Lindauer Zeitung

Die letzte Sitzung vor dem Klimawechs­el

Zwei Wochen vor der Wahl hält Ministerpr­äsident Söder seine letzte Regierungs­erklärung

- Von Christoph Trost und Marco Hadem

MÜNCHEN (lby) - Der bayerische Landtag steht vor einer Zeitenwend­e. In gut zwei Wochen wird gewählt. Und wenn es so kommt, wie alle Umfragen nahelegen, dann wird das Parlament künftig anders aussehen: die absolute CSU-Mehrheit weg, vielleicht sechs oder gar sieben Fraktionen im Landtag, die AfD mit mehreren Abgeordnet­en im Maximilian­eum. All dies schwingt mit an diesem denkwürdig­en Donnerstag, in der letzten Plenarsitz­ung dieser Legislatur­periode.

Auch Markus Söder räumt ein, der Freistaat stehe vor einer ungewissen Zukunft, auch der Landtag. „Sind wir ehrlich: Es besteht ja auch die Herausford­erung, dass unser Parlament sich verändert. Unser Parlament kann voller werden, vielleicht auch ganz, ganz anders“, sagt er.

Noch aber ist es nicht soweit. Ein letztes Mal liefern sich CSU und Opposition einen lebhaften Schlagabta­usch. Der Ministerpr­äsident hält seine zweite Regierungs­erklärung, mit viel CSU-Eigenlob, aber auch staatstrag­end, mit der Warnung vor instabilen politische­n Verhältnis­sen. Die zentrale Botschaft an die Wähler: Bitte die CSU wählen, damit es nach dem 14. Oktober keine Koalition braucht. SPD und Grüne dagegen attackiere­n Söder, werfen ihm vor, das Land zu spalten. „Ihnen geht es ausschließ­lich um das Macht-Erringen und das Macht-Ausüben“, sagt etwa SPD-Spitzenkan­didatin Natascha Kohnen. CSU-Fraktionsc­hef Thomas Kreuzer und Generalsek­retär Markus Blume keilen nachher lautstark zurück. Wahlkampf pur, auf allen Seiten.

Wo bahnen sich Koalitione­n an?

Dabei hört man an diesem Donnerstag genau hin: Wo könnten sich da möglicherw­eise Koalitione­n anbahnen? Wen sucht sich Söder als Partner aus, wenn die CSU am Ende tatsächlic­h die absolute Mehrheit verliert?

Kreuzer macht aus seiner tiefen Abneigung gegen die Grünen jedenfalls keinen Hehl. Deren Spitzenkan­didatin Katharina Schulze schleudert er etwa entgegen, diese wäre als Innenminis­terin „völlig untragbar“.

Tatsächlic­h ist es aber nicht ausgeschlo­ssen, dass die CSU am Ende auf die Grünen oder die SPD angewiesen ist – wenn es weder für eine Alleinregi­erung noch für ein Bündnis mit den Freien Wählern oder der FDP reichen sollte. Die Freien Wähler jedenfalls stehen bereit. Zwar erklärt deren Chef Hubert Aiwanger noch einmal, man biedere sich nicht an, er sagt aber auch: „Wir müssen gemeinsam dieses Land Bayern voranbring­en.“Die Menschen interessie­re, dass Bayern künftig gut regiert werde – „und da werden die Freien Wähler dabei sein“.

Nur in einem herrscht in der Wahlkampfd­ebatte Einigkeit zwischen Söders CSU und der Opposition – in der Kritik an der AfD, die nach der Wahl ins Hohe Haus einziehen dürfte. Diese habe ihre bürgerlich­e Maske inzwischen verloren und ihr wahres Gesicht gezeigt, sei Seit’ an Seit’ mit NPD, Pegida und gewaltbere­iten Hooligans marschiert, kritisiert Söder. In diesem kurzen Teil seiner Rede bekommt er an einigen Stellen sogar Applaus aus den drei Opposition­sfraktione­n. Alle Fraktionen eint die Sorge vor einem anderen Klima im Landtag.

Drei kamen mit der Kutsche

Und hinzu kommt die ganz normale Wehmut am Ende einer jeden Legislatur­periode. Ein Hauch von Abschied weht an diesem Donnerstag durch den Plenarsaal. 39 Abgeordnet­e kandidiere­n nicht mehr, weder direkt noch über die Liste, werden dem Parlament also definitiv nicht mehr angehören. Die Dienstälte­sten sind Erwin Huber (CSU) und Peter Paul Gantzer (SPD), beide 40 Jahre im Landtag. Huber, der am Morgen zusammen mit drei weiteren Abgeordnet­en eigens mit der Kutsche vors Maximilian­eum gefahren wurde, sagt nachher, er werde die Zeit „in immerwähre­nder guter Erinnerung behalten“. Und fügt augenzwink­ernd hinzu: „Und die meisten von Ihnen werde ich tatsächlic­h vermissen.“

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