Zu sechst gegen die Uhr
Rad-WM in Innsbruck beginnt mit Teamzeitfahren – Gute Chancen für Liane Lippert
INNSBRUCK (SID/sz) - Tony Martin fühlt sich nach überstandener Verletzung wieder auf der Höhe, und auch der aufstrebende Maximilian Schachmann will wenige Tage nach seinem Wechsel ins deutsche Team Bora-hansgrohe für Aufsehen sorgen. Vor allem die beiden Zeitfahrexperten verkörpern bei den am Sonntag beginnenden StraßenradWeltmeisterschaften in Innsbruck (23. bis 30. September) die Hoffnung auf deutsche Top-Resultate.
„Von den Medaillenchancen bin ich überzeugt, ich denke, dass ich gut drauf bin und mich von meiner Verletzung gut erholt habe“, sagte Martin, der sich bereits seit Donnerstag zur Streckeninspektion in Tirol befindet. Nach seinem bei der Tour de France im Juli erlittenen Wirbelbruch hat sich der 33-Jährige bei der Rundfahrt in Großbritannien wieder Rennhärte geholt und hofft schon am Sonntag im Teamzeitfahren mit Katusha-Alpecin auf einen Podestplatz.
Mit seiner erfolgsverwöhnten belgischen Equipe Quick-Step Floors hat aber Schachmann (24) über die zu sechst zu absolvierenden 62,8 Kilometer die noch besseren Karten. Eine Spitzenleistung wäre auch eine Art Abschiedsgeschenk des Berliners an seine Mannschaft, die er am Saisonende in Richtung des BoraTeams verlässt. „Ich habe mich sehr gut vorbereitet und hatte zuletzt eine gute Form“, sagte der Senkrechtstarter dieser Saison.
Martin, der ab 2019 mit ziemlicher Sicherheit für das niederländische Team LottoNL-Jumbo fahren wird, betrachtet seine Katusha-Equipe als „konkurrenzfähig, wir haben vom Papier her ein starkes Team“. Die Leistungen der beiden deutschen Podestanwärter im vorerst letzten WMWettbewerb der Profimannschaften werden gewiss auch Aussagekraft mit Blick auf das 52,5 Kilometer lange Einzelzeitfahren am kommenden Mittwoch geben.
In seiner einstigen Domäne sucht der viermalige Weltmeister Martin seit einiger Zeit den Weg zurück in die absolute Spitze. 2016 bei der WM in Katar hatte er seinen letzten großen internationalen Sieg im Kampf gegen die Uhr, 2017 in Bergen hat Martin als Neunter enttäuscht, dieses Jahr aber beim Giro d’Italia mit einem zweiten Rang im Zeitfahren eine Trendwende erkennen lassen.
Auch wenn der Kurs in Innsbruck mit einem Anstieg sehr anspruchsvoll ist, „sollte das Ziel sein, um Medaillen mitzukämpfen“, sagte der 33Jährige bei radsport-news.com. Das sieht ganz anders aus im sehr kletterlastigen Straßenrennen der Profis, das wie immer Abschluss und Höhepunkt der Titelkämpfe ist. Mit mehr als 4600 Höhenmetern auf den 258,5 Kilometern gehört die Strecke am Fuße des Patscherkofels zu den schwersten der WM-Geschichte.
Der Ravensburger Emanuel Buchmann, zuletzt Gesamtzwölfter der Vuelta, wird das Aufgebot des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR) anführen (gegen die Uhr startet der 25-Jährige nicht), die sprintstarken Fahrer wie Marcel Kittel oder John Degenkolb haben von vornherein wegen Chancenlosigkeit abgewinkt.
Bei den Frauen wollen Lisa Brennauer (Durach), Trixi Worrack (Cottbus) und Liane Lippert (Friedrichshafen) etwas bewegen. Lippert, 20 Jahre jung und Ende Juni Deutsche Meisterin geworden, rechnet sich auch im Mannschaftszeitfahren gleich diesen Sonntag einiges aus, gehört ihr niederländisches Profiteam Sunweb doch zum Besten im Frauenradsport. Titelverteidiger sind die Niederländer zudem; 2017 in Bergen allerdings war Liane Lippert noch nicht im Teamzeitfahrsextett. Bronze gewann damals die ebenfalls aus der Jugend des RSV Seerose Friedrichshafen stammende Lörracherin Clara Koppenburg mit Cervélo Bigla. Auch die 23-Jährige startet in Innsbruck auf der Straße.