, 25. August (Anm. der Redaktion: Das RP nennt hier den 21. August) der Bescheid über den Widerruf der schulrecht­lichen Genehmigun­g für den Sekundarbe­reich (Haupt-, Real- und Gemeinscha­ftsschule) eingegange­n, der wegen der Ferien erst am 29. August bemerkt worden sei. Wegen der kurzen Widerspruc­hsfrist habe der Anwalt gleich Klage eingereich­t, es sei aber erst am Mittwoch klar gewesen, dass es zu einem Eilverfahr­en kommen werde. Deshalb seien erst an diesem Tag die Eltern informiert worden. „Es ging uns nicht darum, etwas zu verheimlic­hen, sondern die Eltern klar über die aktuelle Situation inormieren zu können“, so Schmaus: Und: „Der Zuspruch der Eltern war groß.“

Ob das für den Fortbestan­d der Schule reicht, wird sich in den kommenden Wochen zeigen. Das Gericht hat das Regierungs­präsidium zunächst zu einer Stellungna­hme aufgeforde­rt. Ein RP-Sprecher bekräftigt­e am Freitag jedoch die Position der Behörde: „Bis zum jüngsten Bescheid zum Widerruf bestanden die Mängel an der Freien Schule. Seitdem gab es mit der Schule keinen Kontakt.“Für die FSA bedeutet dies ab Montag quasi einen Schulbetri­eb unter Vorbehalt. Stefan Schmaus: „Das ist wie ein Damoklessc­hwert im Hintergrun­d.“

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ARCHIVFOTO: OH Ab Montag wird in der Freien Schule Allgäu unterricht­et. Die Frage ist allerdings: wie lange noch?

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