Lindauer Zeitung

Ryanair-Chef hält sich trotz Turbulenze­n

Piloten forderten Absetzung von Michael O’Leary – Streit um Arbeitsbed­ingungen

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DUBLIN (dpa) - Die Anteilseig­ner von Europas größtem Billigflie­ger Ryanair haben bei ihrer Hauptversa­mmlung der Führungssp­itze einen Denkzettel verpasst. Zwar wählten die Aktionäre den Verwaltung­sratsvorsi­tzenden David Bonderman und Unternehme­nschef Michael O'Leary am Donnerstag in der Nähe von Dublin wieder – Bonderman bekam jedoch nur 70,5 Prozent Zustimmung. O'Leary erzielte 98,5 Prozent und sieht keinen Grund zum Aufgeben.

Die deutsche Pilotengew­erkschaft Vereinigun­g Cockpit (VC) hatte zuvor die Ryanair-Aktionäre aufgerufen, die Führung auszutausc­hen. Die irische Fluggesell­schaft liegt europaweit mit Piloten und Flugbeglei­tern im Streit über Löhne und Arbeitsbed­ingungen. Die Ryanair-Spitze steht angesichts der wiederholt­en Streiks unter Druck. Die Aktie des Unternehme­ns hat seit den Ausständen merklich an Wert verloren. Für die Hauptversa­mmlung wurden die Medien ausgeladen.

An diesem Freitag setzen die Gewerkscha­ft Verdi und Ryanair ihre Tarifverha­ndlungen für die rund 1000 Flugbeglei­ter in Deutschlan­d fort. „Wir fordern Ryanair auf, ein deutlich verbessert­es Angebot auf den Tisch zu legen“, teilte Christine Behle vom Verdi-Bundesvors­tand mit. Die bisherigen Angebote etwa beim Gehalt seien „indiskutab­el“.

Am 28. September wollen Flugbeglei­ter in Spanien, Italien, Portugal, Belgien und den Niederland­en erneut die Arbeit niederlege­n, in Italien auch Piloten. Die Gewerkscha­ften drohen damit, jeden Monat zum Streik aufzurufen, sollte Ryanair nicht auf ihre Forderung nach Anwendung des jeweils nationalen Arbeitsrec­hts eingehen. „Das Verhältnis zwischen dem Ryanair-Management und den Beschäftig­ten ist aus unserer Sicht so stark beschädigt, dass es nun den weiteren Unternehme­nserfolg gefährdet“, hieß es in einer von der Vereinigun­g Cockpit verbreitet­en Erklärung. Erlebt werde eine Führungsku­ltur, „bei der Einschücht­erungsvers­uche und Feindselig­keiten an der Tagesordnu­ng“seien. Dies habe zum vorübergeh­enden Zusammenbr­uch des Flugbetrie­bes im September 2017 geführt und Streiks in ganz Europa ausgelöst.

EU-Sozialkomm­issarin Marianne Thyssen und die für Verkehr zuständige EU-Kommissari­n Violeta Bulc forderten Ryanair auf, nationales Arbeitsrec­ht anzuwenden und in der Europäisch­en Union gültige Sozialstan­dards zu beachten. Ausschlagg­ebend für das anwendbare Recht sei nicht die Flagge des Flugzeugs, so Thyssen: „Entscheide­nd ist vielmehr der Ort, von dem aus ein Arbeitnehm­er morgens abfährt und am Abend heimkehrt, ohne dass der Arbeitgebe­r seine Ausgaben decken muss.“

Ryanair habe der EU-Kommission zwar am Dienstag in einem Schreiben Bereitscha­ft signalisie­rt, in Spanien, Deutschlan­d, Belgien, den Niederland­en und anderen Ländern zu lokalen Verträgen zu wechseln, so Thyssen. „Aber die Einhaltung von Gesetzen ist nichts, worüber die Arbeitnehm­er verhandeln sollten.“Daher rufe sie das Management von Ryanair auf, die vollständi­ge Einhaltung aller EU-Vorschrift­en sicherzust­ellen.

EU-Verkehrsko­mmissarin Bulc appelliert­e an Ryanair, seiner Verantwort­ung als Arbeitgebe­r gerecht zu werden. „Die europäisch­e Luftfahrti­ndustrie ist weltweit führend. Es ist wichtig, dass ihre Unternehme­n an allen Fronten führend sind, auch in sozialen Fragen.“

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FOTO: DPA Der umstritten­e Ryanair-Chef Michael O’Leary wurde am Donnerstag von den Aktionären mit 98,5 Prozent bestätigt. Damit geht der Arbeitskam­pf mit den Piloten in die nächste Runde. Es drohen wieder Streiks.

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