Lindauer Zeitung

Mit Leib und Seele Landärztin in Opfenbach

Dr. Rita Schuster-Jartym hört Ende September aus Altersgrün­den auf

- Von Maria Luise Stübner

- Wenn den Opfenbache­rn etwas weh tat, haben sie bisher immer verlässlic­h gewusst, wohin sie gehen können: zu Dr. Rita Schuster-Jartym, ihrer Landärztin. Ende September, nach fast 30 Jahren als selbststän­dige praktische Ärztin, wird Schuster-Jartym aus Altersgrün­den ihre Praxis im alten Pfarrhof aufgeben. Das tut den Opfenbache­rn weh, aber Hilfe ist in diesem Fall (noch) nicht in Sicht. Denn ein Nachfolger hat sich bisher trotz großer Bemühungen nicht gefunden.

Rita Schuster-Jartym wird im Januar 67 Jahre. Um die Praxis nahtlos übergeben zu können, hat sie sogar über die Regelalter­sgrenze hinaus weitergear­beitet. Sie ist froh, dass zumindest für die ärztliche Betreuung der Bewohner im Opfenbache­r Seniorenhe­im St. Severin eine Lösung gefunden wurde. Diese übernimmt eine Kollegin aus Wangen.

„Ich habe schon immer Landärztin werden wollen“, erzählt Schuster-Jartym zu ihrem Werdegang. Das habe sie schon im ersten Semester des Humanmediz­instudiums an der FU Berlin-West gewusst. Nach dem Studium folgten die Zeiten als Assistenzä­rztin in der Inneren des Helmstedte­r Krankenhau­ses, in einer Reha-Einrichtun­g und einer Landarztpr­axis in der Nähe von Helmstedt (Niedersach­sen). Hier gab es weit und breit keinen anderen Arzt, keinen geregelten Notdienst. „Tag und Nacht kamen Leute“, erinnert sich Schuster-Jartym, „vom Säugling bis zum Hundertjäh­rigen“. Aus familiären Gründen sei sie dann wieder ins Westallgäu gekommen, in die Nähe von Lindenberg, wo sie geboren wurde und zur Schule ging.

Am 1. April 1989 übernahm sie von einer erkrankten Kollegin die kleine Praxis in Opfenbach, der Patientens­tamm wuchs innerhalb weniger Jahre zu überdurchs­chnittlich­er Größe. Ihre Patienten kommen aus dem ganzen Westallgäu, auch aus dem Württember­gischen. Und ein ganz treuer Patient, der weggezogen ist, nimmt sogar einen Weg von 80 Kilometern auf sich, um zu „seiner“Ärztin zu kommen. Rita Schuster-Jartym freut diese Bindung an die Patienten. Sie lebt und arbeitet gerne auf dem Land. Die Landbevölk­erung sei unkomplizi­erter als die Städter, sagt sie. Sie kennt hier die Familien der Patienten. Und weil sie selbststän­dig ist, kann sie selbst entscheide­n, wie viel Zeit sie sich für ihre Patienten nimmt. Dass sie sich für jeden Zeit nimmt, weiß jeder in Opfenbach. Auch, dass sie eine sehr kompetente Ärztin ist. Das schlägt Dr. Rita Schuster-Jartym über ihren Beruf sich auch im Arztbewert­ungsportal Jameda nieder. In den acht Bewertunge­n gab es jeweils Spitzennot­en für Dr. Schuster-Jartym und ihr Team. Ein Team, das immer aus vier bis fünf Mitarbeite­rinnen bestand. Eines, auf das sich die Ärztin immer verlassen konnte. Eines, das ihren Abschied bedauert.

Fachkompet­enz und Empathie

Sprechstun­den, Hausbesuch­e, medizinisc­he Versorgung der Bewohner des Seniorenhe­ims: Die Tage von Rita Schuster-Jartym waren mehr als ausgefüllt. Abends wartete dann die Verwaltung­sarbeit. Dazu kamen Fortbildun­gen und die Bereitscha­ftsdienste an Wochenende­n und nachts. Bis vor vier Jahren habe sie Dienst an 16 bis 18 Wochenende­n pro Jahr gemacht – plus die Nachtberei­tschaftsdi­enste, so die Ärztin. Für den Arztberuf brauche es Fachwissen, Empathie und eine hohe soziale Kompetenz, stellt sie fest und fügt an: „Man muss die Menschen mögen, vor allem die Kranken.“Und eine zupackende Art hat sie auch. Wie damals, als vor vielen Jahren eine Patientin als Notfall ins Krankenhau­s musste. Das wollte die Frau partout nicht, weil sie ihren pflegebedü­rftigen Mann und die Katze zu versorgen hatte. Was macht Schuster-Jartym zusammen mit einer Arzthelfer­in? Sie lässt sich Auto- und Hausschlüs­sel der Patientin geben, bringt deren Mann im Seniorenhe­im St. Severin unter. Dann heißt es nachts mit der Taschenlam­pe die Katze im Garten suchen, sie ins Haus bringen, bei den Nachbarn klingeln und diese bitten, die Katze zu versorgen. Dieser Arbeitstag war dann gegen 22.30 Uhr zu Ende.

Und wie sieht die Zukunft aus? „Erst mal erholen“, sagt Rita Schuster-Jartym. An medizinisc­hen Fortbildun­gen will sie weiter teilnehmen. Und sie kann sich auch vorstellen, mal Krankheits- oder Urlaubsver­tretungen zu übernehmen. Denn gar nichts mehr zu arbeiten, kommt eigentlich nicht infrage: „Dafür liebe ich meinen Beruf zu sehr.“

„Man muss die Menschen mögen, vor allem die Kranken.“

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FOTO: HIPP Das Team mit Brigitte Kistner, Helga Trunzer, Nadine Schneider, Dr. Rita Schuster-Jartym und Gisela Woidschütz­ge (von links) hat auch für die Patienten stets ein Lächeln übrig.

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