In nur zwölf Monaten zum Marktführer geworden
Käseproduzent Hochland entwickelt im Tochterunternehmen in Oberreute einen Bio-Haferdrink aus drei Zutaten
OBERREUTE - Das in Oberreute ansässige Tochterunternehmen des Käseproduzenten Hochland, E.V.A. GmbH, hat ein neues Produkt unter der Marke Simply V entwickelt: einen Bio-Haferdrink aus nur drei Zutaten. Wasser, Hafer und Rapsöl machen aus dem Produkt eine leckere Milchalternative für Veganer oder Menschen, die an Laktoseintoleranz leiden und keinen Milchzucker vertragen. Der Clou: Der ungesüßte Haferdrink hat Barista-Qualität, lässt sich also aufschäumen wie Milch und ist damit für Cappuccino & Co. bestens geeignet. Er ist ab 15. Oktober im Handel erhältlich. Der Ein-Liter-Karton wird 2,49 Euro kosten, ist also etwas teurer als herkömmliche Milch.
Die Marke Simply V ist eine Erfolgsgeschichte. Sie hat nach eigenen Angaben in Deutschland mehr als 70 Prozent Marktanteil. Geschäftsführerin Caroline Zimmer spricht sogar vom „Wunder von Irsengund“. Denn in dem kleinen Ortsteil von Oberreute ist das Unternehmen ansässig, das sich der Herstellung von Käsealternativen auf pflanzlicher Basis verschrieben hat. Alles ist vegan. „Wir wollen beweisen, dass es kein Verzicht ist, sondern Genuss“, beschreibt sie die Philosophie.
Hochland hatte im Frühjahr 2015 das Gut Adlersreuth in Irsengund gekauft, eine frühere Wildfabrik, die übrigens nach altem Allgäuer Brauch zunächst ausgeräuchert wurde, um die alten Seelen der toten Tiere zu vertreiben. Denn vegane Ernährung und Fleisch – das passt nicht zusammen. Im Mai 2015 wurde schließlich die E.V.A. GmbH gegründet. Eine Handvoll Mitarbeiter durfte nach Herzenslust experimentieren und kreativ sein. Einzige Voraussetzung: Alles muss vegan sein. Produktentwickler Dirk Herrmann erzählt, dass er zunächst einmal im Supermarkt das halbe Backwarenregal leer gekauft und am heimischen Thermomix die Suche nach der richtigen Rezeptur begonnen hat. Allein in den ersten Monaten testete das Unternehmen über 1000 Varianten, ehe das erste Produkt fertig war: der „Simply V Streichgenuss“, eine rein pflanzliche Alternative für Frischkäse. Im September 2015 wurde die erste Palette verladen, bereits zwölf Monate nach der Einführung war das kleine Start-up Marktführer in diesem Segment.
Streichcreme war Startprodukt
Den Streichgenuss gibt es inzwischen in drei Geschmacksrichtungen (Natur, Kräuter, Bunte Paprika). Danach brachte Simply V seine „Genießerscheiben“auf den Markt, eine Art Toast- und Sandwichkäse mit inzwischen vier Geschmacksrichtungen (Natur, Kräuter, Paprika-Chili, Würzig). Dann folgte der „Reibegenuss“, eine Art Streukäse zum Überbacken beispielsweise von Pizza, Lasagne oder Seelen. Alle drei Produkte werden auf Mandelbasis hergestellt. Die Zutaten kommen aus einem Anbaugebiet in Kalifornien. Der Haferdrink ist das vierte Produkt der veganen Linie, die milchfrei, laktosefrei und glutenfrei ist.
Simply V ist in Deutschland, Österreich und der Schweiz erhältlich. Über Absatz- und Umsatzzahlen spricht die Gesellschaft nicht gern. Im August aber beispielsweise haben 80 Tonnen Ware das Firmengebäude in Irsengund verlassen, in dessen Außenbereich ein Automat steht, an dem rund um die Uhr die Produkte gekauft werden können. Demnächst wird die E.V.A. GmbH ihren Markt erweitern und nach Skandinavien exportieren. Weitere Länder könnten folgen. „Selbst Aldi Australien hat bei uns schon nachgefragt“, sagt Zimmer. Für sie ein Beweis dafür, dass sich das inzwischen auf 70 Mitarbeiter gewachsene Unternehmen mit seinen Alleinstellungsmerkmalen international behaupten kann und wird: „Wir sind wirklich weltweit die Besten.“
Simply V profitiert derzeit vom Trend zur veganen und gesunden Ernährung. Die Geschäftsführerin denkt allerdings auch einen Schritt weiter. „2050 wird die Welt sich deutlich pflanzlicher ernähren müssen“, sagt Zimmer. Prognosen rechnen mit einem Anstieg der globalen Bevölkerung auf zehn Milliarden Menschen. Gleichzeitig werden die Tierhaltung und die Fleischproduktion aber an ihre Grenzen stoßen. Das Westallgäuer Unternehmen, das inzwischen bis zu 60 Bewerbungen auf eine Stelle bekommt, hat es sich auch deshalb zur Aufgabe gemacht, weiter nach Alternativen zu suchen. Allerdings muss deren Markteinführung wohl überlegt sein, denn jedes neue Produkt setzt zunächst einmal einen Invest von einer Viertelmillion Euro voraus.