Die letzte Sitzung vor dem Klimawechsel
Zwei Wochen vor der Wahl hält Ministerpräsident Söder seine letzte Regierungserklärung
MÜNCHEN (lby) - Der bayerische Landtag steht vor einer Zeitenwende. In gut zwei Wochen wird gewählt. Und wenn es so kommt, wie alle Umfragen nahelegen, dann wird das Parlament künftig anders aussehen: die absolute CSU-Mehrheit weg, vielleicht sechs oder gar sieben Fraktionen im Landtag, die AfD mit mehreren Abgeordneten im Maximilianeum. All dies schwingt mit an diesem denkwürdigen Donnerstag, in der letzten Plenarsitzung dieser Legislaturperiode.
Auch Markus Söder räumt ein, der Freistaat stehe vor einer ungewissen Zukunft, auch der Landtag. „Sind wir ehrlich: Es besteht ja auch die Herausforderung, dass unser Parlament sich verändert. Unser Parlament kann voller werden, vielleicht auch ganz, ganz anders“, sagt er.
Noch aber ist es nicht soweit. Ein letztes Mal liefern sich CSU und Opposition einen lebhaften Schlagabtausch. Der Ministerpräsident hält seine zweite Regierungserklärung, mit viel CSU-Eigenlob, aber auch staatstragend, mit der Warnung vor instabilen politischen Verhältnissen. Die zentrale Botschaft an die Wähler: Bitte die CSU wählen, damit es nach dem 14. Oktober keine Koalition braucht. SPD und Grüne dagegen attackieren Söder, werfen ihm vor, das Land zu spalten. „Ihnen geht es ausschließlich um das Macht-Erringen und das Macht-Ausüben“, sagt etwa SPD-Spitzenkandidatin Natascha Kohnen. CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer und Generalsekretär Markus Blume keilen nachher lautstark zurück. Wahlkampf pur, auf allen Seiten.
Wo bahnen sich Koalitionen an?
Dabei hört man an diesem Donnerstag genau hin: Wo könnten sich da möglicherweise Koalitionen anbahnen? Wen sucht sich Söder als Partner aus, wenn die CSU am Ende tatsächlich die absolute Mehrheit verliert?
Kreuzer macht aus seiner tiefen Abneigung gegen die Grünen jedenfalls keinen Hehl. Deren Spitzenkandidatin Katharina Schulze schleudert er etwa entgegen, diese wäre als Innenministerin „völlig untragbar“.
Tatsächlich ist es aber nicht ausgeschlossen, dass die CSU am Ende auf die Grünen oder die SPD angewiesen ist – wenn es weder für eine Alleinregierung noch für ein Bündnis mit den Freien Wählern oder der FDP reichen sollte. Die Freien Wähler jedenfalls stehen bereit. Zwar erklärt deren Chef Hubert Aiwanger noch einmal, man biedere sich nicht an, er sagt aber auch: „Wir müssen gemeinsam dieses Land Bayern voranbringen.“Die Menschen interessiere, dass Bayern künftig gut regiert werde – „und da werden die Freien Wähler dabei sein“.
Nur in einem herrscht in der Wahlkampfdebatte Einigkeit zwischen Söders CSU und der Opposition – in der Kritik an der AfD, die nach der Wahl ins Hohe Haus einziehen dürfte. Diese habe ihre bürgerliche Maske inzwischen verloren und ihr wahres Gesicht gezeigt, sei Seit’ an Seit’ mit NPD, Pegida und gewaltbereiten Hooligans marschiert, kritisiert Söder. In diesem kurzen Teil seiner Rede bekommt er an einigen Stellen sogar Applaus aus den drei Oppositionsfraktionen. Alle Fraktionen eint die Sorge vor einem anderen Klima im Landtag.
Drei kamen mit der Kutsche
Und hinzu kommt die ganz normale Wehmut am Ende einer jeden Legislaturperiode. Ein Hauch von Abschied weht an diesem Donnerstag durch den Plenarsaal. 39 Abgeordnete kandidieren nicht mehr, weder direkt noch über die Liste, werden dem Parlament also definitiv nicht mehr angehören. Die Dienstältesten sind Erwin Huber (CSU) und Peter Paul Gantzer (SPD), beide 40 Jahre im Landtag. Huber, der am Morgen zusammen mit drei weiteren Abgeordneten eigens mit der Kutsche vors Maximilianeum gefahren wurde, sagt nachher, er werde die Zeit „in immerwährender guter Erinnerung behalten“. Und fügt augenzwinkernd hinzu: „Und die meisten von Ihnen werde ich tatsächlich vermissen.“